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Oben ein wahnsinniges Cover von @amyvee :):)

Annemarie

Wir liefen bereits zwei Stunden durch die Wälder und Felder und ich war mir nicht sicher, wo das nächste Ziel sein sollte. Meine Füße schmerzten höllisch, meine Handgelenke waren bereits aufgescheuert, weil der Garn darum an meiner Haut rieb und ich hatte Durst, traute mich aber nicht, nach etwas zu trinken zu fragen. Ich musste mir vorhin irgendein Ziel ausdenken, dass ich Sergeant Pattons sagen konnte. Wir starteten in Weimar und das Ziel sollte Halle sein. Ich wusste nicht, ob es überhaupt Sinn machte, das Einzige, das ich wusste war, dass Vater öfter dort war.

Allerdings hatte ich nicht zu viele Informationen, die ich sowieso nicht wusste, preisgegeben, damit Pattons Annel und mich am Leben lassen musste, um zu meinem Vater zu gelangen. Es war riskant, doch nützlich.

Ich starrte auf den Boden unter meinen Füßen und hoffte, dass wir bald eine Pause machen würden. Annel litt auch, sie wurde immer mal mit dem Seil, das um ihre Hüfte gebunden war, nach vorne gezogen, weil sie zu langsam war. Sie vergaßen, dass sie ein zwölfjähriges Mädchen war und keine von diesen Männern, die seit Ewigkeiten nichts anderes taten, außer zu laufen.

„Anne", sagte sie leise zu mir und ich merkte sofort, wie der Mann, der sie am Seil hielt, anstarrte. „Ich habe Durst."

Ich seufzte. „Ich weiß, ..."

„Was hat sie gesagt?", fragte der Mann mich unfreundlich, weil er kein Deutsch konnte.

„Sie ist durstig", antwortete ich ihm und hoffte gleichzeitig, dass er uns einfach etwas zu trinken geben könnte. „Wir sind beide durstig."

„Sag ihr, sie soll ihren Speichel trinken und warten, bis wir Rast machen." Er zog an dem Seil von Annel, worauf sie wimmerte. „Wir sind keine verdammte Bar."

Weil Annel ihn nicht verstand, sah sie mich an und in ihren traurigen Augen konnte ich lesen, wie sehr sie etwas zu trinken benötigte. Es tat weh, sie so zu sehen, es tat schrecklich weh, vor allem weil ich so verdammt hilflos war.

„Gott, Kevin", sprach eine Stimme hinter uns und ein Mann, ich glaubte, er hieß Liam, lief neben mich und öffnete seine eiserne Trinkflasche. „Gib ihnen etwas zu trinken, wenn sie durstig sind, sie leiden schon genug."

Sprachlos sah ich auf die Flasche, die er mir freundlich entgegenhielt zu ihm und konnte nicht glauben, was er tat. Es war seltsam, dass einen von ihnen so nett zu uns war, während wir schon zu oft von allen rumgeschupst wurden.

„Nun trink schon", sagte er warm und drückte mir die Flasche in die Hände, sodass ich sie gerade so halten konnte. „Wir haben genug für dich und deine Schwester."

Mit leiser Stimme sagte ich „Danke" und übergab zuerst Annel die Flasche, damit sie trinken konnte. Er hatte nette Augen und wirkte nicht so verbittert, wie der Rest, zumindest hoffte ich das. Natürlich hatten alle diesen gewissen Ausdruck im Gesicht, der präsentierte, was sie alles durchmachten, doch er war nett. Er war einfach nett.

„Bald machen wir eine Pause", sagte er, während Annel gierig das Wasser trank. Auf seinem Helm erkannte ich ein rotes Kreuz auf weißen Untergrund, weswegen ich mir sicher war, dass er Sanitäter sein musste. Vielleicht war er deswegen so fürsorglich. „Es dauert nicht mehr lange und dann könnt ihr euch ausruhen."

Ich nickte etwas schmunzelnd, um ihm damit das Dankeschön für seine Sorge auszusprechen. Doch er sah nach vorne und sein Lächeln verschwand sofort, weswegen ich seinem Blick folgte.

Der Feldweg auf dem wir liefen, endete und wir standen auf einer großen Wiese. Und erst als ich auf etwas ungewöhnlich weiches tritt, kapierte ich die Situation.

My Own LiberatorWhere stories live. Discover now