63.

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Annemarie

Ruckartig drehte ich mich um, während ein Luftzug an uns streifte.

Und musste zulassen, dass mein Herz einen Schlag aussetzte, als ich sah, was passiert war. Erdbrocken flogen zu Boden, Rauch stieg auf. Weit hinten im Feld.

Alles in mir erstarrte. Ich konnte nicht einmal zu ihnen rennen, um nach den zwei Mädchen zu sehen.

Dieser Augenblick zählte zu den schlimmsten, die ich in all den Monaten im Krieg erlebte.

Friedericke ...

Niemand sprach ein einziges Wort.

Das Einzige, was ich dachte, war: Ich habe sie in den Tod laufen lassen.

„Du hast dich noch nicht gewundert, warum wir einen Umweg gelaufen sind?", sagte Sergeant Pattons hinter mir. „Deutsche Soldaten sind gnadenlos. Und du hast es uns mal wieder bewiesen."

Ich erwiderte nichts. Irgendetwas in mir starb gerade. Vielleicht der Teil, der in Sergeant Pattons einen Menschen sah.

Jemand legte seine große Hand auf meine Schulter. „Anne." Es war Liam, der diesmal strenger klang. „Wir werden jetzt reingehen."

Ich musste den Atem anhalten, um nicht hier und jetzt weinend loszuschreien. Selten war ich solch ein Wrack wie gerade. Ich wollte von hier verschwinden und nie wieder zurückkommen.

Ich wollte zu Annel.

„Männer", erklang diesmal Sergeant Josephs Stimme, er klang sehr konzentriert. „Wir sollten alle reingehen. Jemand wird diesen Schlag nicht überhört haben."

„Die Umgebung ist kontrolliert worden", sagte allerdings Sergeant Pattons. „Niemand ist hier, also machen Sie sich nicht ins Hemd."

Liam legte seinen Arm um mich und wir drehten uns um.

Die beiden Sergeants starrten sich böse an.

„Ihre Lakeien, Sergeant Pattons", zischte Joseph, „waren nicht gründlich, wenn sie überhaupt fort waren. Wir werden alle reingehen und abwarten."

Schließlich taten alle, wie befohlen. Sergeant Joseph war der Einzige Mann, nachdem sich Sergeant Pattons manchmal richten musste. Ich war immer wieder froh, dass Joseph ein Teiler unseres Platoons geworden ist.

Ich saß mit Annel, Liam, Niall, Louis und William in dem Zimmer, in dem wir auch schliefen.

Annel war noch immer sehr krank, trotzdem ließ es Liam zu, dass sie sich fest in seinen Arm kuschelte. Es war gut, dass sie bei ihm war. Ich war noch zu entsetzt von dem, was noch vor zehn Minuten passierte.

Ich vergaß es nie, nie wieder.

Niall sah aus wachsam aus dem Fenster in die Richtung, aus der die Deutschen kommen könnten und William lief nervös mit Louis durch den Raum. Beiden war die Angst deutlich anzusehen. Vor allem Louis.

„Man, könnt ihr einfach stillhalten?", meckerte Niall, nachdem die zwei Männer abwartend ihre Fußschritte durch den Raum erklingen ließen. „Ihr geht mir gehörig auf den Sack, also setzt euch hin oder verschwindet!"

Niemanden hier wunderte es, dass Niall schlecht gelaunt war. Ich weiß nicht, was ihn dazu veranlasste, ständig übellaunig durch die Gegend zu laufen, aber hinterfragen würden es die, die es interessierte. Ich war keine davon.

„Stillhalten?", entgegnete ihm Louis. „Ein deutscher Trupp ist auf dem Weg hier her und du willst, dass wir stillhalten?"

Knurrend heftete Niall seinen Blick wieder aus dem Fenster und setzte sein Scharfschützengewehr an, das er bereits die ganze Zeit bereithielt. „Euch schmeiße ich als erstes aus dem Fenster, wenn sie da sind."

My Own LiberatorWhere stories live. Discover now