Kapitel 46

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„Ähm... lass uns doch darüber reden", versuchte ich sie zu besänftigen, obwohl ich wusste, dass es zwecklos war.

Sie war nicht den weiten Weg gekommen und hatte mich gesucht, um mit mir zu reden. Sie war gekommen um mich zu töten. Warum wusste ich nicht, woher auch?

Lediglich eines wusste ich; ich würde nicht wie ein Feigling sterben und ohne zu wissen, wieso überhaupt.

Doch vorerst hatte ich Glück, denn Hailee war zu Spielen aufgelegt. Sie hatte nicht vor, mich direkt aus dem Weg zu räumen.

„Du willst reden? Worüber? Vielleicht darüber, dass du mich und meine Tochter verspottet und gedemütigt hast? Oder vielleicht darüber, dass du dich dem Thronfolger schamlos an den Hals geworfen hast, wo doch meine Tochter dazu bestimmt ist, seine Seelengefährtin zu werden! Vielleicht willst du auch darüber reden, dass es dir von Anfang an bestimmt war, zu sterben. Direkt als du einen Fuß auf diesen Planeten gesetzt hast, hast du dein Schicksal besiegelt. Und nun sind wir hier und du willst deinen bevorstehenden Tod hinauszögern, so wie es jeder beliebige Mensch hätte tun können."

Ich schaubte abfällig und murmelte verbissen: „Aber das bin ich doch."

Sie lachte schrill auf und schien sich gar nicht mehr einkriegen zu wollen.

„Ach, wie schön. Er hat es dir also gar nicht gesagt. Keiner von beiden. Nun dann wollen wir ihnen auch keinen Strich durch die Rechnung machen, nicht wahr, Xavie?"

Ein dumpfes Klatschen erklang hinter ihr, als Yabyr endlich die beiden Wachen zu Boden gerungen hatte und sich nun uns zuwandte.

„Verschwinde, oder ich zerquetsche dich wie eine Fliege", drohte er ohne jegliche Emotion. Langsam lief er geschmeidig auf sie zu, wie eine Gazelle, die ihre Beute ins Visier genommen hatte.

„Stopp", sagte Hailee sanft, ohne das ihr Lächeln verblasste, als Yabyr kurz vor ihr stand. „Sonst werde ich sie an den Rat der Sucher preisgeben."

Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht über mich sprach, aber über wen dann?

„Das wagst du nicht!", knurrte Yabyr dunkel und seine ohnehin schon gefährlich aussehende Gestalt wirkte noch bedrohlicher. Seine Hörner waren geschwungen und glänzten in einem schönen ebenholzfarbenen Ton.

„Wenn du es nicht wagst", erwiderte sie ungerührt mit einem teuflischen Grinsen und deutete auf Yabyrs geballte Fäuste, die zu seinen Seiten herabhingen.

Er knirschte ungestüm mit den Zähnen, rührte sich jedoch nicht vom Fleck. Zufrieden wandte sich Hailee nun wieder mir zu.

„Sag lebe wohl zu Daddy."

Auf einmal bewegte sie sich unglaublich schnell und ich sah nur noch eine Hand auf mein Gesicht zusausen. Roter Schmerz explodierte hinter meiner Stirn und mir wurde schwarz vor Augen. Ich bekam kaum noch mit, wie meine Beine unter meinem Körper wegsackten und er leblos zu Boden fiel.

Dunkelheit um mich herum. Helle Punkte leuchteten blinkend auf, so als wollten sie mich vor irgendetwas warnen. Aber vor was?

Ich raste in Lichtgeschwindigkeit auf einen der hellen Punkte zu. Er wurde immer heller und größer, leuchtete in einer schönen Farbe, dessen Name mir nicht bekannt war. Ich wurde von ihm angesogen und fiel plötzlich auf seinen Himmel, immer tiefer, dem Grund des Bodens entgegen.

Eine verdorrte Weite war unter mir zu sehen. Zwei seltsame Wesen kämpften. Neben ihnen lag ein regloser Körper. Bleiches Gesicht. Schwarzes Haar. Es könnte die Frau aus meinem Traum sein.

Die beiden Gestalten schrien sich unentwegt an. Erst als ich näher auf sie zukam, verstand ich Bruchstücke ihrer gebrüllten Unterhaltung. Genauer genommen, waren es eher Anschuldigungen.

Keiner bemerkte den Drachen, der sich wimmernd mit einem Blick auf das Mächden zu befreien versuchte.

„Du hättest sie und das Kind sterben lassen!", beschuldigte der Mann die aufgebrachte Frau und fletschte seine Zähne. Dabei richtete er drohend die Hörner auf sie.
Der Drache nagte inzwischen an seinen Fesseln und hatte es irgendwie geschafft sie zu lockern. Kluges Tier.

„Hättest du gewusst, dass Silva schwanger war, hättest du sie nicht gehen lassen! Und das musste sie, um in Sicherheit zu sein", verteidigte sie sich, kein bisschen minder aufgebracht.

„Als ob dich ihre Sicherheit kümmern würde!"

„Ob du es glaubst oder nicht, ich mochte sie! Im Gegensatz zu ihrer Tochter", sie warf einen abfälligen Blick zu dem Mädchen auf dem Boden. „Sie ist so schwach."

„Du wirst meiner Tochter nicht noch mehr leid, als ohnehin schon zufügen", knurrte er und stellte sich vor das reglose Mädchen.

„Ach, ich bitte dich. Als hätte es dich vorher gekümmert, was aus ihr wird. Du hast sie nicht mal eines Blickes gewürdigt und ihr dann noch eiskalt ins Gesicht gelogen."

„Ich habe sie aus dem See des Vergessens gezogen..."

Der Drache erhob sich beinahe lautlos, wie ein dunkler Schatten in die Lüfte und stieg trotz seiner schweren Verletzungen immer höher.

„Und sie dann beschuldigt, vor den Kosequenzen ihres Handelns geflohen zu sein. Wirklich große Klasse. Dabei war sie diesemal tatsächlich unschuldig", konterte sie spöttisch, „du hast wohl vergessen, dass ich jedes Wort und jeden Schritt von dir überwache."

Er schüttelte wild den Kopf und sah aus als würde er sie am liebsten niederschlagen. „Ich habe keine Sekunde seit meiner Verbannung den Preis für deine Hilfe vergessen. Und woher willst du wissen, dass sie unschuldig war, wenn du es nicht selbst warst?"

Ein raffiniertes Funkeln erhellte ihr Gesicht und langsam breitete sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht aus. „Weißt du. Wir hätten so schön regieren können, wenn deine Menschin nicht dazwischen gekommen wäre."

Fassungslos starrte er sie an. „Du warst es also wirklich."

Sie brach in Gelächter aus, was schallend über die weite Ebene hallte.
„Geh mir aus dem Weg, Yabyr."

„Niemals. Meine Tochter wirst du nicht auch noch bekommen."

Genervt rollte sie mit den Augen und beugte sich dann verführerisch vor. „Angebot?"

Er fluchte laut los, blickte sie schließlich aber beherrscht an und erwiderte unnachgiebig: „Ich werde nicht noch einmal auf deine miesen Tricks reinfallen."

Sie hob ergebend die Hände, als wolle sie ihre Unschuld beteuern. „Es war dein Wille. Ich habe lediglich ausgeführt. Mein Angebot ist es, deine Tochter zurück auf die Erde zu schicken. Sie wird alles vergessen. Den Planeten. Elias. Und dich."

Er stöhnte beinahe verzweifelt auf. „Sonst was?"

Ihr Lächeln wurde bösartig. „Sonst werde ich euch beide ausliefern."

„Und der Preis?", knirschte er mehr als widerwillig mit den Zähnen.

„Dich, Drachenreiter."

Daughter of ร๓๏гเℵ  ๏รฬ๏ภє Where stories live. Discover now