Capitolo venticinque

219 10 7
                                    

Milan Arsen

Leise knie ich mich hin und versuche so wenige Geräusche, wie möglich, von mir zu geben.
Im Hintergrund spielt Swan Lake von Tchaikovsky zu der Filana hin und her wippt. Sie ist seit einer halben Stunde wach und kann nicht mehr einschlafen, obwohl wir bereits 3:48 Uhr haben. Ich bewundere ihre friedliche und sorgenfreie Art, obwohl sie verfolgt wird. Wieso versteckt sie sich nicht im Zimmer, verschließt alles und ist verängstigt? Sie ist hier, ganz alleine! Mein Herz rast, wenn ich daran denke, dass man hier so leicht einbrechen kann und ihr Gott weiß was antun könnte. Niemand, außer ich, darf ihr zu nahe kommen...

Ihre zierliche Figur reizt meinen männlichen Verstand. Ein durchsichtiges Kleid ist nicht für eine einsame Frau gemacht... Mein Inneres knurrt und brüllt nach ihr, setzt mich unter Druck schnell zu ihr zu gelangen. Ich darf nicht schnell bei ihr sein...
Wie ein Tiger schleiche ich mich über den Boden hinweg, um ihr immer und immer näher zu kommen. Sie ist so damit beschäftigt aus dem Fenster zu schauen und das nächste Lied spielen zu lassen, dass sie überhaupt keinen Schimmer hat, dass ich ihr nur wenige Meter entfernt gegenüberstehe.
Meine Hände schwitzen vor Aufregung, denn gleich hängt alles von mir ab. Nervös drehe ich den Gegenstand in meiner Hand herum und suche verzweifelt nach einem anderen Weg.

Ich bin nur noch einen Schritt von ihr entfernt, sodass sie plötzlich mein Gesicht in der Fensterspiegelung sieht. Panisch will sie sich umdrehen, doch sofort nehme ich sie in den Schwitzkasten.

Tränen laufen mir über meine Wange. Ich will das nicht tun.

„Gott! Hilf mir!", schreie ich verzweifelt und hoffe auf Hilfe.

Es wird nur keine kommen. Für niemanden.
Filana windet sich unter mir und ist ängstlich am Schluchzen.
Ich kneife meine Augen feste zu und drehe erneut den Gegenstand in meiner Hand, bis ich die scharfe und kalte Klinge spüre.
Ich will das nicht tun.

„Bitte! Lass mich los!", schreit sie weinend und versucht alles, um sich zu befreien.

Sie beißt in meine Hand, kratzt meinen Arm auf, doch nichts wird ihr helfen. Ich empfinde keinen Schmerz mehr. Meine Haut ist mit Narben übersät, die meine Tattoos überdecken. Meine Seele ist dunkel. So dunkel, dass ich mich selbst fürchte! Ich verliere einen Teil meiner Seele und ich kann nichts dagegen tun! Ich werde gezwungen so zu sein. Ich bin nicht mehr Herr der Lage. Wie auch?

Ich falle auf die Knie und schaue nach oben.
Du bist ein Monster.

„ICH BIN KEIN MONSTER!", brülle ich und sinke immer mehr.

Ich versuche doch nur ein guter Mensch zu sein! Wieso gelingt es mir nicht? Wieso versage ich immer und immer wieder? Ich bin ihr einfach gefolgt! Wie ein Wahnsinniger! Und jetzt soll ich sie... verstummen lassen?!
Der nächste Moment geschieht schnell, so schnell, dass ich glaube zu halluzinieren.
Filana stößt sich mit aller Kraft von mir, greift in ihre Tasche, um nach ihrer Waffe zu greifen, doch schon stehe ich bei ihr und drücke sie gegen die Wand.

„Tu das nicht!", zischt sie völlig außer sich und schaut um sich.

Nichts wird dir helfen...

„Wir sind dazu verdammt zu sterben, Filana. Lass mich dich erlösen", hauche ich in ihren Hals und ziehe ihren warmen Körperduft ein.

Ihr Puls rast schnell.

„Nur du hast es verdient zu sterben. Du bist ein schlimmer und grausamer Mann!"

Ihre Worte verletzen mich. Ich bin kein Monster...
Ich rutsche wieder in das Loch! Ich ertrinke! Wieso sieht das niemand? Wieso verlangt er weiterhin von mir ein Monster zu sein? Wieso ist er nicht dankbar für die Opfer, die ich ihm bereits gebracht habe?

Meine Augen sehen nur noch alles verschleiert und doppelt. Ich kämpfe mit mir bei Bewusstsein zu bleiben, doch es fühlt sich an, als würde ich immer mehr in den Hintergrund rutschen und die Kontrolle verlieren.
Mein innerer Dämon bekommt die Kontrolle und ich fürchte mich vor dem kommenden.
Ich schreie in der leeren Körperhülle, dass sie wegrennen soll, aber ich bin gefangen. Ich sehe auf ihre schmale Gestalt herab und fühle nichts.
Kein Mitleid, keine Angst und keine Scham.
Nur eines.
Begierde.

Meine Hand gleitet langsam über ihren Körper, ertasten ihre Kurven und halten an ihren Brüsten an.
Sie windet sich unter mir, was mich nur noch mehr antreibt. Ich greife fest zu und bin völlig von Sinnen. Mein Herz rast und der Schleier vor meinen Augen wird größer.
Ich gleite weiter hinunter und will meine Finger in ihrer Mitte versenken, doch plötzlich beginnt meine Stirn zu pochen.
Ich lasse sie los und fasse mir an meine Stirn. Etwas warmes läuft mir herunter und tropft zu Boden.
Als ich hoch schaue ist Filana weg.

„Filana!", versuche ich zu schreien, aber nicht mal das kann ich mehr tun.

Meine Kraft schwindet und krachend falle ich wie ein toter Käfer zu Boden.
Ich höre sie schreien und eine Vase zerbrechen.
Schwere Schritte stampfen über den Boden. Sie halten vor meinen Augen, ehe sie weiterlaufen.
Filana...

Obsession- Die Zeit renntWhere stories live. Discover now