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Lia und Ace sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Vielleicht lagen sie damit auch gar nicht so falsch. Ich sah sie abwartend an, während Tyler mir von hinten den Rücken stärkte.

„Es ist wahr", pflichtete er mir bei und wir sahen dabei zu wie beide zeitgleich zu Boden sanken, als würden ihre Beine ihre Gewichte nicht mehr tragen.

Ich rutschte ebenfalls vom Bett, um mit ihnen auf Augenhöhe zu sein und schließlich gesellte sich auch Tyler zu uns auf den Boden.

„Also, als er die ganze Zeit weg war-"

„Hat er an Rennen teilgenommen", beendete ich Lias Satz.

Ace verzog ungläubig das Gesicht. „Aber wieso?"

„Um die Schulden seines Vaters zu begleichen", beantwortete ich auch seine Frage nüchtern.

Jetzt war es Lia, die mich wieder ungläubig ansah. „Aber sie sind reich!", schrie sie, als ob alles was ich sagte keinen Sinn ergäbe. Ich konnte es ihr nicht verübeln, auch mir fiel es noch schwer das alles zu glauben.

„Seine Eltern besitzen ein ganzes Unternehmen", fuhr sie fort. „Wieso sollten sie Schulden bei solchen Leuten haben?"

Bei dieser Frage zuckte ich mit den Schultern. „Ich weiß nur, dass sein Vater sich Schulden bei Gabriel und Fernando gemacht hat, die Damien jetzt begleichen muss."

„Vielleicht stand das Unternehmen kurz vor dem Bankrott und sie brauchten einfach einen Weg um schnell an neues Geld zu kommen", schlug Tyler vor und zuckte ebenfalls unwissend die Schultern. Aber das spielte sowieso keine Rolle. Nur dass es der Fall war, war wichtig.

„Aber die Schulden sind doch jetzt beglichen, oder nicht?", hakte wieder Ace genauer nach. „Durch das letzte... Rennen..." Ich bemerkte wie er über das Wort stolperte.

Ein erschöpftes Seufzen bahnte sich seinen Weg an die Oberfläche, als ich wieder zum Reden ansetzte.

„Eigentlich ja. Aber Fernando und Gabriel wissen, dass er eine Freundin hat, nämlich mich" Ich biss mir auf die Zunge. „Zumindest gehabt hat", fügte ich noch schnell hinzu und sprach sofort weiter, um dem Schmerz keine Chance zu geben, sich an mein Herz zu schleichen.

„Und er hat befürchtet, wenn sie von mir wüssten, wäre ich in Gefahr, also tut er so, als ob Camille seine Freundin wäre, um mich zu schützen."

Lia riss leicht die Augen auf, als ob die Erkenntnis sie mit einem Mal erleuchtete. „Deshalb der öffentlich Ort und das Rumgeknutsche."

Einweiteres Mal verschloss ich mein Herz vor dem Schmerz.

„Aber jetzt, wo ihr nicht mehr zusammen seid, spielt das doch keine Rolle mehr."

Ich presste die Lippen aufeinander und Tyler ergriff an meiner Stelle das Wort.

„Fernando hat sie gesehen und erkannt. Sowohl auf dem Rennen, als auch in der Klinik. Wir wissen nicht, was genau er jetzt vorhat und ob er überhaupt irgendetwas vorhat. Aber die Gefahr ist dennoch zu groß. Wir reden hier von Verbrechern, die Menschen mit Waffen bedrohen und schmutzige Geschäfte am Stecken haben. Wir können Tessas Leben nicht aufs Spiel setzen, nur weil wir gar nichts unternehmen."

Ich wackelte unbehaglich auf meinem Platz hin und her. Mir diese Gefahr noch einmal vor Augen zu führen, trug nicht gerade dazu bei mich zu beruhigen.

„Was können wir denn schon tun?", fragte Ace und blickte uns planlos an.

Das war die Frage aller Fragen.

Lia spielte nervös an ihren Fingern rum. „Und wenn wir einfach Damien Bescheid sagen?"

Ich schüttelte sofort den Kopf. „Abgesehen davon, dass er mir nicht zuhören würde, weil er sauer auf mich ist, wird er sich vermutlich bloß weiter in die Scheiße reinreiten."

Tyler nickte zustimmend.

„So dämlich heroisch wie er ist, würde er bloß noch einen dummen Deal eingehen, um Tessa irgendwie aus der Sache rauszuholen und vermutlich nicht mal vor einem Pakt mit dem Teufel zurückschrecken."

Er sah eindringlich in die Runde.

„Und von dem, was ich über Gabriel und Fernando erfahren habe, scheinen sie nicht gerade vertrauenswürdig. Sobald sie die Verbindung zwischen Damien und Tessa erkennen, werden sie vor nichts zurückschrecken. Vermutlich bringen wir Tessa damit nur noch in größere Gefahr."

Ich schluckte beklommen und den Mienen der anderen konnte ich entnehmen, dass sie mindestens genauso unsicher waren.

„Vielleicht sollten wir einfach die Polizei rufen", schlug Lia vor; ihre Ängstlichkeit konnte man ihr mehr als deutlich ansehen.

Erneut schüttelte ich den Kopf.

„Damien steckt da zu tief drin. Die würden ihn festnehmen."

„Und was sollen wir dann machen?", gab sie schrill zurück.

Ich presste die Lippen aufeinander. Lias Reaktion grenzte beinahe an Hysterie. Ich wollte sie nicht mit so etwas belasten, wenn sie gar nicht Teil davon sein wollte.

Und Ace und Tyler würde ich genauso die Wahl lassen auszusteigen, wenn sie das wollten.

„Hört mal", begann ich. „Ich weiß, das ist eine Menge, das ihr da verarbeiten müsst und ich will euch da nicht mit rein zerren. Wenn ihr aussteigen wollt, dann ist das in Ordnung."

Ace sah mich entgeistert an und die Heftigkeit seiner Reaktion kam fast schon an Lias ran.

„Denkst du allen ernstes wir lasses dich und Damien da allein?"

Auch Lia funkelte mich empört an, als wäre ich verrückt, sowas auch nur zu denken.

„Natürlich helfen wir euch", stellte sie klar. „Das war gerade einfach ein bisschen viel und ich brauche einen kurzen Moment."

Ich nickte und ließ ihnen die Zeit die sie brauchten. Ich konnte schlecht verlangen, dass sie das so einfach innerhalb von ein paar Minuten wegsteckten, wenn ich das nicht mal innerhalb zwei Tage hinbekommen hatte.

„Auf mich kannst du natürlich auch zählen, das weißt du" erklang Tylers Stimme neben mir und ich legte ihm dankend die Hand auf die Schulter.

An ihm hatte ich nicht gezweifelt. „Ich weiß, danke."

„Okay, okay, okay", murmelte Lia leise vor sich hin und ihr Blick flitzte hin und her, als würde sie die Lösung für unser Problem in den kleinen Staubpartikeln in der Luft suchen.

„Irgendeinen Anfangspunkt, den ihr uns liefern könnt?", hakte Ace nach, aber Tyler und ich schüttelten gleichzeitig den Kopf.

Nur, dass ich auf einmal innehielt, als mir ein Gedanke kam. Das hatte ich völlig vergessen.

„Als ich Gabriel und Fernando gefolgt bin", fing ich an und alle Blicke richteten sich auf mich. „Da sind sie zu den Krankenzimmern gegangen. Ich kenne die Frau nicht, die sie besucht haben, aber ich kenne ihren Namen."

Lia weitete sprachlos die Augen, während Ace mit zusammengekniffenen Augen grübelte.

„Wie heißt sie?", fragte er und ich antwortete: „Alba Sánchez."

„Dein Vater ist doch Cop, Tyler, stimmt's?", richtete er sich jetzt an Ty.

Ich runzelte bei dieser Frage kurz die Stirn. Wir hatten doch gesagt, dass wir die Polizei nicht involvieren konnten. Ich wollte ihm gerade daran erinnern, als ich den Mund wieder schloss. Denn auf einmal verstand ich, worauf er hinaus wollte.

„Meinst du wir kommen an den Computer deines Vaters?", wandte ich mich nun an Ty.

Er nickte zögerlich, als es ihm so langsam dämmerte. Dann grinste er.

„Mein Vater ist sowieso noch arbeiten, also können wir unbemerkt in sein Büro und die Akten durchsuchen."

Ich hielt mich zurück, laut jauchzend aufzuspringen, aber endlich hatten wir einen Anhaltspunkt.

Den grinsenden Gesichter konnte ich entnehmen, dass sie ebenso aufgeregt waren wie ich. Denn die unterschwellige Angst unterdrückten wir alle und machten stattdessen dem Nervenkitzel der Jagd platz.

DamienWhere stories live. Discover now