Kapitel 2

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Am nächsten Morgen taten meine Mutter und ich so, als wäre nichts gewesen.
Verwundert war ich kaum über ihre seltsamen Anwandlungen, schließlich war sie eine exzentrische Künstlerin.
Es war auch normal, dass sie sich regelmäßig mit den Bettlern vor Supermärkten unterhielt und sie nach ihren »Visionen« fragte.

Ich kannte es nicht anders und ich liebte meine Mutter, ob mit oder ohne seltsame Gewohnheiten, die hatte schließlich jeder irgendwie mehr oder weniger stark ausgeprägt.

Auch die täglichen Selbstgespräche meiner Mutter waren uns allen in Fleisch und Blut übergegangen, sodass ich es inzwischen komisch gefunden hätte, wenn sie auf einmal verstummen würde.

Der Tag verlief wie gewohnt; langweilig. Schließlich kannte ich niemanden und änderte nichts an dieser Situation indem ich rausgehen würde. Stattdessen suchte ich mir wie immer ein Buch, das ich schon ein Dutzend Mal gelesen hatte und fing es von Neuem an.

Ich machte mich früh bettfertig, nachdem ich mit meinem Bruder für die Vorschule gelernt hatte, um am nächsten Morgen nicht total übermüdet aufzustehen und somit meinen »ersten« Schultag zu verschlafen.
Als ich beim Zähne putzen in den Spiegel schaute erschrak ich, meine Augen waren gelb. Ich fluchte unterdrückt auf, dann musste ich grinsen. Meine Fantasie spielte mir Mal wieder einen Streich. Erst letztens hatte ich gedacht jemand würde mich in meinem Zimmer beobachten, dabei waren es lediglich die Augen einer alten Puppe gewesen, die mich starr angesehen hatten.

Ich verstehe dich nicht. Was war das? Woher kam diese Stimme?
"Hallo?"
Hi.
"Wer bist du? Oder noch besser wo bist du?"

Es klang, als käme es direkt aus meinem Kopf. Verwirrt zog ich die Stirn in Falten und fixierte fest mein Spiegelbild.

Ganz ruhig, keine Angst ich tue dir nichts“, sagte die körperlose Stimme in meinen Gedanken. Ein plätscherndes Geräusch begleitete sie und es dauerte einen Moment, bis ich Begriff, dass es lachte. Nein, im Ernst. Ich könnte dich noch nicht mal verletzen, selbst wenn ich es wollte.“

Ich hörte auf mich hektisch im Badezimmer umzusehen und starrte wieder in meine Augen. Abwechselnd von dem tiefen blau, bis zu meiner gerunzelten Stirn.

"So ist es also verrückt zu sein. Ich wollte schon immer mal mit mir selbst reden. Hoffentlich erfahre ich nicht gleich etwas Neues über mich", murmelte ich sarkastisch vor mich hin.

Xavina. Du bist nicht verrückt. Mein Name ist Elias. Ich komme von dem Planeten Smorix Oswone. Wir werden hier auf der Erde so lange zusammen in deinem Körper festsitzen, bis du mir erlaubst dich mit auf Smorix zu nehmen“, erklärte mir die Stimme und bemühte sich offensichtlich beruhigend zu klingen. Jedoch verfehlte es sein Ziel um Längen.

"Also deswegen habe ich gelbe Augen? Weil Du in mir drin bist. Na super. Wie kriege ich dich wieder aus mir raus?", fragte ich, immer noch nicht vollständig überzeugt und versuchte eine logische Erklärung zu finden, die nicht auf Aliens oder mein drohendes Verrücktsein hinauslief.

Also, ich finde du siehst auch mit gelben Augen sehr hübsch aus. Und ja, es liegt an mir, dass du überhaupt gelbe Augen hast. Wie gesagt, unsere Seelen sind auf der Erde solange miteinander verbunden, bis du mit mir nach Smorix kommst. Dort verstehst du das alles vielleicht auch besser.

"Hm. Sagen wir, wenn ich dich morgen noch höre oder gelbe Augen haben sollte, überlege ich es mir. Im Moment glaube ich aber, dass ich bloß müde bin." Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging in mein Zimmer.

„Früher oder später wirst du mir glauben. Und weißt du wieso? Weil du die Wahrheit bereits tief in deinem Inneren kennst, aber noch akzeptieren musst. Du kannst dir alle Zeit der Welt lassen“, erwiderte die Stimme seelenruhig.

Wenigstens war meine verrückte Stimme so charmant mich nicht zu hetzen. Jedoch bezweifelte ich, irgendetwas akzeptieren zu müssen. Die Stimme klang in dem Punkt nämlich verdächtig nach einer Sekte.

Vielleicht hatte ich so etwas mal im Fernsehen gehört?

Oder möglicherweise wurde ich ja gerade so, wie meine Mutter, die auch ständig mit jemandem redete, den ich nicht sehen konnte und sie danach immer so tat, als wäre nichts. Hoffentlich hatte ich mir das nur eingebildet, andererseits wollte ich auch nicht unbedingt wirklich verrückt sein...

Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich keinen Albtraum, endlich schlief ich die ganze Nacht tief und entspannt durch.

And one day the dark side will shine..., weckte mich die Stimme am nächsten Morgen schief singend.

Nein! Nicht schon wieder. So ein verdammter Mist. Wäre ich nicht so entsetzt, dass es nicht verschwunden war, hätte ich glatt über den schiefen Gesang lachen können.

"Hör auf damit, ich werde heute ganz normal in die Schule gehen und keine bescheuerte Stimme hören", sagte ich laut und bestimmt in mein Zimmer, das Gesicht der Decke zugewandt. Da ich direkt unter dem Dachgeschoss wohnte, war diese schräg und ich musste immer höllisch aufpassen, mir nicht den Kopf anzustoßen, wenn ich aus dem Bett aufstand.

Ich dachte du magst den Song? Aber du solltest wissen, dass mir schnell langweilig wird, was heißt, dass ich auch nicht schweigen werde“, beschwerte sich die Stimme leicht empört.

"Wirklich höchst beeindruckend, Gehirn. Wenn du mich jetzt bitte mein Leben normal weiterleben lässt, wäre ich dir sehr dankbar“, redete ich mich immer mehr in Rage.

Nein. Du bist alles, aber nicht normal, sonst wäre ich nicht bei dir. Außerdem kann ich dir ein Angebot machen, damit du dich heute nicht so blamierst.

Das klang eindeutig verdächtig. Was hatte der Mistkerl vor? Warte, Mistkerl?
"Das hört sich für mich eher nach einer Drohung an. Was bist du eigentlich? Ein Mann oder eine Frau? Also Elias ist ein männlicher Vorname, aber man weiß ja nie. Und wie alt bist du?", fragte ich argwöhnisch, denn ich musste penibel dran denken, dass ich mich gerade umzog.

Endlich zeigst du mal Interesse an mir! Ich dachte schon Du würdest so etwas öfter mitmachen. Also meinen Namen kennst Du ja...

"Ja, Elias", unterbrach ich ihn ungeduldig. "Kannst du dich möglicherweise ein bisschen schneller vorstellen, ich muss los und habe echt keinen Nerv, dass ich dann im Bus »Selbstgespräche« führen muss.“

Wow, meine Höflichkeit ließ echt zu wünschen übrig, aber ich hatte echt keine Zeit mehr.
Die Stimme ließ sich kein bisschen von meinem ruppigen Ton irritieren und stellte sich beinahe vergnügt vor:
Aye aye, Käpt'n! Ich bin seit 798 Venusumdrehungen auf Smorix und der einzige Prinz und letzter Verwandter des Kaisers.

Nun... das erklärte zumindest warum er heute so viele Befehle geben wollte, im Gegensatz zu gestern, wo er noch die Geduldigkeit in Person gewesen war. Wenn es ihn nun mal wirklich geben würde.

Ein Grinsen umspielte meine Lippen, denn ich war schlimmer als ein Kommandant, was das herumkommandieren anging. Also dürfte ich wohl mit dieser Situation umgehen dürfen.

In Bezug auf Fremde war ich kein bisschen auf den Mund gefallen, aber was meine Klassenkameraden anging, dort war ich eher die Zurückhaltende. Außerdem durfte ich ihm jetzt erst recht nicht verschüchtert oder respektvoller behandeln, sonst würde er noch denken, dass mich sein Titel beeindruckte. Was natürlich nicht der Fall war!

"Was muss ich tun damit du in der Schule die Klappe hälst?", versuchte ich weiterhin zu verhandeln.

Mit mir nach Smorix kommen“, lautete seine simple Antwort. Von wegen ich hatte ewig Zeit mich zu entscheiden, so ein Tatsachenverdreher.

Das konnte ja ein echt harter Tag werden.

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Where stories live. Discover now