Kapitel 29 - Training

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Kapitel 29 – Training

Die nächsten Tage verliefen ruhig, auch wenn sie nicht wirklich angenehm waren. Nachdem Maryse sicher war, dass mir nach meinem Zusammenbruch in der Trainingshalle nichts fehlte, konnten wir schließlich mit dem Training beginnen. Es war ein ausdrücklicher Wunsch der Inquisitorin gewesen, dem ich nicht wirklich gerne nachkam. Ich wollte ihnen meine Fähigkeiten und Talente nicht vor Augen führen. Mehr als einmal hatte ich darüber nachgedacht, absichtlich schlechter zu kämpfen und mein Können so vor ihren gierigen Augen zu verschleiern. Aber das war nicht mein Stil. Eine Morgenstern sollte sich nicht so herabwürdigen.

Es stellte sich heraus, dass Kadir Safar unser Trainer war. Er war der launenhafte der beiden Safar-Brüder. Allein die Vorstellung, sich mit ihm im selben Raum zu befinden, ließ mir vor der ersten Trainingsstunde die Nackenhaare auffahren. Nicht weil ich mich vor ihm fürchtete, sondern weil ich bei ihm jederzeit mit einem Messer im Rücken rechnete. Wir waren bei unseren letzten Begegnungen mehr als einmal angeeckt und er hatte mir deutlich gemacht, was er von mir hielt.


Doch es stellte sich heraus, dass ich mir keine Sorgen hätte zu machen brauchen. Kadir entpuppte sich als ein sehr geduldiger Mann, der sich keine Art von Emotion – ob negative oder positive – anmerken ließ. Auch wenn ich zu Beginn etwas misstrauisch gewesen war, hatte er wohl von oben den Befehl erhalten, mich ordentlich zu behandeln. Und das tat er auch. Anders als bei unseren letzten Begegnungen kam ihm kein gehässiger Spruch über die Lippen. Überhaupt sprach er nur sehr selten.

Die erste Trainingswoche hatte daraus bestanden, dass wir verschiedene Tests über uns ergehen lassen mussten. Schwertkampf, Messerwerfen, sogar Fremdsprachen. Kadir hatte einen Überblick über meine Fähigkeiten im Vergleich zu Jace und Adam haben wollen, mit dem er arbeiten konnte. Es war nicht so schlimm gewesen, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Was stattdessen unangenehm gewesen war, war die Situation zwischen mir und Adam. Nach unserem Streit hatten wir kein Wort mehr miteinander gewechselt. Unsere erste Begegnung war im Trainingsraum gewesen. Wir hatten jedoch keine Zeit zu reden. Aber selbst, wenn wir allein gewesen wären, hätte ich keine Anstalten gemacht, wieder Frieden mit ihm zu schließen. Die Wut in meinem Bauch war nach der Beerdigung meiner Mutter nicht verraucht. Jedes Mal, wenn ich ihn anschaute, sah ich seine flehenden ehrlosen Augen in meinem Kopf und mir wurde schlecht.

Auch mein Verhältnis zu Jace hatte sich nicht gebessert. Der kurze Ritt vom Friedhof der Schande bis zurück zum Haus der Lightwoods hatte gereicht, um seine Gesichtszüge – und wahrscheinlich auch jegliche Gefühle – wieder zu Eis gefrieren zu lassen. Er war vom Pferd abgestiegen und hatte mir seinen kalten teilnahmslosen Blick zugeworfen, als hätte er an meiner Stelle eine halbe Stunde dort im Schnee gehockt und auf eine Erlösung gewartet.

Ich wusste nicht, was heute auf dem Trainingsplan stand, als ich die Halle betrat. Adam und Jace waren bereits da. Sie saßen nebeneinander auf einer der Trainingsmatten, sprachen jedoch nicht miteinander. Ich sah sie nur selten miteinander kommunizieren. Eigentlich hätte ich erwartet, dass die beiden sich besser verstehen würden, im Anbetracht, dass sie einige Zeit gemeinsam im Institut gelebt hatten. Sie grüßten sich, sprachen aber sonst nur, wenn es etwas Wichtiges zu bereden bedarf. Unsere kleine Reise in den geheimen Todeskeller meines Vaters hatte sie wohl nicht zusammengeschweißt. Ich konnte es ihnen nicht verübeln.

Schweigend nickte ich beiden zu und setzte mich mit einigem Abstand neben Jace, als Kadir die Tür hereingetrabt kam. Ich sah ihn selten langsamer gehen. Die meiste Zeit joggte oder lief er umher. Beinahe gleichzeitig salutierten wir vor Kadir. Er blieb in einigen Metern Entfernung vor uns stehen und der aufgeweckte Ausdruck in seinen Augen verriet, dass wir heute etwas anderes machen würden.

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