Sammler schöner Erinnerungen

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Paul schloss mir die Tür zu Richys Wohnung auf.

„Lea, du solltest wissen, dass du Richy viel bedeutet hast, er hat dich immer geliebt wie eine Schwester, das tut er noch heute und er bereut zutiefst was damals passiert ist."

„Danke Paul."

Ich betrat Richys Wohnung.


Ich stand in einem kleinen Flur und schloss hinter mir die Tür. Ich verharrte einen Moment vor einem Spiegel, durch ihn sah ich die orangene Wand hinter mir und den grauen Schuhschrank, vor dem Richys Rucksack lag. Im Spiegel sah ich Richy, ich sah ihn nicht wirklich, nein, ich sah dieses Foto von seinem Profil, auf dem er vor dem Spiegel stand und seine Sonnenbrille auf dem Kopf trägt. Ich machte an dieser Stelle ebenfalls ein Selfie durch den Spiegel, ich schaute es mir an und dachte an Richys rehbraunen Augen, diese Augen die soviel Gefühl hervorbringen konnten. Auf manchen seiner Fotos wirkten Richys Augen genau so leer, wie meine Augen auf dem gerade geschossenem Selfie.


Ich ging weiter und blieb kurz an der Badezimmertür stehen um einen Blick hinein zu werfen. Das Bad war fast komplett in schwarz gehalten, es war wirklich anders als andere Bäder, sehr dunkel, aber modern. Ich konnte mir gut vorstellen auch mal ein Bad in schwarz zu fließen, es wirkte ausgesprochen nobel.


Richy hatte Stil, die rote Küche und das grau schwarz gehaltene Wohnzimmer wurden durch eine Esstheke, mit schwarzen Lederhockern, passend zum Sofa getrennt. An der Wand hingen schwarze Bilderrahmen, die ich näher betrachten wollte. Und wie vermutet fanden sich zwischen seinen Urlaubsbildern und Bildern seiner Freunde auch Fotos von mir wieder. Bilder von uns beiden als Kinder, in einer selbstgebauten Burg aus Decken und Kissen, ein Foto auf dem wir mit unseren Elternin einem Freizeitpark sind und auch das Foto vom See, welches Jake entdeckt hatte.


Ich sah mich weiter um, an dem Edelstahlkühlschrank entdeckte ich Postkarten aus unseren Urlauben. Sie wurden an Familie Rogers adressiert, Richy hatte sie sich scheinbar alle als Andenken gesichert, es waren fünf an der Zahl. An einen Urlaub konnte ich mich jedoch nicht erinnern, ich schaute mir die Karte genauer an, sie war noch aus der Zeit vor meines Vergessens. Ich hatte die Karte als Kind geschrieben, aufgrund der fürchterlichen Handschrift, schätzungsweise mit sechs oder sieben Jahren.


Hallo Richy,

Urlaub ist gut. Wetter ist super. Ich habe gestern eine Sandburg mit Papa gebaut. Die brach immer zusammen. Niemand baut so gut Sandburgen wie du. Du fehlst mir.

Bis bald, Lea


Ich musste lächeln und weinen. Es tat mir weh mich nicht daran zu erinnern und es muss furchtbar für Richy gewesen sein, wir standen uns wirklich nah, ich hatte ihm viel bedeutet und ich habe ihn einfach vergessen. Auf der Küchentheke fand ich einen Notizblock mit Kugelschreiber und schrieb los.


Hey Ho Richy :)

Ich weiß nicht, ob ich noch die Möglichkeit haben werde es dir persönlich zu sagen, deshalb schreibe ich dir gerade diese Zeilen hier.

Es tut mir so unglaublich Leid, das alles. Alles was passiert ist!

Die ersten Zehn Jahre meines Lebens sind wie ausgelöscht. Ich erinnere mich noch immer nicht daran, was geschehen ist als wir Kinder waren. Doch genau deswegen bin ich hier, ich versuche Hannah, unsere Freunde und DICH zu retten. Ich muss dich unbedingt treffen um mich persönlich bei dir zu entschuldigen. Ich kann all das nicht ungeschehen machen, doch ich bereue es zutiefst dich die letzten zehn Jahre allein gelassen zu haben. Es tut mir wirklich Leid und ich hoffe, dass du mir das irgendwann verzeihen kannst.

Duskwood - the truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt