40.Kapitel (Allen)

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»Wie jetzt, er ist weg?«, fragte ich und stoppte sofort in meiner Bewegung, stürmte aus dem Studio und ging in eines der Nebenzimmer, wo sich zum Glück gerade niemand befand. Der Polizist am anderen Ende wirkte nervös und ich konnte nicht anders als in dem kleinen Zimmer hin und her zu laufen.

»Er wollte nach draußen, also habe ich ihn ins Café begleitet und nun ja... er ging auf Toilette und dann war er weg.« Das konnte doch nicht wahr sein... Dylan wurde entführt? War verschwunden?

Die Erkenntnis brauchte ein paar Sekunden, bis sie sich wie Gift in meinem Gehirn festgesetzt hatte. Er war vielleicht in ernsthafter Gefahr.

»Sie wollen mir jetzt ernsthaft sagen, dass er entführt wurde? Wozu sind Sie eigentlich da, wenn Sie nicht einmal verhindern können dass man einen erwachsenen Mann am helllichten Tag aus einem Café entführt!«, fauchte ich gereizt und ich hörte förmlich wie der Polizist am anderen Ende in sich zusammen schrumpfte. Am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gesprungen, aber stattdessen schlug ich vor Wut gegen die Wand.

»Ich habe meine Kollegen bereits informiert und...« Ich ließ ihn garnicht ausreden, als ich schon auflegte und wieder zurück ins Studio rannte, wo ich von allen angeschaut wurde.

»Ich muss weg, es ist dringend«, teilte ich den anderen mit, nahm meine Sachen und stürmte schon nach draußen. Hinter mir hörte ich wie Anna sich für mein Verhalten entschuldigte und mir dann hinterher rannte. Sie legte mir beruhigend eine Hand auf den Arm und wartete, bis ich von selbst erzählte was vorgefallen war.

»Dylan ist weg«, war alles was ich herausbrachte und sie nickte verständnisvoll.

»Ich sage deine Termine ab. Für die ganze Woche.« Ich warf ihr einen dankbaren Blick zu, ehe ich mich von Roberto nach Hause bringen ließ. Ich war fahrig, aufgeregt und vollkommen neben der Spur. Ob man seine Familie schon informiert hatte? Sicher hatte die Polizei schon bescheid gesagt, aber ich wollte einfach auf Nummer sicher gehen, also wählte ich die Nummer von seinem Bruder.

»Ja?«, meldete sich Ben zu Wort.

»Dylan... er wurde entführt«, sagte ich und merkte wie meine Stimme immer leiser wurde und sich kraftlos anfühlte.

»Was? Wie das? Wo bist du gerade?«

Ich nannte ihm die Adresse und die Nummer des Hotelzimmers, ehe ich auflegte und mich zurück in den Sitz sinken ließ.

Was würde der Stalker Dylan nur antun? Was passierte gerade mit ihm? Ging es ihm gut? Hatte er Schmerzen? Vielleicht war er gerade auch vollkommen allein, in einem dunklen Raum, gefesselt in der Gewalt von irgendeinem Irren der ihm vielleicht etwas antun würde.

Warum passierte das ausgerechnet meinem Dylan...

»Brauchen Sie noch etwas?«, fragte mich Roberto besorgt und ich schüttelte mit dem Kopf. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich nicht einmal mitbekommen hatte das wir schon angehalten hatten.

»Danke... ich muss jetzt erst einmal allein sein.« Er nickte und ich stieg aus dem Auto, ging nach oben ins Hotelzimmer, wo ich eine Weile im angrenzenden Bad verschwand, wo ich an der Tür herab sank, auf dem kalten Fließenboden sitzen blieb und den Tränen freien Lauf ließ, die mir nun übers Gesicht rannen. Ich machte mir unglaubliche Sorgen um ihn und ich hatte Angst, dass ihm irgendetwas schlimmes passieren könnte. Wie weit würde der Stalker wohl gehen, vielleicht auch...

Nein, ich dürfte diesen Gedanken nicht zu Ende denken, er würde dadurch nur real werden.

Ich wusste nicht wie lange genau ich auf dem Boden gesessen hatte, als es an der Tür klopfte und die Stimmes eines der Hausmädchen ertönte die mir mitteilte, dass ein Ben eingetroffen war und mich sprechen wollte. Schnell spritzte ich mir noch mal kaltes Wasser ins Gesicht und trat hinaus. Das Hausmädchen ging nach draußen und bat Ben und Dylans Vater herein. Ben wollte gerade etwas sagen, doch als er mein Gesicht sah verstummte er. Ich sah vermutlich genauso schlecht aus, wie er sich innerlich fühlte.

»Draußen wartet ein Polizist, der mit dir sprechen will. Sollen wir...?«

»Nein, bleibt ruhig hier.« Ich bat den Polizisten herein, der mich aufmerksam musterte und selbst aussah, als würde es ihm gar nicht gefallen mir die Nachricht zu überbringen.

In kurzen Sätzen informierte er mich darüber, dass man die Überwachungsbänder des Cafés durchgesehen hatte und man der Annahme war, dass eine Frau ihn entführt hatte. Wie genau sie es geschafft hatte einen erwachsenen Mann vollkommen alleine aus dem belebten Café zu entführen war auch ihnen ein Rätsel, allerdings gingen sie davon aus dass sie von jemandem Hilfe bekommen hatte. Ich wurde über die nächsten Schritte informiert und darüber, dass man eine Suche eingeleitet hatte und ob ich eine Idee hätte, wer die Frau sein könnte. Leider war die Tatsache, dass mich ziemlich viele Leute kannten, keine sonderlich große Hilfe. Rein theoretisch könnte jede mit der ich auch nur gesprochen hatte, oder die mich gesehen hatte, der Stalker sein.

»Wir tun was wir können«, sagte der Polizist, dann ging er noch einmal zu den anderen beiden und fragte ob sie etwas wüssten. Zwar gingen sie davon aus, dass der Stalker mir eines auswischen wollte und Dylan einfach nur im Weg stand, aber sie konnten auch nicht ausschließen das vielleicht sogar Dylan das Ziel war.

Als er gegangen war ließ ich mich aufs Bett sinken und stützte den Kopfin die Hände. Ben setzte sich neben mich und legte mir beruhigend einen Arm um die Schultern.

»Wir sind schon seit Wochen gestalkt wurden...«, meinte ich leise und erzählte was genau vorgefallen war. Wie ich es mir hatte denken können hatten sie das Bild in der Zeitung gesehen, aber dem keine sonderliche Beachtung geschenkt, da man Dylan darauf nicht hatte erkennen können.

»Dylan wollte euch nicht beunruhigen, deswegen wollte er nichts sagen... Es ist meine Schuld, wenn ich nur besser auf ihn aufgepasst hätte...«

»Es ist nicht deine Schuld. Ich rufe mal eben Sarah an, sie hat jetzt Feierabend und ich müsste sie erreichen können.« Damit verschwand Dylans Vater kurz im Bad und ich blieb mit Ben zurück, der noch immer einen Arm um meine Schultern gelegt hatte. Ich spürte dass er eben so fertig war wie ich und nur mühsam seine Frustration zurückhalten konnte. Wir waren alle angespannt, mit den Nerven am Ende und im Moment wünschte ich mir nichts mehr, als dass es Dylan gut ging und er bald wieder bei mir war.

Color My World (BoyxBoy/Yaoi)Where stories live. Discover now