Capitolo tredici

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Filana Rodriguez

Ich weiß glaube ich noch nicht, wie schlimm meine jetzige Situation ist. Ich sitze hier gelassen und lasse mir Männer vorführen, warum und weshalb sie eingesperrt wurden.

„Dieser hier wurde wegen Raub an einem Mitglied festgenommen", stellt Matt die x-te Person vor und reizt mich ein wenig.

„Matt, bei allem Respekt. Hat hier irgendjemand etwas schlimmeres verbrochen, als wen beraubt zu haben? Haben sie deshalb den Tod verdient?!", frage ich ihn wirklich interessiert und merke, wie die ach so schlimmen Männer heftig zusammen zucken, als ich den Tod erwähnt habe.

Aber wer kann es ihnen verübeln? Sie wissen nicht, was mit ihnen und ihren Familien geschehen wird. Ich weiß es ja selbst nicht einmal...
Aber ein Raub scheint mir kein schlimmes Verbrechen zu sein. Zumindest keins, weshalb man einen grauenvollen Tod verdient. Das scheint nicht fair!

„Filana Monti. Was ist für dich ein wahres Verbrechen? Hilf mir doch auf die Sprünge!"

Matt sieht mich flehend an und sieht aus, als würde er wirklich versuchen mir zu helfen. Ich weiß es doch selbst nicht. Was ist ein wahres Verbrechen?

„Jemand der ohne Scham lügt und damit die Familie verrät. Ein Mann, der Ehebruch begeht und seine Frau nicht an erste Stelle stellt", murmele ich gedankenverloren, erziele somit aber sofort Matts und von den anderen Männern die Aufmerksamkeit.

„Bingo", nuschelt Matt, tippt etwas auf seinem Telefon ein und verschwindet sofort.

„Ich fühle mich nicht wohl dabei", sage ich zu den Männern und aus irgendeinem Grund fühle ich mich ihnen vertraut.

Ich kenne ihre Namen nicht, weiß nicht wie alt, wie schwer, oder wie groß sie sind, aber ich weiß, dass sie mich beschützen werden. Ich vertraue ihnen.

„Brauchen Sie nicht. Diese Männer haben ihren Weg gewählt. Egal, wer es heute werden wird- er wird es verdient haben und eine Warnung an alle anderen dort draußen sein", antwortet mir ein älterer Mann liebevoll und schenkt mir ein sanftes Lächeln.

Meine Augen hellen sich auf und nicken ihm dankend zu.
Man hört immer nur schlechtes von der Mafia. Sie wäre ja so skrupellos und heimtückisch. Ja das stimmt, aber es gibt auch Menschen, wie uns. Wir wollen keinem weh tun. Wir wollen nur unsere Familie beschützen und Rang und Ordnung halten. Es gibt auch Menschen, wie diesen Mann vor mir, der mich liebevoll daran erinnert hat, dass es auch gute Seelen gibt. Ich bin dankbar für solche Momente. Sie zählen so viel.

„Geht was essen. Ruht euch aus. Wenn es soweit ist, lasse ich es euch wissen", lasse ich sie frei und beobachte, wie sie glücklich ihre Waffen in den Hosenbund stecken und in die Küche spazieren. Beinahe hätte ich gefragt, ob ich ihnen was kochen soll, aber dann würde man meine Autorität in Frage stellen.

Ach scheiß drauf.

„Bestellt ihr euch was, oder soll ich was kochen für alle?", frage ich sie und laufe ihnen hinterher.

Sie drehen sich alle sofort um und schauen mich geschockt bis entsetzt an.
Sofort bereue ich es und werde nervös.

„Ich- Ähm", stottere ich und weiß gar nicht, wie ich diese Schwäche wieder zurück nehmen kann.

„Sie sind so ein liebevoller Capo... wir bestellen für uns und Sie. Mile Grazie."

Sie bedanken sich alle und verschwinden mit einem Lächeln im Gesicht.
Ist das gerade wirklich passiert?
Ich zeige mich wie eine Mama, was als Capo eine Schwäche ist, und werde nicht ausgelacht?
Ich streiche behutsam über meinen Bauch und fange unbewusst an zu lächeln. Ob sie auch dankbar sein werden, wenn ich versuche für sie da zu sein?

-

Es verging mittlerweile eine ganze Stunde, die Männer haben sich satt gegessen und ich stochere in meinen Lachsnudeln herum. Ich weiß nicht, wie ich mir die Zeit vertreiben soll. Ich bin voller Sorge, was mit meiner Familie passiert ist, darf mich jedoch um ein Ritual kümmern.
Wenn sie tot sind wird mir das Ritual meine Familie auch nicht wieder lebendig machen!
Das macht mich so wütend! Ich kann nichts machen, mir sind die Hände verbunden. Ich kann nur sitzen und warten, bis ich über ein Schicksal richten darf.
Ich bin ein Monster!
Wie soll ich mit so einem Gewissen eine liebende Mutter sein?

„Filana!", ruft mich Matt und erweckt meine volle Aufmerksamkeit.

Die Männer und ich stehen auf und verlassen gemeinsam die Köche.
Plötzlich reißt man mir den Boden unter den Füßen weg. Vor mir steht Matt mit einem kleinen Jungen vor mir.

„Wie alt ist er?!", schreie ich ihn an und bin völlig entsetzt.

„9. Er hat seine Mutter umgebracht."

„Nein! Das stimmt nicht", fängt der Junge an zu weinen und schnieft seine Nase ganz laut.

Es zerreißt mir das Herz ihn so zu sehen. Nenn es Muttergefühle, aber ich könnte diesem wehrlosen Jungen nie etwas anhaben. Selbst wenn er ein Dorf ausgelöscht hätte.
Ich bin so erbost über Matt!

„Du spinnst ja total! Sind wir so verzweifelt, dass wir ein Kind opfern müssen?!"

„Nein! Bitte nicht! Ich will nicht sterben!", schreit der Junge und weint sich verzweifelt seine Augen aus.

„Bring ihn sofort hier weg! Und komm nicht auf die Idee ihn einzusperren! Gib dem Jungen eine Chance sein Leben zu leben!"

Matt schaut zwar enttäuscht und etwas grimmig drein, doch das ist mir egal. Kinder sind nach dem Omertà Gesetz das A und O. Das sollte Matt eigentlich wissen.

Er rauscht mit dem Kind davon und hinterlässt einen geschockten Raum. Selbst die Männer sind entsetzt und hatten keine Worte für das vorgefallene. Verrückt ist diese Welt.

Ich möchte mich gerade erschöpft auf mein Zimmer begeben, da öffnet sich quietschend eine Tür. Ich höre, wie die Männer zur Waffe langsam greifen und starr an die Tür starren.
War das Matt?
Der Schatten im Dunkeln wird immer größer, bis plötzlich eine Person eintritt.

Mit Entsetzen stelle ich fest, dass er es ist.

„Du...", hauche ich und schaue in sein abartiges Gesicht.

„Sag ihnen lieber, dass sie die Waffen runternehmen sollen. Tu was dein Ehemann sagt", murmelt er frech und schließt mit einem lauten Knall die Türe hinter sich.

Obsession- Die Zeit renntWhere stories live. Discover now