Capitolo trentasei

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Filana Rodriguez

Mein Herz springt mir fast raus und mein Puls ist so schnell am rasen, dass ich es bis in meine Ohren spüre.
Meine Beine werden bei jedem Schritt, welcher dem Haus näher kommt, immer weicher und weicher, bis ich an der Veranda angekommen bin und sofort den Atem anhalte.
Ich starre durch den offenen Tür Spalt hindurch und versuche etwas zu erkennen, doch ich sehe nichts.
Bitte, wenn du noch lebst Milan, dann gib ein Zeichen!
Auf wen ging der Schuss? Wurde überhaupt wer verletzt?

Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde die Tür leise quietschend geöffnet und ein schwarzer Stiefel trat mir in die Sicht.
Nicht Milans Stiefel.

„Hallo, Kleines", schnurrt Aiden, der im ganzen Gesicht Blut verschmiert hat.

Seine Augenringe machen mir am meisten Angst. Oder doch sein unheimliches Lächeln? Alles an ihm wirkt ausladend und gefährlich. Er tapst in Zeitlupe auf mich zu, um mir unauffällig näher zu kommen. Dennoch rühre ich mich nicht vom Fleck. Ich habe nicht um mich Angst, sondern um Milan.

„Wo ist er?", frage ich mit brüchiger Stimme.

Will ich die Antwort wissen?

„Ich hab eine Idee", schreit er fast und fängt an wie ein Irrer zu kichern.

Er schnieft und reibt sich mehrmals die Nase.
Seine Augen wirken kalt und leer, als wenn kein Stück Seele in ihnen vorhanden wäre. Und um ehrlich zu sein- das glaube ich. Es ist schon zu spät für ihn. Er hat seinen Weg gewählt und das nicht weise.

„Wir spielen ein Spiel. Verstecken. Ich gebe dir 30 Sekunden Zeit und dann suche ich dich. Finde ich dich, stirbst du."

„Und findest du mich nicht?", frage ich ihn unbeeindruckt.

„Dann hattest du Glück und dein Todestag wird verschoben."

„Wie erfahre ich dann, ob Milan lebt?! Willst du mich verarschen, du scheiß Heuchler?"

„Gar nicht. Er ist tot", zischt er und dreht sich um.

„Spiel lieber mit", murmelt er unverständlich und hält sich nun seine Augen zu.

Er lügt mich an. Wieso sollte er ihn einfach so umbringen? Das würde sein Onkel nie zu lassen. Er will mich nur verängstigen. Aber das wird nicht passieren.
Wie ein kleines Kind wippt er hin und her und zählt dabei laut los.

„Eins!"

Das war mein Stichwort. Ich muss hier lebend rauskommen und Matt finden. Danach werde ich mir einen Plan ausdenken, wie ich mit meiner Mafia und ihrer Unterstützung, den Arsen Clan zu stürzen. Endgültig. Ich fange mit Aiden und Milans Vater.

Wie vom Teufel gejagt pirsche ich durch den dunklen Wald. Es ist so gut wie nichts mehr zu erkennen. Äste peitschen durch mein Gesicht, verheddern sich in meinen Haaren und reißen beim weiter rennen einige mit heraus. Ich bin verwundert, wie schnell ich rennen kann, wenn es um Leben und Tod geht. Ich habe keine andere Wahl, als nun mit aller Kraft zu rennen.
Ich höre nur das Knacken der Äste unter mir und Aidens, durch den Wald hallende, Stimme, wie er nun „28" brüllt.
Ich bereite mich auf das Kommende vor. Er wird unfair spielen. Das weiß ich, aber ich würde nicht Filana Monti heißen, wenn ich nicht auch unfair spielen kann. Ich bin die Tochter des Mannes, der nicht unfairer hätte spielen können. Er war der Teufel in Person und er wusste, wie man die Schwächen gegen einen einsetzen konnte. Aidens Schwäche war die Liebe. Sofern nicht alles erlogen war von ihm, werde ich ein oder zwei Angriffspunkte haben. Aber was dann? Warten, bis einer die Waffe erlangt und den Abzug betätigt? Ist das das Leben, wovon alle träumen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss doch mehr geben! Ist Ruhm, Macht und Geld denn so viel wert, dass man glatt Kriege anfängt? Gott schenke ihnen Gehirne und ein wenig Vernunft! Doch würden sie dies bekommen, wäre das Verwenden dieser Geschenke das letzte, was sie je tun würden. Sie würden ein Gehirn und Vernunft lieber als Waffen verwenden, um sich damit zu beschmeißen.
Dabei könnte man so leicht eine psychische Waffe entwickeln, die durch jeden Panzer kommt.

„Hab ich dich!", zischt eine leise Stimme hinter mir.

Vor Schreck will ich laut aufschreien, doch sofort presst sich eine Hand auf meinen Mund.
Milan!

„Ich hab überall nach dir gesucht", murmelt die Stimme weiter und mit jedem weiteren Ton, schwindet meine Hoffnung, dass es Milan ist.

„Matt, dein treuster Ergebener, zu euren Diensten", flüstert er lächelnd und plötzlich fühle ich mich so niedergeschlagen und einsam.

Ist Milan vielleicht doch tot? Nein! Das ist er nicht. Niemals. Er soll noch die Chance haben, das zu tun, was er all die Jahre nicht konnte. Sich von seinem Vater losreißen und endlich erfahren, wie Selbstbestimmung schmeckt.

„Matt", murmel ich abwesend und kann leider keinen Funken Freude zeigen.

Ich kann nichts vorspielen und leider ist die Enttäuschung, dass es nicht Milan ist, größer als die Freude, dass Matt endlich da ist.

„Du richtest eine Menge Unsinn an, wenn keiner achtet kann das sein?", fragt er belustigt und tätschelt meinen Kopf sanft, als plötzlich ein Klicken ertönt.

Aiden steht schwer atmend hinter ihm und wischt sich mit seiner freien Hand den Schweiß von der Stirn, der ihm kullernd herunter rollt.

„Entscheide dich! Er oder du?"

Obsession- Die Zeit renntWhere stories live. Discover now