3. Kapitel

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Clarke und ich wurden von den beiden Gardisten in einen Raum gebracht, in welchem Dante Wallace auf einer Leinwand malte. Der Mann hatte uns den Rücken zugedreht und es erklang wieder diese schreckliche Musik.
»Nehmen Sie den beiden jetzt die Handschellen ab«, sagte er, ohne sich zu uns umzudrehen. Die Männer taten, wie ihnen geheißen, und verließen uns dann.
»Da ist eine leere Leinwand, wenn du möchtest.« Dante deutete auf das Angesprochene. Ich wusste, dass er Clarke meinte, da ich nicht zeichnen konnte.
Das Mädchen schüttelte neben mir dem Kopf. »Ich habe auch immer die Erde gemalt.«
»Es geht nicht nur um die Erde«, meinte der Mann mit seiner ruhigen Stimme, »sondern um die Erinnerung.«
»Waren Sie je draußen?«, fragte Clarke. Ich hielt vorerst lieber den Mund.
«Ja, vor genau 56 Jahren für fünf Minuten. Ich war erst sieben, als der erste Outsider erschien, wie wir sie nennen. Bis dahin sind wir davon ausgegangen, dass wir ganz allein wären. Ohne Vorwürfe, Rose. Stellt euch vor, wie überrascht wir waren.«
»Und wie überrascht wir erst gewesen waren«, murmelte ich leise, so dass Clarke auf meine Aussage hin mir ihren Ellenbogen im die Seite stieß. Ich war nie dabei gewesen - wie auch, ich war ja noch nicht einmal geboren worden -, aber man kannte die Geschichten, die erzählt wurden.
»Das muss ich mir nicht vorstellen«, sagte Clarke und sah kurz zu mir, woraufhin ich die Augen verdrehte. Als ob wir nicht genauso überrascht gewesen waren, als IHR mit eurem Schiff auf die Erde gekommen seid, dachte ich sauer.
»Mein Vater, dessen Büro das hier damals war, hat geglaubt, das würde heißen, dass die Erde wieder bewohnbar wäre, also hat er die Türen geöffnet.«
Und alle sind jämmerlich gestorben. Überraschung!
»Innerhalb einer Woche sind 54 Menschen an der Strahlenbelastung gestorben - darunter meine Mutter und meine Schwester.« Dante drehte sich zu uns um und legte seine Zeichenwerkzeuge beiseite. »Verlust, Trauer und Schmerz«, nach jedem Wort machte er eine Pause, »die Zeit macht das alles erträglicher, ihr beiden, aber nur wenn ich eine Leinwand bemale, sind diese Dinge nicht mehr da.« Er zog seine Jacke aus und legte sie auf einen Sessel.
»Sie haben uns nicht herbringen lassen, um über Malerei zu reden, richtig?«, wollte Clarke ohne einen Ausdruck von Gefühlen wissen.
»Ich fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten. Unsere Patrouillen haben das Gebiet durchkämmt und keine Hinweise auf Überlebende gefunden, weder von deinem Lager, noch von der Ark.«
»Nein«, stieß ich hervor. »Das kann nicht sein.« Clarke starrte den Mann ebenso entsetzt an wie ich. »Sie müssen leben. Sie ... sie können nicht tot sein.«
Clarke berührte mich an der Schulter. »Wie können sie da sicher sein?«
»Das sind sie nicht. Sie haben Anweisungen weiterzusuchen.«
»Ja, ich muss selbst nachsehen -«, sagte Clarke schnell.
»Tut mir leid, das kann ich nicht gestatten«, fiel ihr Dante ins Wort. »Ich tue das zu deinem eigenen Besten, Clarke. Da draußen ist es nicht sicher für dich.«
»Die Strahlung hat keine Auswirkung auf uns!«
»Es ist gar nicht die Strahlung, die mir Sorgen macht.« Er hob die Hand und hinter uns wurde die Tür geöffnet. »Ihr braucht Zeit für eure Trauer«, sagte Dante, während die beiden Gardisten sich hinter uns stellten. »Diese Männer geleiten euch auf euer Zimmer.« Diese pure Freundlichkeit des Mannes brachte mich beinahe zum Kotzen.
»Und was, wenn wir versuchen zu fliehen?«
»Stell mich nicht auf die Probe, Clarke.« Seine Stimme war fester, ernster.
Clarke wurde unruhig und sauer. Wütend zog sie mich mit sich und die beiden Männer geleiteten uns.
»Clarke ...? Glaubst du ...«, begann ich, doch wurde von ihr unterbrochen.
»Nein«, rief sie selbstbewusst. »Er lügt. Und du musst mir helfen, es den anderen zu beweisen!«

Yu Gonplei Nou Ste Odon Nowe || The 100 [Staffel 1-3]Where stories live. Discover now