Capitolo quaranta

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Filana Monti

Ich wähle zitternd seine Nummer und hoffe auf eine Antwort. Ich brauche ihn. Gerade jetzt. Er darf mich nicht im Stich lassen. Er ist doch mein Ein und Alles? Weiß er denn nicht, was hier vor sich gegangen ist in seiner Abwesenheit? Es ging doch wie ein Lauffeuer rum, dass mich die Arsens töten wollten und somit Verrat begangen haben.
Ich bin wütend über sein Schweigen, aber ich brauche ihn dennoch an meiner Seite. Er hat bislang immer einen kühlen Kopf bewahrt. Unser Verhältnis hat sich schlagartig so sehr verändert, nachdem Felicia die weiße Fahne geweht hat und fort ist.
So vieles, was ich gerne rückgängig machen würde, wenn es ginge.

Wieder die Mailbox.
Ich bin enttäuscht. Er geht nicht mal an meine Anrufe dran. Was, wenn irgendwas schlimmes passiert ist?
Ist er der nächste, der mich verrät? Kann ich überhaupt noch jemandem trauen?
Plötzlich klopft es an der Türe und Matt tritt ein.

„Hallo", murmelt er unsicher und schaut auf den Boden.

Er kann mich nicht ansehen.

„Hallo", antworte ich trocken und werfe mein Handy krachend auf den Tisch.

Er zuckt zusammen und will den Rücktritt antreten, doch ich halte ihn auf.
Er ist immer noch hier, nachdem ich ihn so beleidigt habe...

„Mi dispiace (Es tut mir leid)", entschuldige ich mich aufrichtig bei ihm und laufe eilig auf ihn zu.

Er ist immer noch der Tür zugewandt und atmet schwer ein und aus.
Was ihm wohl jetzt durch den Kopf geht?

„Mir auch. Ich hätte auf dich hören sollen. Du bist mein Capo."

Vor einigen Tagen hätte ich ihm zugestimmt, aber heute ist etwas anders. Ich habe meine Meinung geändert.

„Ja, da hast du recht. Aber ich glaube, wir waren Freunde, bevor das alles passiert ist. Du wolltest mich und die Kinder nur retten. Ich hingegen wollte an jemandem festhalten, der nicht gehalten werden wollte."

Er schaut mich traurig an und nickt. Er weiß Bescheid.

„Wollen wir all das hinter uns lassen und uns vertragen, Matti Boy?", lächel ich leicht und halte ihm meine kleine Hand hin, welche sofort von seiner riesigen Hand ergriffen wird.

„Abgemacht!"

„Eine Sache hätte ich da noch", murmelt er unsicher und sofort beklemmt auch mich diese eine Sache.

Ich fürchte, ich weiß was nun auf mich zukommen wird.

„Die Babys. Deine Söhne. Sie haben noch immer keinen Namen. Sie brauchen dich. Die Männer sind am Ende mit ihren Nerven. Sie wurden ausgebildet zum Kämpfen, Filana. Nicht zum Babysitten."

Ich will mich abwenden, doch er greift nach meiner Schulter und zieht mich zurück.

„Wieso verachtest du sie so sehr?"

„Ich sehe Aurelio in ihnen", hauche ich leise und schaue in seine geweiteten Augen.

„Sie haben seine Nase, seine Augen und mit Sicherheit seinen Charakter."

Ich erinnere mich, wie ich sie das erste mal gehalten habe. Mein Lächeln verschwand und Angst überkam mich. Die letzten Augenblicke mit meinem Vater waren beängstigend. Er war nicht mehr er selbst.
Ich will diese Kinder nicht anerkennen, denn sie würden sich zu schnell an diese gefährliche Welt gewöhnen. Umso mehr dies passiert, desto schneller passen sie sich den Menschen hier an und niemand, wirklich niemand ist ehrlich oder aufrichtig. Sie würden zu schnell Waffen sehen, Blut, Geld und den ganzen anderen Scheiß, der hier täglich Thema ist.
Wie kann ich mit gutem Gewissen nun nach unten gehen, sie in den Arm nehmen und ihnen Namen geben? Ich hätte es für mein Leben anders gewollt.
Ich wäre froh, wenn man mich weggegeben hätte, damit ich in einer friedlichen Gesellschaft Großwerden hätte können. Aber der Zug ist abgefahren. Ich bin mitten drin. Der einzige Weg zu entkommen ist der Tod.

„Wovor hast du solch eine Angst? Du bist ein toller Mensch! Du erziehst sie gut, sorgst dich um sie und wirst sie auf den graden Weg bringen, Filana."

„Das weißt du nicht. Was, wenn ich sterbe. Wer kümmert sich? Kranke, besessene Kerle, die nur mehr Macht und Nutten kaufen wollen? Ich will sie weggeben!"

„Weggeben?! Das kannst du nicht machen", sagt er entsetzt und schüttelt wild den Kopf.

„Das haben sie nicht verdient", fügt er wütend hinzu, doch er versteht mich nicht!

Ich werde langsam auch wütend!

„Aber das hier- das haben sie verdient?!", schreie ich und zeige auf das ganze Anwesen hier, in dem viele Tüten und Kisten voll Kokain sind.

Das soll ein angemessener Ort sein?

„Ich kann nicht ändern, wer ich bin, was ich tu und was dafür nötig ist! Aber ich kann ändern, wer sie sein werden. Wie sie leben werden. Das war mir in dem Moment klar, als ich zwei wundervolle Leben aus mir gepresst habe. Sie können hier niemals bleiben. Und zwing mich bitte nicht in ihre Nähe zu gehen, denn je mehr Nähe ich zu ihnen aufbaue, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich es nicht durchziehe."

Ich sammle all meinen Mut zusammen und atme tief durch.

„Such mir Paare raus, die verzweifelt Kinder bekommen möchten, es aber nicht schaffen. Geben wir ihnen eine Chance auf Glück", flüstere ich und traue mich selbst nicht meinen eigenen Worten zuzuhören.

Ich tu es tatsächlich.
Ich gebe sie weg.
Es schmerzt mich unglaublich, aber es ist das Richtige.

Meine Unterlippe zittert und ich kämpfe gegen die Tränen, denn die Mutter in mir drin, will um sie kämpfen und selbst schützen, aber das schafft niemand.

Dieser Ort hier... er ist die Hölle. Überall befinden sich giftige Schlangen und heimsuchende Dämonen, die nur darauf warten dich anzugreifen.
Und leider Gottes bin ich der Teufel persönlich. Ich richte über all die Kreaturen und werde mich an denen rächen, die mich versucht haben, zu verraten.
Mein Feuer wird glühen und alle niederbrennen.
Ich tu es für mein Haus.
Ich tu es für meine Familie.
Ich tu es für mich.

„Matt!", rufe ich ihn zurück, während er dabei war die Treppen mühselig runter zu laufen.

„Ja?", fragt er glücklich, da er wahrscheinlich denkt, ich habe es mir anders überlegt.

Dem ist nicht so.

„Trommel den V-Trupp zusammen. Ich werde auf Jagd gehen", knurre ich und sehe Aiden und Milan vor mir.

„Du- Wird es jetzt Krieg geben?", murmelt Matt schockiert und lockert seine Krawatte um seinen Hals.

„Es wird Krieg geben. Aber nur eine Seite wird vernichtet. Die Arsens trampeln mir schon zu lange auf der Nase herum. Wird Zeit, dass ich sie zermalme und mir meinen Respekt wieder hole."

Matt nickt und zückt sein Handy.

„Das werden sie niemals überleben", haucht er grinsend und klopft auf seine Brust.

„Ich stehe dir bei und werde dich bei jedem Schritt unterstützen!"

Wissend nicke ich und versinke in Träumereien, wie ich hasserfüllt mein gezacktes Messer in ihn steche, herausziehe und Milans Gedärme mit mir nehme.

Obsession- Die Zeit renntWhere stories live. Discover now