15.Kapitel (Dylan)

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»Ich glaube dein Allen ist doch kein so schlechter Kerl«, meinte Ben, als er an dem Tag vor der Filmpremiere bei mir zu Hause rumlungerte. Er hatte so viele Stunden Ausfall gehabt, dass er sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte in die Schule zu gehen und da morgen Samstag war, hatte er dann ganz plötzlich vor meiner Haustür gestanden.

Es störte mich dass er "mein" Allen sagte, aber ich ignorierte die Bemerkung einfach.

»Was meinst du?«, fragte ich und setzte mich auf mein bequemes Sofa, während er es sich auf der anderen Seite bequem machte.

»Liest du denn nie Zeitung?«, fragte er seufzend und ich schüttelte mit dem Kopf.

»Du weißt doch das mich das nicht interessiert... und alles was ich wissen will kriegt man im heutigen Zeitalter sowieso über Twitter und anderen sozialen Netzwerken mit.«

Er verdrehte die Augen.

»Na die Feier vor zwei Wochen, wo er der einen Kellnerin geholfen hatte während andere nur rumstanden«, half er meinem Gedächtnis auf die Sprünge. Richtig, das war an dem Tag wo der Artikel erschien ziemlich stark diskutiert worden. Vor allem aber wunderte es mich, dass es nicht wie sonst nur ein Klatschartikel voll mit Mutmaßungen und zugedichteten Annahmen war, sondern etwas was sogar der Tatsache entsprechend zu sein schien.

Im Artikel ging es einfach nur darum, dass Allen Heathrow als einziger einer Kellnerin geholfen hatte und auch im Verlaufe des Gesprächs mit dem Reporter, Jonathan irgendetwas französiches, normal und locker rüberkam, nicht so wie die meisten anderen Schauspieler die einfach schon diese Promi-Aura umgab.

»Das allein macht aber keinen Menschen aus... Gibt immerhin viele Stars die irgendwelche Soziale Projekte oder dergleichen haben.«

Ben schaute mich an, als hätte ich gerade etwas gesagt was er niemals von mir erwartet hatte, dann schlug er seufzend das Buch auf was er mitgenommen hatte und rutschte ein wenig zu mir herüber. Unser Gespräch war damit eigentlich schon wieder beendet und ich warf einen Blick auf meinen Kalender. Der morgige Tag war rot eingekreist... um 20 Uhr startete die Premiere... und ich freute mich wie ein kleines Kind darauf.


»Ben... wir gehen in ein Kino... es sieht sowieso keiner wie du aussiehst«, meinte ich lachend, als mein kleiner Bruder verzweifelt vor dem Spiegel stand und versuchte seine Haare irgendwie in irgendeine Form zu bringen, natürlich erfolglos. Ich selbst trug nur ein recht zerknittertes Hemd und eine Jeans, während mein Bruder aussah als wäre er gerade auf den Weg in irgendeinen Club um Mädchen aufzureißen.

»Ja schon... aber es ist eine Filmpremiere...«

»Ist doch egal, die meisten die dort hingehen sind normale Leute wie wir... Es werden nur wenige dabei sein, die wirklich viel Geld haben. Und im Kino erwartet keiner dass du da mit Anzug hingehst.« Er warf mir einen vernichtenden Blick zu, schnappte sich dann die beiden Karten und wir verließen die Wohnung.

Wir würden eine ganze Weile fahren, aber das war es mir wert. Obwohl heute der Tag der Premiere war, war ich seltsam ruhig und entspannt und vermutlich würde die Aufregung erst kommen, wenn ich im Kinosaal saß und die Leinwand anstarrte. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielten wir vor dem Kino wo die Premiere war und stiegen aus.

»Hast du das Geld? Die Karten?«, fragte ich gerade vermutlich zum zehnten Mal nach und Ben verdrehte genervt die Augen.

»Wie oft denn noch, ja habe ich.«

Wir gingen hinein, kauften uns Popcorn, Eis und Getränke, dann zeigten wir vor dem Saal unsere Karten hin und setzten uns auf unseren Platz recht weit mittig. Faste alle Leute waren da und wir schienen mit eine der Letzten zu sein, die erschienen waren und dabei waren wir mehr als eine halbe Stunde zu früh dran... Alle hier schienen total auf die Premiere gespannt zu sein.

»Ich hab dir doch gesagt du fällst nicht auf Ben...«, meinte ich. Viele hier trugen normale Alltagskleidung, nur ein paar wenige trugen Anzüge oder Kleider.

Es schien eine gefühlte Ewigkeit – in der ich fast mein ganzes Popcorn aufaß – zu vergehen, als die Lichter endlich ausgingen, die Gespräche verstummten und der Film begann. Es gab keine nervige Werbung, aber dafür ein paar kurze Meinungen der drei Hauptschauspieler, des Regisseurs sowie des Drehbuchautors über den Film. Dann begann er endlich.

Ich hielt an mehreren Stellen den Atem fast an und brach an den lustigen Stellen mit dem ganzen Kino in Lachen aus. Das Einzige was mir nicht sonderlich gefiel war, dass die weibliche Hauptbesetzung unpassend war. Mir würden sofort zwei andere Schauspielerinnen einfallen, zu denen die Rolle um weiten besser gepasst hätte, aber das war ja ohnehin nicht meine Entscheidung. Ansonsten waren die Rollen ziemlich gut besetzt, die Witze waren wirklich lustig und nicht einfach nur Standartmässiger Schrott den man schon aus unzähligen anderen Filmen kannte, an den Kampfszenen hielt man wirklich die Luft an um zu sehen was passierte und mal konnte man sich auch nicht entscheiden, auf wessen Seite man lieber stehen würde.

Und dann war da natürlich noch Allen Heathrow, der wie immer eine perfekte Figur abgab. Die Rolle war wie extra für ihn gemacht und ich konnte nicht aufhören zu grinsen, als ich auf die Leinwand starrte. Damit war einer meiner Wünsche in Erfüllung gegangen und ich schwor ich würde meinen Bruder irgendetwas schenken was mit dem hier vergleichbar wäre.

Viel zu schnell war der Film wieder vorbei und wirklich jeder im Kino schaute sich sogar noch den Abspann an, wo noch einmal die ganzen Namen aufgelistet waren. Als der Abspann vorbei war, standen alle auf, zogen ihre Jacken an und streckten sich.

Ich gähnte, da mich die dunkle Atmosphäre im Kino immer etwas schläfrig machte und nahm dann aus den Augenwinkel eine Bewegung war. Vollkommen erstarrt schaute ich den Typen an, der neben mir gesessen hatte und gerade seine Jacke anzog.

Es war niemand anderes als Allen Heathrow.

Ich schloss kurz die Augen. Das konnte nicht sein, Allen ging niemals zu seinen Premieren... wahrscheinlich war es nur jemand, der ihm sehr ähnlich sah, oder ich hatte es mir eingebildet. War immerhin beides möglich.

Ich öffnete meine Augen wieder und starrte direkt in Allens Augen, der mich nun anschaute.

Verdammt, es war wirklich Allen Heathrow, das war kein Traum.

Und ich hatte die ganze Zeit während des Films neben ihm gesessen und nichts bemerkt...!




Color My World (BoyxBoy/Yaoi)Where stories live. Discover now