Kapitel 43 Das Ende vom Anfang

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Müde warf die Nachmittagssonne ihre letzten Sonnenstrahlen in mein eintöniges Krankenhauszimmer und mir schien es, als müsste sie sich bemühen, überhaupt am Himmel zu stehen. Aber sie war mit ihrer Müdigkeit nicht alleine. Auch ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht auf der Stelle einzunicken, tat es aber Noel zu Liebe nicht und blieb wach.

Mein Engel und ich lagen im kleinen Krankenhausbett und durch den Platzmangel verdeckte ich fast seinen ganzen Körper. Mit Vorsicht hatte ich meinen Kopf zusätzlich auf seine Brust gelegt, da ich nicht wusste, ob er an dieser Stelle Verletzungen hatte oder nicht. Doch da er keine Anstalten gemacht hatte mich beiseite zu schieben, war ich mir so gut wie sicher, dass es ihm nicht viel ausmachte.

Mit vollen Zügen genoss ich seine Nähe und wünschte mir, dass dieser Moment ewig währen könnte. Erleichtert und entspannt atmete ich tief ein und nahm seinen wunderbaren Geruch von Heu und Wiesen wahr. Schon lange habe ich ihn nicht mehr so intensiv gerochen, dachte ich mir nachdenklich und fuhr unsichtbare Linien auf seiner entblößten Brust nach.

"Alles in Ordnung, meu Anjo?", fragte er mit rauer Stimme und ich nickte. Lächelnd hob ich meinen Kopf und seine von mir geliebten violetten Augen trafen meine. Wie schon so oft, passierte mir es, dass ich mich in diesen wunderschönen Tiefen verlor und ich erst verspätet auf seine Frage antwortete. "Ja, alles ist perfekt.", flüsterte ich und streckte mich, um ihm einen Kuss auf sein Kinn zu hauchen. "Ich möchte ewig mit dir hier liegen.", murmelte ich sanft und er lächelte mich daraufhin strahlend an.

"Geht mir genauso.", sagte er und diesmal war er es, der mir einen Kuss auf meinen Hinterkopf gab.

Danach wollte ich mich wieder an ihn kuscheln und meinen Gedanken freien Lauf lassen, als auf einmal ein zaghaftes und leises Klopfen an der Tür ertönte.
Überrascht sah ich zu Noel hinauf und fragte ihn:"Erwartest du etwa heute noch jemanden?". Nachdenklich schüttelte er seinen Kopf. "Nein, aber lassen wir uns mal überraschen.". Ich wollte schon rufen, dass derjenige hinein kommen konnte, als Noel mich auf einmal unterbrach und laut rief:" Noch einen kurzen Moment bitte!".
Verwundert hob ich meine Augenbraue.

"Was ist denn?"

"Was los ist? Ich sitze hier mit freiem Oberkörper, du liegst fast gänzlich auf mir und deine Haare gleichen einem Vogelnest. Was ist wenn Michael, oder sogar noch schlimmer, dein Vater hinein kommen?"
Oh, gut mitgedacht. Aber warte ... hat er gerade gesagt, dass meine Haare einem Vogelnest gleichen?

Ich wollte mich schon gegen diese unverschämte Aussage beschweren, doch bevor ich es machen konnte, hatte er sich von mir entfernt und suchte sein Shirt, also ließ ich es bleiben.
Während er nun schnell durch den Raum huschte richtete ich mich in eine sitzende Position auf und versuchte mit meinen Fingern meine Haare durchzukämmen und erkannte erschreckt, dass ich mit meinen Fingern in ihnen stecken blieb. Sah ich wirklich so schrecklich aus?

Verzweifelt versuchte ich weiterhin meine Haare zu richten, doch erkannte schließlich, dass es hoffnungslos war und seufzte enttäuscht auf. In dem Moment stieß Noel ein erfreutes "Aha!" aus und holte sein zerknülltes Shirt aus der Ecke des Raums. Schnell zog er es sich über seinen Kopf, doch stoppte auf einmal. "Noel? Alles in Ordnung?", fragte ich besorgt, doch er antwortete mir nicht und zog sich nun ohne zu zögern sein Shirt vollends über.

"Alles okay, mach dir keine Sorgen.", sagte er lächelnd und ließ sich sorgenlos auf den Sessel neben meinem Bett nieder. Doch ich glaubte ihm nicht. Ich hatte vorhin sein schmerzverzerrtes Gesicht gesehen, als er das Shirt angezogen hatte. War er doch schwerer verletzt, als ich es glaube?

Doch ich musste diesen Gedanken gezwungenermaßen in die hinterste Ecke meines Kopfes verbannen, da Noel rief, das derjenige hinein kommen könnte.

Bright AngelsWhere stories live. Discover now