Kapitel 3 Alone in the woods

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"Bitte Phil, oder willst du, dass während der Lesung plötzlich ein Engel neben dir sitzt?", fragte ich ihn bettelnd.

Ich stand mit Phil flüsternd mitten auf dem Gang und diskutierte gerade mit ihm, ob er mich doch krank schreiben könnte, da ich mich leicht unwohl fühlte unentschuldigt einfach so zu gehen. Aber die Moralpestbeule in Person namens Phil fand es nicht recht, dass er lügen sollte.

"Ja aber was wenn die rausbekommen, dass du gar nicht krank bist? Dann bekommst du Ärger und ich auch! Kannst du wirklich nicht noch diese eine Stunde warten?", fragte er mit zweifelndem Gesichtsausdruck.

"Nope, auf keinen Fall."

Phil seufzte daraufhin, antwortete aber geschlagen:" Na gut, ich sage der Dozentin, dass dir schlecht geworden ist und du nach Hause gefahren bist. Dafür schuldest du mir aber etwas!"

Ich nickte und umarmte ihn sofort dankend. "Danke schön mein kleines Filly Pony.", dankte ich kichernd und gackernd. Er fand seinen neuen Spitznamen aber gar nicht lustig und stöhnte." Erst Philemon von Kelly und jetzt werde ich auch noch Filly Pony genannt. Mein schöner Name wird immer niveauloser.". Er verzog seinen Mund gespielt traurig und schaute mich mit großen Hundeaugen an, doch ich musste weiter lachen und gab mir Innerlich ein high five für diesen tollen neuen Spitznamen.

"Na aber komm geh schon endlich, ich will wirklich nicht, dass plötzlich ein Engel oder eine mini Fee mich umarmt. Wir sehen uns dann zu Hause.", sagte er freundschaftlich und ich drückte ihn nochmals ganz fest. Ich hauchte ein Danke gegen seine Wange, doch dieses galt für alles wobei er mir schon geholfen hat. Egal ob es jetzt bei einer Mathe Arbeit war, beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine, oder für das ständige Witze machen. Er war einfach der beste Mensch überhaupt nach Noel.

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Mein Motorrad fuhr rumpelnd über den Waldboden und ich befürchtete, dass es nicht ganz so schlau war mit dem Motorrad her zu fahren.

Nach Phils Versprechen mich zu entschuldigen bin ich so schnell wie möglich aus der Universität raus und auf meine Ducati über die Autobahn gerast, wo ich auf eine Landstraße abgefahren bin und dann noch bei einem rumpeligen Waldweg angebogen bin.

Und dann endlich nach einiger Zeit des durchschürtelns hörte der Weg auf und ich musste von meinem Fahrzeug absteigen. Ich stelltes es daraufhin unter einen großen Nadelbaum ab und sperrte es zu. Dann began ich in den Wald hinein zu gehen.

Während ich ging fiel mir auf, dass kein Vogel zwitscherte und mir begegnete auch kein Tier. Das knacksen der Äste unter meinen Füßen war das einzige Geräusch und sonst bließ der Wind nur leicht heulend.  Es war beängstigend leise und es schien als wäre ich das einzige Lebewesen in diesem Wald.

Die Stille kam mir höchst Verdächtig vor und plötzlich glaubte ich auch, dass ich hinter mir weitere Äste knacksen hören würde. Verunsichert drehte ich mich um und schaute, ob jemand mir folgte, doch außer den vielen Bäumen war da nichts. Komisch...

Ab jetzt wollte ich auf Nummer sicher gehen und ging wachsamer und schneller. Aber ich musste nicht lange gehen, denn dann war ich endlich da. Vor mir tauchte meine geliebte Lichtung auf und ich musste erleichtert seufzen. Hier verwandelte ich mich immer. Es war der perfekte Platz. Kein Mensch kam je her, nichtmal Wanderer, da es zu tief im Wald lag.

Ich ging in die Mitte der Lichtung und seufzte nochmal. Frische Waldluft drang in meine Lunge und erfüllte mich. Ein paar mal atmete ich tief ein und aus, dann aber sah ich auf meine Uhr und schreckte auf. Wenn ich mich nicht bald verwandelte war es zu spät und es würde finster werden.

Schnell zog ich mir meine Motorrad Kluft aus und auch die Kleidung darunter, bis ich wie Gott mich schuf da stand. Ich zitterte wie Espenlaub und umschlang meinen Oberkörper mit meinen Armen, da es so kalt war. Ich könnte zwar mich mit Kleidung verwandeln, doch die zerriss immer und ich wollte mir nicht schon wieder neue Klamottem kaufen.

Langsam begann sich Vorfreude in mir breit zu machen und dieses half schon die Augen auftauchen zu lassen. Ich musste lächeln. Obwohl sie mir Anfangs Angst machten, freute ich mich jetzt sie zu sehen. Alle fünf waren Türen zu meinen Gefühlen und ich liebte es auszusuchen zu können, in was ich mich verwandeln mag. Doch mir war das sechste Auge auch noch gut in Erinnerung. Das einzige mal, dass ich mich mit ihnen in ein unbekanntes Paranormales Wesen verwandelt habe, war als es einen Anschlag auf Noel gab. Seitdem habe ich diese Augen nie wieder gesehen und irgendwie war ich auch froh darüber, denn sie machten mir Angst. Ich hatte Angst, da ich nicht wusste was für ein Wesen ich überhaupt war und da ich auch nicht wusste was meine Kräfte waren. Was würde passieren, wenn ich außer Kontrolle geraten würde? Könnte ich dann nicht mehr Freund und Feind unterscheiden? Würde ich da vielleicht wahlos um mich herum jeden verletzen?

Schnell schüttelte ich meinen Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Ich habe jetzt schon seit mehr als einem Jahr diese Augen nicht mehr gesehen, also wieso genau jetzt? Ich sollte mich lieber darauf konzentrieren in was ich mich verwandeln will.

Also wie wäre es als Elf? Oder doch Gestaltenwandler? Nein! Zum Ersten mal seit Noels Verschwinden werde ich mich wieder in einen Engel verwandeln, um an ihn zu denken. Nur heute erlaube ich es mir mich an schöne Erinnerungen von ihn und mir zu erinnern. Nur heute!

Ich nickte den violett glänzenden Augen zu und sie kamen, wie der auftauchende Nebel auf mich zu. Wie gewöhnt machte sich das kribbeln und prickeln auf meiner Haut breit und nach einiger Zeit fühlte ich wie weiche Federn über meinen nackten Rücken strichen.

Der Nebel verschwand daraufhin außerordenlich schnell und ich konnte wieder die Lichtung sehen. Alles an meinen Engeldasein war wie immer, doch eine Sache verwunderte mich. Obwohl ich noch immer unbekleidet und nackt war, war mir überhaupt nicht kalt! Mir war eher so warm wie als würde gerade die Sonne auf mich herab scheinen, doch diese war hinter dichten Wolken versteckt und somit war es eigentlich unmöglich, dass ich Sonnenstrahlen auf meiner Haut spührte.

Über den Gedanken und das Wort "unmöglich" musste ich eigentlich fast auflachen. Was war bei mir noch unmöglich? Ich war ja schon selber das Unmögliche!

Ich legte mich auf meine Schwingen in das Gras, welches leicht eingefroren war und dieses kitzelte meine Haut. Ich sah in den Himmel und auf die Wolken, die an mir vorbei schwebten. Früher, als ich noch klein war dachte ich immer, dass dort oben die Engel wohnen. Wie sehr habe ich mich dabei geirrt. Sie leben nicht in den Wolken, nein sondern hier auf der Erde. Man kann nie wissen, ob dein Nachbar oder vielleicht sogar der Schulwart deiner Schule ein Paranormales Wesen ist. Denn sind wir mal ehrlich, ich konnte mir vor genau einem Jahr auch kaum vorstellen, dass ICH solch ein Wesen sein sollte.

Nach fast einer Stunde merkte ich wie meine Gedanken abdrifteten und meine Augen schwer wurden. Ich gähnte mit weit aufgerissenem Mund und meine Augen flatterten. Ich bemühte sie offen zu halten, doch irgendwann glitt ich in einen tiefen Schlaf.

Jedoch erkannte ich dadurch die Person nicht hinter mir, die mich traurig anlächelte.

Bright AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt