Kapitel 18

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Ich zog die Nase hoch und wand mich in seiner Umarmung.

„Wen willst du hier eigentlich trösten?", fragte ich mit rauer Stimme.

Sein Körper versteifte sich kurz, doch dann schien er sich wieder gefangen zu haben und wollte offenbar reden. Endlich.

„Du hast recht. Du erinnerst mich an meine Mutter", fing er vorsichtig an. „Es liegt aber nur an deinen Augen. Ihr beide habt das Blau des Planeten der Erde in euren Augen gefangen. Und sie liebte die Erde, sie war nie auf ihr, obwohl sie es sich so sehr wünschte."

Ich war nicht zufrieden mit der Antwort, es war nur so ein Gefühl, aber ich glaubte, dass das noch nicht alles war. Geduldig wartete ich in Elias' Armen auf die Weiterführung, die tatsächlich auch kam.

„Ich habe sie nie kennengelernt", sagte er leise und sein Griff um meine Taille verstärkte sich. „Mein Vater gibt mir die Schuld an ihrem Tod, weil sie kurz nach meiner Geburt von unserem Planeten gegangen ist."

Nun umarmte ich ihn zurück und zog ihn fest an mich. Ich hatte ja geahnt, dass mehr dahintersteckte, aber das war schrecklicher, als ich vermutet hatte.
Meine Tränen versiegten langsam, als ich mich auf ihn konzentrierte.
„Aber woher willst du denn dann wissen, wie sie aussah?", hauchte ich sanft und versuchte meine Neugier nicht durchblicken zu lassen.

Elias atmete aus. „Ich kann mich an alles seit meiner Geburt erinnern. Außerdem gibt es noch Gemälde von ihr."

„Ist das normal für euch?", fragte ich stirnrunzelnd.

Er lachte rau und seine Schultern bebten unter meinen Armen. „Nein, sicher nicht."

Ich rieb meine Nase tröstend an seiner Schulter, zumindest versuchte ich es, aber aufgrund meiner mangelnden Größe reichte ich ihm gerade mal bis knapp an die Brust. „Wurdest du deswegen von dieser Frau entführt und als Krieger ausgebildet?"

Seine Muskeln spannten sich unter meinen Fingern an und sein Rücken wurde gerader. Im Brustton der Überzeugen stieß er hervor: „Hailee hat mich nicht enführt! Sie hat mich befreit."

Meine Stirn kräuselte sich wie von selbst. Das kam mir irgendwie seltsam vor. Denn die Frau die ich kennengelernt hatte, schien mir alles andere als herzensgut zu sein.
Was war der wahre Grund, das sie Elias vor seinem Vater gerettet hatte?
Oder war sie erst mit der Zeit so verbittert und berechnend geworden? Ich wusste es nicht und mir war klar, dass ich von Elias keine ehrliche Antwort bekommen würde. Was daran liegen mochte, dass er Hailee mit seiner Befreiung in Verbindung brachte. Oder sogar mit seiner Mutter, immerhin war Hailee ihre Zofe, meinte ich mich schwach zu erinnern. Und wer hatte denn einen paar Monate alten Jungen großgezogen? Sicher war er nicht mit den anderen elternlosen Kindern in ein Waienhaus gesteckt worden. Schließlich war er der zukünftige Herrscher. Aber mir kam niemand in den Sinn der einen passenden Mutterersatz abgegeben hätte.

Meine Hände bohrten sich leicht in seine Schultern. „Was ist mit ihrer Drohung gegen mich?", fragte ich ihn. „Ich dachte, ihr wärt der Meinung, sie sei nicht mehr vertrauenswürdig. Das hast du mir doch in dem Jägerzimmer in der ersten Nacht mit den grünen Himmelslichtern gesagt."

Elias seufzte schwer und schien noch mehr in sich zusammenzufallen. „Ja, das habe ich", seine Stimme klang gedankenverloren, mit einer Hand fuhr er sich über sein Gesicht, bevor er sie wieder an meine Hüfte legte. „Ach ich weiß nicht, was ich von ihr halten soll", fügte er kraftlos hinzu. „Bevor ich auf der Erde war und mit dir zurückkam, war alles noch so klar. Aber jetzt ist alles kompliziert und schwierig."

Ich nahm empört meinen Kopf von seiner warmen Brust und richtete mich auf. „Hey", beschwerte ich mich, „ich habe nicht darum gebeten, von dir heimgesucht zu werden und dann sogar noch auf einen anderen Planeten entführt zu werden! Und für dich müsste doch alles verständlich sein, schließlich kennst du dich hier natürlich aus und hast die verdammten Antworten!"

Beschwichtigend strich er mir über den Rücken und räusperte sich beinahe verlegen. „Ich kann dir noch nicht sagen warum du auf Smorix bist, weil ich es selbst nicht weiß."

Mir fiel die Kinnlade runter und ich ließ meine Arme an meinen Körper herabbaumeln. Da bemerkte ich, dass er mein Gesicht nicht sehen konnt, weil wir immer noch viel zu dicht voreinander standen. Ich trat einen Schritt zurück und sah ihm mit unfassbaren Blick in die Augen. Elias verzog sein Gesicht entschuldigend und in dem Moment setzte mein Verstand aus. Mal wieder.

Wie eine Verrückte schlug ich auf seinen unglaublichen Körper ein. Seine breite Brust schien mir dafür perfekt geeignet und ich schrie meine Wut über ihn hinaus. Irgendwann hielten mich seine großen Hände fest, allerdings nicht, um sich selbst zu schützen. Ohne Luft zu holen kreischte ich ihm wüste Beleidigungen entgegen und war nicht bereit mich wieder zu beruhigen und wie eine fast erwachsene Frau zu benehmen.

Da er keine Reaktion auf meine anscheind kläglichen Schläge zeigte, sprang ich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihn und brachte ihn so zu Fall. Wie eine Furie schrie, schlug und kratzte ich alles was mir in den Weg kam. Und hoffentlich gehörte das Meiste davon zu Elias.

Plötzlich drehte sich meine Welt und ich konnte mich nicht mehr bewegen.
„Genug", erklang Elias' Stimme überhalb von mir. Er war natürlich kein bisschen außer Atem, im Gegensatz zu mir, ich schnaufte wie ein altes Walross.
Es dauerte einen Augenblick bis ich herausfand, wieso ich mich nicht mehr bewegen konnte.

Elias drückte mich mit seinem gesamten Körpergewicht auf den Holzboden und hielt meine Handgelenke seitlich neben meinem Kopf fest. Fassungslos starrte ich in seine leuchtenden, schwarzen Augen.
Sein Gesicht war so nah an meinem, dass sich unsere Nasen beinahe berührten. „Hör zu, es tut mir leid, okay? Ich wollte dir vorher nichts sagen, weil ich dachte ich würde bis dahin bereits den Grund warum du hier bist, alleine herausfinden. Und dann wäre ich sofort zu dir gekommen. Aber egal wo ich gesucht oder wen ich gefragt habe, niemand weiß es", seine Stimme wurde immer leiser, bis er schließlich verstummte.

Ich schluckte meine Wut zuliebe meiner Neugier runter und erwiderte mit der vom Schreien rauen Stimme: „Ich dachte, alle Männer von eurem Planeten würden mal auf die Erde müssen! War das etwa auch eine Lüge?"

Elias' Muskeln spannten sich wie auf Kommando an und sein Kiefer arbeitete heftig, inzwischen war er wohl auch verärgert. „Ich habe dich nie angelogen! Und es stimmt; jeder Mann aus Smorix muss auf die Erde, bis auf die Herrscherfamilie!"

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Where stories live. Discover now