12.Kapitel (Allen)

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»So und jetzt alle mal herhören!« Der Fotograf klatschte in die Hände um unsere ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich konnte ihn nicht ausstehen. Er war eine dieser total aufgedreht tuntig wirkenden Typen und war der Meinung das wir alle keine Ahnung von Modeln hatten und alles falsch machten.

Nicht das ich etwas gegen Schwule hatte – überhaupt nicht, sind normale Menschen – aber ich konnte einfach nicht mit diesem kunterbunten, Klischeehaften Auftreten umgehen. Es kam mir so vor, als würden Leute wie unser Fotograf das RTL Klischee nur noch mehr bestätigen, damit alle Leute dachten, das sich wirklich jeder der schwul war so verhielt. Dabei waren die meisten Schwulen die ich kannte ja normal, unauffällig. Und nicht so ein bunter Farbtopf.

»Die Filmplakate sollen gut werden! Ich erwarte euren maximalen Einsatz! Und jetzt husch, ab in die Maske! Na los!« Ich wollte meinen Fotograf. Der war unkompliziert, locker und freundlich... nicht so ein hektischer Typ der uns wie Hühner umher scheuchte. Erst jetzt merkte ich, wie sehr ich ihn schätzte. Wer hatte sich überhaupt diesen Fotografen ausgesucht?

»Das gilt auch für sie Mister Heathrow!« Ich widerstand dem Drang ihm die Zunge raus zu stecken und ging stattdessen in die Maske, wo mich eine Frau behutsam auf den Stuhl runter drückte.

»Etwas was sie gar nicht mögen? Irgendwelche Allergien?«, fragte sie und ich schaute sie nur an. Was glaubte sie denn? Das ich zum ersten Mal in der Maske war? Ich war Model und Schauspieler verdammt!

Sie begann an meinen Haaren herum zu zupfen und trug mir ein wenig Make-Up auf. Als sie fertig war betrachtete ich mich im Spiegel. Meine Wangenknochen waren zu stark betont, weswegen meine Augen kaum noch auffielen und ich hatte das doppelte von dem im Gesicht kleben, als ich wirklich benötigte. Ich wollte Valentin. Der wusste wenigstens, was er tat.

Da ich nicht zu den Schauspielern gehörte, die anfingen gereizt irgendwelche Stylisten nieder zu machen, schnauzte ich sie nicht an sondern wies sie einfach nur darauf hin, dass sie etwas zu dick aufgetragen hatte. Sie wurde rot und stammelte eine Entschuldigung, ehe sie es so weit in Ordnung brachte, dass man mich wenigstens halbwegs nach draußen lassen konnte.

Ich zog meine Filmkleidung an und stellte mich zu Celina, die in einem wundervollen roten Kleid, was sie kein einziges Mal im Film trug, vor mir stand. Sie sah gut aus, das musste man ihr schon lassen... aber sie hatte einfach eine so seltsame Ausstrahlung und eine aufdringliche Art, sodass ich sie absolut nicht attraktiv oder anziehend fand. Außerdem war sie ohnehin verlobt, auch wenn ich das Gefühl nicht los wurde, dass sie mich etwas zu oft anstarrte.

»Auf eure Positionen! Gut so, stellt euch so hin. Das wird das Filmplakat, was in den Kinos hängt, also gebt euch gefälligst Mühe!« Ich war ein Model, ich wusste wie ich mich hinstellen und wie ich schauen musste, damit es gut aussah. Stattdessen wurde ich behandelt wie ein Fünfjähriges Kind, was nicht wusste wo links und wo rechts war. Manchmal war dieser Job einfach zum kotzen, warum konnte ich mir die Leute mit denen ich arbeitete nicht einfach selbst aussuchen?

Wir stellten uns hin, die Gesichter einander zugewandt und ich lächelte sie mit meinem strahlendsten Lächeln an.

»So wird das nichts... du stehst viel zu weit von ihr weg, etwas näher!« Wie nahe denn noch? Noch näher und nicht einmal ein Blatt Papier würde zwischen uns passen...

Ich schluckte meinen Ärger hinunter und drückte Celina noch näher an mich, was ihr zu gefallen schien, denn als der Fotograf mit den Aufnahmen fertig war, ließ sie ihre Hand etwas zu lange auf meiner Brust liegen.

Wir machten noch andere Fotos, einzeln, zusammen, mit Georg, ohne mich, ohne Celina... zogen uns um, machten noch mehr Fotos, wurden wieder voll gemeckert. Als wir endlich fertig waren war ich unendlich froh endlich wieder in meinen Klamotten zu stecken und im Auto zu sitzen. Nie wieder mit so einem Typen.

»Was ist zur Zeit los mit dir Allen? Du wirkst so... gereizt.«, meinte Anna und ich starrte aus dem Fenster. War ich wirklich so schlimm? Vielleicht. Aber das lag alles nur an diesem Typen. Woher kannte ich ihn bloß? Er war der Kellner im Café, er war bei meiner Autogrammstunde und sein Name war Dylan. Super. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ich ihn schon vorher gekannt hatte, aber woher nur? Aber das konnte doch nicht der Grund für meine Gereiztheit sein, immerhin kannte ich ihn ja nicht und außerdem würde ich ihn sowieso nie wieder sehen, außer ich ging noch mal ins Café... aber ich war mir fast sicher, dass er mich erkennen würde. Schon beim ersten Mal hatte er mich so komisch angesehen, als würde er erkennen das ich unter der Verkleidung war und jetzt nach der Autogrammstunde? Er würde es sofort merken, da war ich mir ziemlich sicher.

Von all den Leuten die um mich herum waren, war mir ausgerechnet ein stinknormaler Kellner aufgefallen. Keine der langweiligen Schauspielerinnen und Arbeitskollegen mit denen ich jeden Tag zu tun hatte. Keine der anderen Models. Nein, ein gottverdammter Kellner aus einem Café und dann auch noch ein Kerl. War das nicht ein weiterer Beweis dafür, dass ich einfach anderes war als die meisten meiner im Ruhm stehenden Kollegen? Oder war ich einfach nur schon so lange drin, dass ich mich an die Schauspieler und wichtigen Leute gewöhnt hatte und mir jetzt die Normalen eher unvertraut und seltsam erschienen?

»Allen?« Annas Stimme unterbrach meinen Gedankengang und ich merkte, dass sie noch immer eine Antwort auf ihre Frage erwartete.

»Ich weiß nicht, bin ich so schlimm?« Sie legte den Kopf ein wenig schief.

»Also du bist nicht aggressiv oder so etwas, aber du wirkst nicht ganz so ruhig und ausgeglichen wie sonst. Vielleicht arbeitest du zu viel? Du hast dir eine Pause verdient.« Vielleicht war es auch die Arbeit, die mich zur Zeit so stresste. Oder es war einfach dieser braunhaarige, gut gebaute Kellner...

Kopfschüttelnd stieg ich aus dem Wagen und ging in meine Wohnung, wobei ich die ganze Zeit nicht versuchte darüber nachzudenken, woher ich diesen Dylan nur kannte.

Color My World (BoyxBoy/Yaoi)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora