Kapitel 13

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Doch er schien mich nicht gehört zu haben und ich war nicht sonderlich scharf darauf, die Frage zu wiederholen.
Ich fühlte mich elend. Wie sollte man jemanden mögen, der einen an seine tote Mutter erinnerte?

Durch den Druck auf meinen Ohren spürte ich, dass wir uns dem Boden wieder langsam näherten. Da ich nicht wusste, wo Elias mich hinbringen würde und auch nicht mehr gefragt hatte, sah ich neugierig aus dem Fenster. Die Landschaft hatte sich grundlegend von grün auf grau verändert. Den Wäldern waren öde Weiten gewichen und an dessen Rändern thronten schwarzen Berge.

Das Gefährt landete rumpelnd auf dem unebenen Gestein und kam polternd zum Stillstand. Erwartungsvoll erhob ich mich und nach ein paar Dehnungen, um Elias unauffällig den Vortritt zu lassen, folgte ich ihm in die helle Felsenlandschaft.

„Sieh dich ruhig um", forderte Elias mich auf und entließ den Phoenix aus seinem Geschirr. Da ich mich nicht in der Nähe des freien Geiers aufhalten wollte, befolgte ich seinen Rat und lief ein paar Meter zurück.
Direkt auf einen steilen Abhang zu. Vor mir befand sich nur noch das Meer. Tosende Wellen brachen sich an den Felsen und schäumten die Gischt auf. Salztropfen flogen bis zu mir nach oben.
So weit das Auge reichte waren nur weite Wassermassen. Und hinter mir totes Felsland. Anscheinend gab es hier nur Extremen. Der Wind spielte mit meinem Haar und peitschte es mir ins Gesicht. Abgelenkt fasste ich es zusammen und band es zu einem unordentlichen Knoten.

Kurz meinte ich Moon als dunklen Schatten über den Wolken am Meer kreisen zu sehen. Aber das wäre komisch, wenn er nur wegen mir so eine weite Strecke fliegen würde. Andererseits kannte ich mich nicht mit Drachen aus und möglicherweise war es eine Strecke die er täglich flog.

Ich drehte mich um und maschierte zurück, jedoch war das Gefährt samt Phoenix verschwunden. Elias saß an der Felswand gelehnt und starrte abwesend seine Hände an. Als ich mich vernehmlich räusperte zuckte er zusammen und sprang auf.
„Erschreck mich niemals wieder", rief er aufgebracht und fuhr sich durch die zerwühlten Haare.

Abwehrend hob ich die Hände, sah allerdings davon ab mich zu entschuldigen. Nur weil er diese anbetungswürdigen Wangenknochen hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass er sich alles erlauben durfte.

Elias atmete laut aus und musterte mich aus sturmgrauen Augen. „Sorry. Wir sind hier, weil ich dir die Besonderheiten des Planeten zeigen möchte, also lass uns anfangen."

Auffordernd hielt er mir eine Hand hin und lief mit mir neben der Felswand entlang in die entgegengesetzte Richtung aus der ich gekommen war.

Während wir liefen, fragte ich mich, warum Elias sich mit mir abgab, wenn er das doch offensichtlich gar nicht wollte. Zögernd fuhr ich leicht mit dem kleinen Finger über seine raue Handinnenfläche. Er reagierte nicht. Warum sollte er auch? Aber meine Hand hätte er schon loslassen können. Es gab schließlich keinen Grund dafür, oder?

Auf einmal blieb er stehen und ich wurde nur dadurch gestoppt, dass er meine Hand festhielt. Ahh, deswegen.
Leicht lächelnd ließ er mich los und deutete auf das was vor uns lag.

Hinter dieser Felswand lag ein Wasserfall der sich tösend in eine kleine Wasserstelle ergoss. Es war wie eine Oase in einer steinigen Wüste. Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich mich um und erklomm sofort begeistert die Felswand zu dem Wasserfall.
Vergessen war das seltsame Verhalten von Elias. Und vergessen waren meine gemischten Gefühle in seiner Gegenwart.

Als ich nach einer Weile oben war und Elias von zuwinken wollte, stand er natürlich nicht mehr dort. Er war mir einfach vorausgeflogen.
Mit den Händen in die Hüfte gestemmt wandte ich mich um und setzte bereits zu einem empörten Kommentar an, als er auf einmal direkt vor mir stand. Seine plötzliche Nähe ließ mich schwanken und ich wäre beinahe hingefallen.

Doch er packte mich um die Taille und warf mich über seine Schulter. Nicht viel besser.

Ich hörte Elias lachen und versuchte mich umzudrehen, was schlecht ging da er sich die ganze Zeit bewegte und mein Kopf dabei mitwippte. Also stellte ich mich meinem Schicksal und genoss für einen Augenblick die Aussicht. Muskeln hatte er, das muss man ihm lassen.
Bis die Welt seitlich kippte und wir fielen. Oh nein. Das hatte er nicht getan!

Mit einem lauten Platschen durchbrachen wir die Wasseroberfläche und das kühle Wasser ließ meine heiße Haut schlagartig gefrieren. Unter Wasser hatte Elias mich wohl losgelassen, also strampelte ich sofort nach oben und stieß wie eine Meerjungfrau in die Luft. Wohl eher ein nach Luft japsender Fisch. Und warf mir die Haare über die Schulter. Direkt in Elias' Gesicht. Das nenne ich mal Treffer.

Allerdings blieb das nicht lange ungestraft und ich bekam eine Ladung Wasser zurück. Kurz darauf war eine Wasserschlacht im Gange. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass es keinen eindeutigen Gewinner gab?

„Was hast du nur mit Wettkämpfen?", keuchte Elias atemlos und schüttelte den Kopf, sodass glitzernde Wassertropfen aus seinem triefenden Haaren flogen. Als ich nicht sofort antwortete sah er auf und kreuzte meinem Blick. Seine Augen funkelten wie schwarze Onyxe in den sich brechenden Lichtstrahlen. Das Wasser perlte einfach an seinen Flügeln ab und hinter ließ kleine Pfützen auf den Steinen um ihn herum. Nur noch seine Beine baumelten im kühlen Nass, während er sich sitzend ausruhte.

Grinsend paddelte ich neben ihn und stützte meine Arme auf die sonnengewärmten Felsen. Gemächlich legte ich den Kopf zurück und schloss die Augen genießerisch. Das hier war besser als Urlaub.

Mir fiel leicht genervt ein, dass ich ihm noch nicht geantwortet hatte, war aber nicht dazu bereit die Augen schon wieder zu öffnen. Meine Stimme hörte sich rau an, als ich sagte: „Ich glaube, Wettkämpfe haben einfach was an mir."

Seltsamerweise nahm ich die Luft war, die Elias ausstieß, als er lächelnd die Lippen verzog.
Ich dachte über den erschreckend wenig ereignisreichen Tag bisher nach. Außer dem Schlossinneren, dessen Park und diese Felsenlandschaft samt Wasseroase hatte ich nichts weiter erkunden können, dabei juckte es mir in den Füßen, an alle interessanten Orte zu laufen. Elias wollte mir den Grund für meinen Aufenthalt nicht verräten, aber ich war nicht länger bereit zu warten. Es musste eine neue Taktik her.

„Du wirst mir niemals antworten, oder?"

„Natürlich. Wenn die Zeit gekommen ist."
Woher wusste er, wovon ich sprach?

„Warum nicht jetzt?"

„Weil es alles verändern würde. Und ich dich nicht in Gefahr bringen möchte", fügte er etwas leiser hinzu, doch seine Stimme verlor nichts von seiner Entschlossenheit.

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Where stories live. Discover now