Capitolo ventotto

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Milan Arsen

„Weißt du was, Aiden?", frage ich ihn und komme immer noch nicht drauf klar.

„Was?", brummt er wütend und schraubt sich schon zum zehnten Mal die Sitzheizung hoch.

Sein Arsch muss doch brennen!

„Du hast nachgelassen."

Er seufzt und wendet sich nur ab. Und er soll den Titel „Bester Kopfgeldjäger" haben? Überhaupt nicht verdient, aber was weiß ich schon...

„Und du stehst immer noch unter den Pantoffeln deines griesgrämigen Vaters", stellt er provokant fest und fängt an leise zu lachen.

Mein Herz zieht sich zusammen. Er hat recht, aber ich möchte es nicht wahrhaben. Ich bin ja selbst verzweifelt. Ich weiß nicht, wie ich jemals von ihm los kommen kann, ohne dass er stirbt. Aber ich fürchte, dieser Versuch würde mein Leben schnell beenden- sehr schnell.

„Da sagst du jetzt nichts mehr?"

Natürlich sage ich nichts mehr? Was soll ich den schon sagen? Er hat recht, da gibt es nichts zu kommentieren. Er hat ins Schwarze mit seiner Aussage getroffen. Ende.

„Warum folgst du ihr?", fragt er mich und wendet sich mir endlich wieder zu.

Ich hingegen schaue still schweigend auf die Straße und fahre so schnell, als wenn der Teufel mir an den Versen hängt.

„Nicht nur du hast eine Aufgabe."

„Das zählt nicht!", ruft er beleidigt und schaut wieder aus dem Fenster raus.

„Nein? Wieso nicht? Weil nur du herzlos sein darfst?", frage ich ihn frech und haue wütend auf das Lenkrad.

„Genau. Ich war von uns beiden schon immer der Henker. Du warst der liebe Bär, der so gerne Liebe haben wollte, aber keine bekam", murmelt er und senkt den Blick.

„Du denkst immer noch, dass es deine Schuld war, oder?"

Was meint er?
Du weißt, was er meint.

Langsam schließe ich kurz meine Augen und richte sie kurz danach wieder auf die endlose dunkle Straße.

„Nein", lüge ich ernst, obwohl er wieder ins Schwarze getroffen hat.

Er konnte mich schon immer lesen.

„Du lügst. Du denkst, dass ihr Tod hätte verhindert werden können. Durch dich. Aber du musst akzeptieren, dass du da nicht involviert warst, Milano. Man wollte, dass du an dem Tag fort bist."

„Schleimst du dich gerade ein, Alter?", witzel ich, während ein Haufen von Schuldgefühle an meiner Oberfläche nagen und um Einlass bitten.

Zu oft habe ich ihn diesen gewährt, habe tagelang traurig auf dem Boden gelegen und mir eine Droge nach der anderen reingezogen. Für was?

„Fahr ran. Rede mit mir", befiehlt er mir und zeigt auf die rechte Seite.

Widerwillig fahre ich ran. Es wird zunehmend düsterer und die Bäume über uns wehen mit dem Wind.
Nun stelle auch ich die Sitzheizung auf volle Leistung und greife nach meinem Twix.

„Wir sind eine Familie. Nur weil wir verschiedene Posten haben, heißt das nicht, dass wir uns hassen dürfen!"

Ich nicke verstehend, denn ich weiß, dass er recht hat. Ich hasse ihn auch nicht. Ich habe nur all die Jahre eine Abneigung verspürt gegen ihn.

„Tu nicht so, als wenn du mir zustimmen würdest! Du hast mich vor 3 Jahren versucht zu töten!"

„Du Idiot! Das würde ich nie! Ich wollte auf deine tolle Dame schießen!", schreie ich wütend und fange sofort an Scherer zu atmen.

Ich hasse es immer ins falsche Licht gestellt zu werden! Ich bin kein Monster!

„Ich bin kein Monster!", spreche ich meine Gedanken laut aus und merke, wie mein Magen sich sofort zusammenzieht.

„Wieso das?! Was hat Elle dir getan?!", brüllt er völlig außer sich und läuft rot an.

„Sie ist eine Schlange! Sie liebt dich nicht, sie will nur von deinem Profit leben! Genauso wie Lisha mit Massimo! Du jagst eine unschuldige, die dem Ehrenkodex gehorcht hat! Verrat wird bestraft und zwar mit dem Tod!"

„Muss ich dich wirklich belehren?", füge ich fragend hinzu und schaue ihn mit strengen Augen an.

„Du hättest beinahe drei Seelen getötet! Drei! Zwei kleine Babys verdammt!", schreie ich und reibe mir durch mein Gesicht.

Das alles macht mich fertig. Ich würde so gerne einen kleinen Knopf haben, der alles für dich erledigt und in Ordnung bringt. Ein Knopf, der die Zeit zurück drehen kann. Das wärs.

„Oh, Prince Charming? Dann erklär mir doch mal, was du mit ihr vor hattest? Hatte Vater nicht vor, sie von dir einsammeln zu lassen, um sie selbst umzubringen? Nur um im guten Licht für andere Mafiosi zu stehen? Heuchler!"

Er hatte ja recht. Verdammt, wie oft hat er denn noch recht? Soll ich allen Ernstes immer und immer wieder den selben Fehler machen?
Filana ist das, was ich schon immer wollte! Und ich zerstöre das! Ich wollte sie einfach ausliefern, als wäre sie mir nichts wert! Als wären sie und ihre ungeborenen Kinder Dreck, der entsorgt werden muss. Verdammt!

„Hilf mir. Wie soll ich da rauskommen?", frage ich ihn flehend und merke, wie verzweifelt mein Inneres eigentlich ist.

Ich will nur Frieden, Ruhe und Glück. Wieso werde ich immer dieser Dinge beraubt?? Wieso werde ich immer von ihm daran erinnert, dass ich ein Monster sei? Liebt er mich denn gar nicht? Hat Filana recht? Gibt es bei uns keinerlei Liebe? Selbst zwischen mir und Aiden sind ungeklärte Dinge, die immer noch zwischen uns stehen und uns auseinander halten, obwohl wir enger denn je zusammen wachsen sollten. Nein- stattdessen bekriegen wir uns gegenseitig!

„Bring nicht Filana um", murmelt er leise und dreht sich plötzlich ganz nah zu mir herum.

„Bring ihn um", flüstert er trocken und nickt aufmunternd.

Ihn umbringen? Das darf nicht sein Ernst sein!

„Aiden!"

„Na dann fick dich doch! Dann liefer die halt aus und töte 3 Seelen! Aber lass dir eines gesagt sein. Bist du hinter ihr her, bist du auch hinter meinen Eiern her! Vergiss das nicht", brummt er und steckt sich seine AirPods in die Ohren, um das Gespräch mit mir schnell zu unterbinden. Aber wie kann er das nur tun? Jetzt? Wo er so eine Bombe in den Raum gesoffen hat! Das war typisch Aiden!
Erst essen bevor es stinkt!

„Liebst du Elle wirklich?", frage ich ihn denn ich weiß, dass er noch keine Musik an hat.

Er hat keinen Akku mehr.

„Sie sagte, es gibt in unserer Welt keine Liebe", haucht er und zitiert Filana wieder.

„Sie ist nur ein weiterer Stein auf meinem Weg..."

Obsession- Die Zeit renntWhere stories live. Discover now