Kapitel 35.2. - Dead Ends In My Mind

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Es waren Bilder aus meiner Kindheit. Mein Vater. Meine Mutter. Jonathan. Unser Anwesen umgeben von grünem Wald. Bäume. Pflanzen. Alicante aus der Ferne.

Und dann kamen die Erinnerungen mit einem Mal zum Stillstand. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Für einen Moment sah ich nichts als weiß, bis Jonathan vor mir auftauchte. Er hatte mir den Rücken zugewandt und als würde er mich auf einmal bemerken, drehte er den Kopf und schaute über seine Schulter hinweg zu mir herüber. Ein triumphierendes Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus und seine weißen Zähne blitzten im hellen Licht, das von überall gleichzeitig herzukommen schien. Beinahe automatisch glitten meine Augen an seinem Körper hinab. Er hielt Mellartach in seiner rechten Hand.

Das Heft des Engelsschwerts war blutgetränkt und kurz fragte ich mich warum. Erst den Bruchteil einer Sekunde später fiel mir der Körper auf, der vor Jonathan auf dem unsichtbaren Boden lag. Es war der Leichnam einer Frau mit langen roten Haaren. Ihre aufgerissenen, smaragdgrünen Augen jagten einen heißen Schauer über meinen Rücken, der sich anfühlte wie hunderte Dolchstöße. Ich stolperte rückwärts, fort von meiner Mutter und fort von Jonathan. Der Schrei, der sich in meiner Kehle formte, war heiser und trocken. Jonathan lachte zufrieden. „Jetzt ist die Welt endlich wieder im Gleichgewicht."

Als ich den Mund öffnete, um den Schmerz aus meinem Körper zu entlassen, peitschte mir ein eisiger Wind entgegen, der jeden meiner Gesichtsmuskeln einzufrieren schien. Die kalte Luft bahnte sich ihren Weg in meine Lungen. Ich hustete und blinzelte mehrmals. Schnee flog mir in die Augen. Meine Knie gaben unter meinem Gewicht nach. Ich suchte nach Hilfe, doch alles, was ich vor mir fand, war ein Grabstein mit dem Namen meiner Mutter darauf.

Wieder versuchte ich zurückzuweichen, aber der Schnee, in dem ich kniete, hatte seine Hände bereits um meine nackten Beine geschlungen und hielt mich an Ort und Stelle fest. Hinter dem Grab stand eine dunkle Gestalt. Wieder war es Jonathan. Diesmal zierte kein Lächeln seine Lippen. Sie bebten und er hatte sein Gesicht zu einer Maske des Zorns verzerrt. Er bewegte sich keinen Zentimeter, aber das brauchte er auch nicht.

Seine pechschwarzen Augen fixierten mich wie der Bogen sein Ziel, als er seinen Mund auseinanderriss, um mich anzuschreien. „Für deinen Verrat wirst du bezahlen, Schwesterherz. Ich werde sie alle töten, jeden einzelnen deiner erbärmlichen Freunde und du wirst dabei zuschauen. Und dann, wenn sie alle tot sind, dann wirst du sterben."

„Dann töte mich", flüsterte ich und spürte die Tränen auf meinen Wangen. „Nichts hält mich hier. Es gibt nichts wofür es sich zu kämpfen lohnen würde."

Der Sturm um uns herum war laut und unbarmherzig und doch erreichten meine Worte seine Ohren. Jonathan hob Mellartach in die Höhe und streckte es nach mir aus. Die nun silberglänzende Spitze berührte den Punkt zwischen meinen Schlüsselbeinen. „Diese Gnade musst du dir verdienen."

Ein weiterer kräftigerer Wind wehte um uns herum und wirbelte den Schnee von den Gräbern auf. Die Sicht um mich wurde weiß und Jonathan, der nur wenige Meter vor mir gestanden hatte, verschwand hinter der Wand aus ewigem Eis. Einen Augenblick lang hockte ich allein im Schnee, dann hörte das Zischen des Sturmes endlich auf und als ich aufschaute, war der Winter und jede Spur, dass er jemals existiert hatte, verschwunden.

Unter mir erstreckte sich die Höhle unter dem Anwesen der Waylands. Ich schwebte weit oberhalb der Metallkäfige und starrte auf eine Kopie meiner selbst hinab, die gemeinsam mit Jace und Adam vor dem Engel stand, geschockt und überwältigt von seiner Existenz. Er sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. „Ithuriel."

Unter mir erwachte Jace aus seiner Regungslosigkeit und drehte sich zu Clary um. „Du musst ihn befreien." Clary nickte und ließ sich vor den Runenkreis fallen, die Ithuriel umgab. Die Runen liefen in fließenden Bewegungen über den körnigen Boden und dann breitete Ithuriel seine Schwingen aus, die mich eher an die eines Dämons erinnerten. Er stieß sich sein Schwert in die Brust und alles um sie herum explodierte in einem grellen Licht. Die Höhle bebte unter Clary, Jace und Adam. Ich schaute ihnen fasziniert zu, wie sie panisch nach einem Ausweg suchten, dass ich den Brocken zu spät wahrnahm, der mich überraschend an der Schulter streifte und mich mit sich in die Tiefe zog. Meine Finger flogen nach oben, im Versuch die Luft zu greifen. Steine begruben meinen Körper unter sich und ich konnte gerade noch den Kopf drehen, um nach Hilfe zu rufen, als Clary das Portal erschuf. Seine Funken glühten in der sich ausbreitenden Dunkelheit der Höhle. Adam rannte hindurch, aber Clary gelang es nicht aufzustehen. Jace musste nach ihrem Arm greifen und sie auf die Beine zerren. Er zögerte keine Sekunde, als er mit Clary auf den Armen durch das Portal schritt. Es löste sich hinter ihnen in Luft auf.

The Rise Of The Morningstar (Clace)Where stories live. Discover now