Pineglade

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Ich bin mit meinen Eltern beim Pineglade, am Schwarzwassersee. In zwei Stunden beginnt das Feuerwerk, wegen dem die meisten Besucher überhaupt erst her kommen.

Ich durchsuche die Menge, doch sehe ihn nirgends, er hatte versprochen hier zu sein und sich das Feuerwerk mit mir anzusehen. Es ist schließlich das erste Jahr, dass ich bis zum Feuerwerk auf bleiben darf.

Nach langem Suchen entdecke ich Hannah, die kichernd mit ihrer Freundin Amy in Richtung Motel schleicht. Hannah weiß bestimmt wo er ist! Ich rufe ihr nach und frage meine Eltern ob ich mit ihnen gehen darf. Zögerlich geben sie ihr okay und bitten mich in der Nähe zu bleiben.

Amy wirkt sichtlich genervt, weil ich nun dabei bin. Sie ist vor kurzem dreizehn geworden und hält sich seitdem für sehr erwachsen, ich weiß, dass sie in mir nur ein dummes, nerviges Kind sieht. Seitdem Hannah mit Amy rumhängt, sehe ich sie nur noch selten. Eigentlich nur noch, wenn sie sich mit Richy trifft und ich dann zufällig auch da bin.

Heute Abend sind es Hannah, Amy und ich, die gemeinsam Richtung Motel spazieren.

Amy. Wir haben zuvor noch nie etwas gemeinsam gemacht. Wir kennen uns nur flüchtig durch Hannah, aber ich mag sie trotzdem nicht.

Als wir am Motel vorbei sind, nimmt Hannah mich an die Hand und sagt mir ich solle mucksmäuschen still sein und dann würden wir Richy überraschen, wenn er kommt.

Wir verstecken uns hinter ein paar Bäumen. Richy kommt aus dem Wald und ruft nach Amy und Hannah. Sie halten sich leise kichernd die Zeigefinger an die Münder um mir zu deuten, dass ich nichts sagen soll. Richy ruft vergeblich.

Plötzlich springt Amy lachend hervor: „Buuh!!"

Richy erschreckt. Fängt bitterlich an zu weinen. Ich laufe zu ihm, frage was passiert ist, sag dass wir ihn doch nur überraschen wollten und versuche ihn zu beruhigen.

Ich verstehe nicht was hier gerade passiert ist.

Amy läuft zurück, ruft mir noch zu, ich solle jetzt bei Richy bleiben. Hannah zögert etwas, doch folgt Amy dann kichernd.

Ich bleibe bei Richy. Umarme ihn. Versuche ihn zu trösten.

Als er sich etwas beruhigt hat, nimmt er schluchzend meine Hand und wir gehen zusammen Richtung Schwarzwassersee. Noch immer laufen dicke Tränen über sein Gesicht. Aber er hat mir versprochen sich gemeinsam mit mir das Feuerwerk anzusehen und Richy hält seine Versprechen. Immer.

Ich verstehe noch immer nicht, was hier gerade passiert ist!

Wir hören jemanden im Wald rufen. Richy packt fest meine Hand und läuft schneller. Er hat Angst. Warum hat er solche Angst? Er ist sonst immer so mutig. Ich höre wie jemand einen Namen ruft, „Jennifer!", hallt eine raue, dunkle Stimme quer durch den Wald. Jemand irrt durch den Wald auf der Suche nach „Jennifer" und dieser jemand klingt nicht gerade erfreut. Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit, gut das Richy bei mir ist. Wir laufen schnell weiter. Richy zieht mich förmlich hinter sich her. Ich muss mich konzentrieren um nicht über meine eigenen Füße zu stolpern.

Wir wollen die Straße vorm Motel überqueren. Richy, der gerade noch schnellen Schrittes unterwegs gewesen ist, hält abrupt an und zieht mich zurück. Ein Auto rast an uns vorbei, das war knapp, hätte Richy mich nicht zurück gezogen, wäre ich genau vor das Auto gelaufen.

Ein lauter Knall, holt mich aus der Schockstarre. Das Auto kommt wenige Meter weiter zum Stillstand. Richy bleibt starr stehen, er drückt fest meine Hand. Aus dem Auto sehen wir zwei Personen aussteigen, die wild gestikulieren. Zwei für Erwachsene zu kleine Personen. Zwei Mädchen. Wir erkennen Hannah und Amy. Sofort laufen wir zu ihnen, um zu fragen was passiert ist und zu sehen ob es ihnen gut geht.

Beim Auto angekommen, reicht der Anblick aus, um zu verstehen.

Da liegt sie. Eine junge Frau. Sie regt sich nicht. Überall Blut. Richy erstarrt und ich löse mich aus seiner Hand. Will zu ihr. Will ihr helfen. Irgendetwas tun. Hannah hält mich zurück.

Amy schreit raus, was wir alle nicht glauben wollen: „Sie ist tot!"

Wir erstarren, können den Blick nicht lösen. Reglos. Kein Wort. Stille. Tränen der Hilflosigkeit laufen über unsere Gesichter.


Totenstille.


Wir zucken zusammen. Da sind sie wieder. Tiefe, dunkle Rufe aus dem Wald. Sie kommen näher, klingen kalt und wütend.


„Jennifer!!"


„Jennifer!!"


„Jenn..."

Amy blickt in den Wald, „Da steht jemand...", flüstert sie. "...lauft!"

Wir laufen in den dunklen Wald ohne zurück zu sehen...



Duskwood - the truthWhere stories live. Discover now