Epilog

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"Hast du irgendwo meine Zahnbürste gesehen?", rief mir Noel gehetzt aus dem Badezimmer zu und amüsiert hörte ich, wie seine eiligen Fußschritte durch unser Apartment huschten. Ich versteckte mich  absichtlich in unserem Umkleidezimmer und während ich meine Kleidung zusammen legte, versuchte ich mir mein Lachen zu verkneifen und still zu bleiben.
Just hörte ich ihn an der geschlossenen Tür nur wenige Meter neben mir vorbei rauschen und er rief ungeduldig:" Elia! Eliaaaa! Wo bist du? Ich habe keine Zeit für deine Spielchen!"

Doch ich blieb dennoch in meinen Versteck und packte weiters seelenruhig Kleidung ein.
Gerade reckte ich mich auf, um einen Hoodie aus dem obersten Kasten zu holen und stellte mich deswegen auf meine Zehenspitzen. Ich schnappte mir einen  Zipfel des Hoodies, als ich auf einmal spührte, wie ich mein Gleichgewicht verlor. Erschrocken ließ ich noch einen Schrei los, dann fiel ich samt Hoodie und einigen anderem Gewandstücken lautstark zu Boden.

Meine Sicht war noch von Kleidung bedeckt, da wurde schon die Tür des Begehbarenkleiderschranks aufgerissen und Noel stieß erschrocken aus:"Elia! Alles in Ordnung?"
Wie ich es mir gedacht hatte eilte er mir sofort zur Hilfe und begann Kleidung wegzuschauffeln, als ich auf einmal lauthals zum Lachen begann.
Selbständig warf ich das Gewand weg, welches mir die Sicht versperrte, sodass ich endlich in Noels Sorgen durchfurchtes Gesicht sehen konnte.

Ich kicherte:" Ach Noel, beruhige dich doch. Das war nur ein Haufen von Kleidung!"
Als sich sein Gesicht dennoch nicht entkrampfen wollte, sagte ich mit sanfter Stimme:" Du machst dir zu viele Sorgen um mich. Wir haben zwar beide den ein oder anderen schwerwiegenden Kratzer von der Schlacht abbekommen, aber spürst du es nicht noch?"
Verwundert hob er seine Augenbraue und fragte:" Was sollte ich denn spüren?"
"Dass wir beide noch leben.", murmelte ich und seine verkrampften Gesichtszüge lockerten sich überrascht.

"Wir leben beide noch, warum sollten wir es dann nicht ausnützen?"

Es herrschte kurz Stille, dann seufzte er auf einmal auf und ich bemerkte erst jetzt, dass seine zu Fäusten geballten Hände sich lösten und sie nun schwach auf seinem Oberschenkel lagen.

"Du hast recht.", flüsterte er und richtete sich kerzengerade auf. Vollgepumpt mit neuem Mut sah er mir mit funkelnden violetten Augen in mein Gesicht und sagte:" Dann machen wir uns mal auf unsere Weltreise!"

Froh, dass er seine Angst vorerst abgelegt hat lächelte ich ihn an, erinnerte ihn aber dennoch mit strenger Stimme:" Aber vorerst müssen wir zusammenpacken."
Er stöhnte genervt auf, gab mir dann aber überraschenderweise einen Kuss auf die Wange und ging aus dem Raum, rief aber plötzlich:" Ich habe meine Zahnbürste gefunden!"

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Wenige Stunden später standen drei Koffer fertig und vollgefüllt im Flur und ich wartete, dass Noel zurück kam, wo auch immer er hingegangen war.

Ungeduldig wartete ich auf einer Sitzganitur, als ich noch einmal einen Blick durchs Zimmer warf und ich unweigerlich nachdenklich wurde.

Die Schlacht ist jetzt knapp zwei Wochen her und langsam kehrte wieder Leben in die SAC ein. Die Arbeiten zum Wiederaufbau haben schon begonnen, dadurch hatten sowohl Michael, als auch mein Vater rund um die Uhr alle Hände voll zu tun. Alle Anführer von Paranormalen Arten halfen der Regierung Vancouver wieder aufzubauen, nachdem die Stadt auch einige Schäden abbekommen hat.

Doch abgesehen von ihnen wollten die meisten Paranormalen Lebewesen nur ihre Ruhe. Noels Bruder Nathaniel und seine Frau Cirilia hatten sich beide für das nächste halbe Jahr freigestellt, um Zeit mit ihrem Kind Rafael zu verbringen und von dem Job ein bisschen Ruhe zu bekommen. Moon und Aaron halfen so gut wie sie konnten Peter mit seinem Kind und Sun hat gefallen an dem Sohn des Drachenanführers gefunden. Soweit ich mich erinnern konnte war sein Name Henry.

Und Noel und ich?
Wir wollten beide einfach mal weg. Wir brauchten beide vorerst mal eine Auszeit.

Die Idee hatten wir schon einige Zeit, dass wir einfach mal eine große Reise machen und sehen wohin es uns treibt.
Ohne anderen Paranormalen Lebewesen. Ohne Demonen. Ohne jedem Anderen.

Nur uns.

Bei diesem Gedanken musste ich lächeln. Mir gefiel die Vorstellung für eine unbestimmte Zeit nur alleine mit Noel zu sein.

Ich schwellte noch ein bisschen in Erinnerungen, als auf einmal die Tür aufgerissen wurde und Noel ins Zimmer hineinstürmte.
Außer Puste sagte er:" Schnell Elia! Unser Taxi wartet schon!"
"Warte, was? Wieso ist es schon da und hast du nicht-", doch ich konnte nicht ausreden, denn auf einmal zog er mich zu sich und küsste mich, sodass meine Aufgeregtheit sofort verschwand.

Berauscht von seinem intensivem Kuss konnte ich mich nicht bewegen und spürte wie mein Körper sich in seinen Armen langsam zu Pudding verwandelte. Ich versuchte den Moment so gut auszukosten wie nur möglich, als Noel den Kuss so abrupt endete, wie er ihn begonnen hat.
Zufrieden hielt er mein Gesicht in seinen Händen und murmelte:" Das musste jetzt sein."

Ich lächelte, doch drückte mich auf einmal von ihm weg. "So, jetzt müssen wir uns aber wirklich auf den Weg machen!", sagte ich entschlossen und so schnell konnte ich gar nicht hinschauen, da hatte er sich schon zwei Koffer geschnappt. Voller Elan rannte er förmlich aus dem Zimmer und rief mir noch hinterher:" Ich gehe schon einmal vor!"

Belustigt schüttelte ich wegen ihm meinen Kopf und ging ebenfalls zusammen mit einem Koffer aus dem Raum.
Ich stand schon im Türrahmen und wollte die Tür schon schließen, als ich aber plötzlich stehen blieb und wie gezwungen in unser Apartment schauen musste.
Lächelnd dachte ich noch einmal an alle sowohl gute, als auch schlechten Erlebnise zurück, die wir hier erlebt hatten, dann schloss ich die Tür hinter mir.

Und machte mich auf zu einer Zukunft zusammen mit Noel.


Bright AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt