Kapitel 30 Simulation

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Elia's Pov.:

Unruhig biss ich mir auf Lippe und atmete zitternd ein und aus. Schnell warf ich einen Blick auf die Uhr, die auf der gegenüberliegenden Wand hang und bemerkte frustriert, dass Noel schon fünf Minuten zu spät war. Aber wo blieb er? Was haltet ihn auf?

Schwer seufzend legte ich meinen Kopf in meine Hände. Ich sollte mich beruhigen, jetzt Panik zu schieben bringt nichts. Ich werde doch nur eine Simulation durchführen, was ist daran so schlimm? Ich werde ein paar Tests bestehen müssen und das wars! Hört sich nicht so verwerflich an.

Doch ein kleiner Teil von mir hatte Angst vor dieser Simulation. Was wird passieren? Werde ich kämpfen müssen? Werden ich währendessen überwacht? Was sollte ich machen, wenn sich mein sechstes zeigen sollte? Nein, stopp! Das wird nicht passieren! Ich werde nicht Kontrolle verlieren.

Kurz linste ich zwischen meinen Finger hindurch und warf wieder einen Blick auf die Uhr. Schon zehn Minuten zu spät. Langsam machte ich mir Sorgen. Noel hatte mir versprochen mich von meiner Gaderobe abzuholen, ob er sein versprechen gebrochen hat? Nein, sicherlich nicht. Wahrscheinlich hat ihn irgendetwas aufgehalten.

Plötzlich klopfte es an meiner Tür und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. "Bist du fertig Elia?", hörte ich Noels Stimme dumpf hinter der Tür. "J-ja, komm ruhig hinein."
Leise öffnete er die Tür und ich lächelte erfreut, als ich ihn sah. Nun ja, ich versuchte es.

"Alles in Ordnung, mein Engel?", fragte er beunruhigt und mit zusammen gepressten Lippen nickte ich. Argwöhnisch sah er mich an und seufzte schließlich. Langsam kam er auf mich zu. "Ich weiß, dass du lügst, du brauchst dich vor mir nicht zu verstellen.", rügte er mich und stoppte vor mir. Mit sanftem Blick sah er zu mir herab, wobei mir dabei mein Herz kurz stehen blieb und ich schwer schluckend zu ihm hinauf sah. "Du kannst mir immer deine Ängste und Sorgen erzählen, dass weißt du doch, oder?"

"Natürlich.", murmelte ich und spührte plötzlich wie seine Arme sich um mich schlangen und ich an seine Brust gedrückt wurde. Sofort fühlte ich mich um einiges wohler und seufzte entspannt auf. Mit geschlossenen Augen genoss ich es in seinen Armen zu liegen, während er mir beruhigend durch mein Haar streichelte.

"Noel, ich habe Angst.", flüsterte ich an seine Brust und brach die Stille zwischen uns. "Wovor?"
"Vor der Simulation. Vor der bevorstehenden Schlacht. Vor mir selber. Verdammt, ich habe vor so vielem Angst.", murmelte ich leicht verärgert über mich selbst. Ich war der Seraphim, ich sollte nicht so ängstlich sein. "Das mag vielleicht stimmen.", sagte Noel und lächelte mich auf einmal aufmunternd an. "Doch jeder hat vor einigem Angst. Auch du als Seraphim darfst ängstlich sein."

Überrascht, dass er etwas so tiefsinniges gesagt hatte sah ich ihn an und er lachte." Musst mich nicht mit so großen Augen anschauen, es stimmt doch.", schmunzelte er und ich wurde rot. "Du bist so süß, wenn du rot bist.", sagte er und beugte sich plötzlich blitzschnell zu mir herab und küsste mich.

Erstarrt vor Überraschung tat ich vorerst nichts und riss meine Augen auf, bis ich mich wieder lockerte und seinen Kuss erwiederte. Ich wusste nicht wie er das schaffte, doch jeder Kuss von ihm war einzigartig. Unschuldig, tröstend, leidenschaftlich, oder liebevoll, er schaffte es auf so viele wundervolle Arten zu küssen.

Doch lange konnte ich seinen Kuss nicht genießen, denn auf einmal unterbrach uns die Stimme meines Vaters:" Elia, hör auf mit dem Unsinn und komm endlich. Die Simulation startet in wenigen Minuten."

Frustriert löste ich mich von Noel und er, anscheinend auch leicht verärgert über die Unterbrechung, seufzte auf. "Komm, wir sollten sie nicht warten lassen.", sagte er und nahm meine Hand und zusammen folgten wir Cole.

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Zu dritt gingen wir rasch zu der Trainingshalle und als wir bei dieser ankamen sah ich nervös, dass unzählige paranormale Lebewesen sich dort versammelt hatten. Ich vermutete, um mir bei meiner Simulation zuzusehen, immerhin war diese auch etwas ähnliches wie ein letzter Test, um zu zeigen, ob ich auch das Zeug als Seraphim habe.

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Mit ungutem Gefühl trat ich in den leeren Raum und sah noch ein letztes Mal panisch zu Noel, der besorgt zurück blickte, dann schloss sich die Glastür und schlagartig wurde es finster im Raum. Erschreckt sah ich um mich, doch konnte nichts erkennen.

Auf einmal ertönte eine blecherne Stimme, bei der ich vermutete, dass es Michaels seine war:" Beruhige dich Seraphim. Die Simulation startet in kürze, du hast keinen Grund nervös zu sein.". Verärgert schnaubte ich. Das konnte er so einfach sagen, ich bin mir sicher er würde ähnlich wie ich in dieser Situation reagieren.

Meine Gedanken wurden von einem Rauschen unterbrochen und verwundert sah ich um mich (oder versuchte es), um zu erkennen von wo es kam, doch es gelang mir nicht. Es schien von überall zu kommen. Zuerst war es leise, doch mit der Zeit wurde es immer lauter, bis es so unerträglich war, dass ich mir meinen Ohren zu halten musste und meine Augen fest zusammen kniff.

Und von einem Moment auf den anderen war es verschwunden.

Zaghaft nahm ich meine Hände von meinen Ohren und öffnete meine Augen. Verblüfft sah ich um mich. Ich war nicht mehr in dem weißen quadratischem Raum, ich war ... in einer alten Fabrikhalle? Ja! Tatsächlich.

Sonnenstrahlen schienen durch zerbrochenes Glas und erhellten die Halle, sodass sie halbwegs freundlicher aussah. Doch die zerbröckelten, mit Graffiti besprühten Wände ließen das Gebäude gefährlich und verwegen wirken und ich bekam eine Gänsehaut. Mein Gefühl sagte mir, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte.

Das bewahrheitete sich auch sogleich, als plötzlich ein Schuss fiel und nur knapp an mir vorbei rauschte. Erschrocken sah ich schnell um mich, um zu erkennen, von wo er kam, als sogleich ein nächster aus einer Ecke heraus schoss, diesmal um einiges näher an mir.

Weitere folgten und panisch sah ich mich nach etwas um, wo ich mich verstecken konnte, als ich eine große bleierne Maschine sah, die hinter mir nur wenige Meter entfernt war. Schnell rannte ich auf diese zu und versuchte den Kugeln auszuweichen, doch da ich noch nicht verwandelt war, war das gar nicht so einfach.
Als ich dann endlich die Maschine erreicht hatte sprang ich schnell hinter sie und versuchte wieder zu Atem zu kommen.

"Beruhige dich. Das ist nur eine Simulation, du brauchst keine Angst zu haben.", murmelte ich mir selber ermutigend zu und schaffte es tasächlich meine Atmung wieder zu kontrollieren.

Zaghaft krabbelte ich auf allen vieren vorwärts, um zu erkennen, wer da auf mich schoß, doch als ich meinen Kopf heraus streckte, flog haarscharf eine Kugel an meinen Gesicht vorbei. Erschrocken taumelte ich wieder zurück. Mir wurde klar, dass ich diese Schützen unmöglich als Mensch erledigen konnte.

Wie als hätte ich sie gerufen tauchten sogleich in diesem Moment meine Elementary-Augen auf. Ernst nickte ich den Elfenaugen zu. Unerwartet schnell kamen sie auf mich zu und hellgrüner Nebel tauchte auf und umschlang mich. Die Verwandlung gelang kurz und schmerzlos und ich musste nach meinen Ohren tasten, um mich überhaupt zu vergewissern, ob ich mich wirklich verwandelt hatte. Sie waren spitz, eindeutig Elfenohren.

Angestrengt dachte ich nach, welche Waffe ich am besten verwenden sollte und entschied mich schließlich für eine schlichte Pistole, die ich dann auch in meiner Hand materalisieren ließ.

Schwer atmete ich ein letztes Mal tief ein und aus und dachte sehnsüchtig an Noel und meinen Kuss in der Garderobe, dann stürmte ich aus meinen Versteck.

Bright AngelsWhere stories live. Discover now