Die Rogers

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Gegen14:30 fuhren Jake und ich auf dem Autofriedhof vor, Johnny wollte sich ein wenig aufs Ohr hauen, da Jake ja jetzt da war, brauchte er das Gespräch ja nicht zwingend mitzuverfolgen und Nymos zeichnete es ohnehin auf.


Jake nahm meine Hand. „Geht es dir gut, Lea?"

„Ich bin nervös."

„Das ist in Ordnung, möchtest du noch einen Moment sitzen bleiben?"

„Nein, je länger ich es vor mich herschiebe, umso schlimmer wird es wahrscheinlich."

„Ich bin die ganze Zeit bei dir, wenn du gehen möchtest, zeig es mir einfach und ich breche das für dich ab. Es wird auch bestimmt in Ordnung für sie sein, wenn du weinen musst."

„Danke Jake, dass du mit mir hier bist."

„Das ist doch Selbstverständlich.", er stieg aus dem Auto und öffnete mir die Beifahrertür, er hielt meine Hand und gab mir einen fürsorglichen Kuss auf die Stirn.


Jake klingelte, es dauerte einen Moment bis die Tür sich öffnete.

„Ja bitte? Oh das ist doch, ich glaub es nicht. Margot komm mal bitte runter!"

„Was ist denn Paul?"

„Das musst du selbst sehen! Verzeiht bitte, kommt erstmal rein."

„Danke Herr Roger. Ich bin Jake, der Freund von Lea.", Jake gab Richys Vater höflich die Hand.

„Entschuldige, ich bin Paul, du brauchst mich nicht zu siezen."


Eine Frau, vermutlich Richys Mutter, kam die Treppe herunter, sie schaute mich fassungslos an und schlug ihre Hände vor dem Mund zusammen. Sie begann zu weinen und begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung.

„Lea, wie schön dich endlich wiederzusehen. Und wen hast du denn da nettes mitgebracht?"

„Hallo. Ich bin Leas Freund, Jake."

„Hallo Jake, nenn mich ruhig Margot.", sie nahm Jakes Händedruck mit einem freundlichen Lächeln entgegen.

„Kinder kommt erstmal rein, wir setzen uns ins Wohnzimmer. Paul würdest du uns einen Kaffee aufsetzen?"


Ich hatte noch nicht einen Ton von mir gegeben seit ich das Haus der Rogers betreten hatte. Richys Eltern waren so nett, furchtbar lieb und unglaublich vertraut, trotzdem schienen sie mir fremd zu sein. Ich stand einfach starr dort, Jake legte seine Hand sanft in meinen Rücken um mich hinter Margot her in das Wohnzimmer zu führen.

„Macht es euch bequem, ich helfe Paul mit dem Kaffee."

Wir setzten uns auf das Sofa, Jake ließ seine Hand in meinem Rücken, das gab mir Sicherheit, gut dass er mit mir mitgekommen war, alleine wäre ich wahrscheinlich schon in der Haustür umgekehrt.

„Alles okay Lea? Möchtest du lieber gehen?"

„Geht schon, irgendwie fühlt es sich hier vertraut an. Danke Jake."

Er lächelte mitfühlend.


Richys Eltern kamen mit dem Kaffee zurück, Margot hatte etwas Kuchen auf den Tisch gestellt.

„Hätte ich gewusst, dass du her kommst, hätte ich den Apfelkuchen gebacken den du so gern magst.", sagte Margot.

„Entschuldigen sie bitte die Störung, aber Lea...", ich legte meine Hand auf Jakes Bein, um ihn zu unterbrechen und holte einen kurzen Moment tief Luft.


„Ich muss mich entschuldigen, das war unhöflich von mir. Ihr habt mich nach all den Jahren so herzlich begrüßt und ich habe...", ich unterbrach und stille Tränen bahnten sich den Weg über meine Wange.

„Ist schon gut Lea. Ihr müsst wissen, dass Lea sich an nichts von früher erinnern kann."

„Also hat der Junge doch mal auf mich gehört und es dir nicht erzählt.", wandte Paul ein.

„Wie ist das gemeint?", fragte ich.

„Richy erzählte mir vor ein paar Wochen, dass ihr miteinander chatten würdet und er wollte dir helfen dich zu erinnern. Ich sagte ihm er solle es lassen, es wäre nicht gut für dich. Wir hatten uns furchtbar deshalb gestritten."

„Ich verstehe. Ich weiß, dass Richy kürzlich verschwunden ist, es tut mir unglaublich Leid und ich möchte helfen."

Richys Mutter begann zu weinen und Paul legte ihr tröstend seine Hand auf die Schulter.


„Wir hatten gehofft, ihr könntet uns vielleicht ein bisschen über die frühere Beziehung zwischen Richy und Lea erzählen, damit sie sich vielleicht wieder erinnert."

„Ich hatte letztens einen Traum aus meiner Kindheit und Richy schien mir darin wirklich nahe zu stehen.", ergänzte ich Jake.

Margot wusch die Tränen von ihrem Gesicht und fing sich.

„Ihr standet euch mehr als einfach nur nah. Ohne den anderen ging gar nichts, ihr ward wie Geschwister füreinander, habt euch geliebt und manchmal gestritten, du hast als Kind so viel Zeit bei uns verbracht..."

„Margot, ich weiß nicht ob wir damit das richtige tun."

„Paul! Lea hat das Recht zu erfahren wer sie wirklich ist oder wer sie einmal war. Celine wird das verstehen. Also gut wo war ich. Ach genau. Du warst und du bist für uns noch immer ein Teil der Familie, du warst wie eine Tochter für uns und das hat sich all die Jahre nicht geändert."

„Es tut mir Leid, dass ich mich nicht mehr daran erinnere, ich kann mir nicht vorstellen wie verletzend sich das anfühlen muss."

„Nein schon gut Lea, so war es das Beste für dich. Wir wussten, dass du nach dem Umzug auf dem Weg der Besserung warst und das war uns das wichtigste, wir hätten es an Celines und Marks Stelle genauso gemacht."

„Also hattet ihr nach dem Umzug noch Kontakt zu meinen Eltern?"

„Nicht nur wir. Richy begann nach seiner Therapie in der Tagesklinik, Briefe zu schreiben. Der Therapeut hatte ihm dazu geraten um seinen Gefühlen und Gedanken Raum zu geben. Anfangs schrieb er nur für sich, doch irgendwann begann er Briefe an deine Eltern zu verschicken, sie haben sie alle beantwortet, manchmal haben sie ein aktuelles Foto von dir mit gesandt und sie schrieben uns Postkarten aus euren Urlauben."

„Richy war also auch in Therapie?"

„Ihr alle ward das. Wir wissen bis heute nicht, was euch furchtbares im Wald widerfahren ist. Aber das ist auch völlig egal, die Hauptsache ist doch, dass es euch allen wieder besser geht."


„Verstehe. Wie lange habt ihr den Kontakt zu meinen Eltern gehalten?"

„Ich telefoniere noch heute mindestens einmal im Monat mit deiner Mutter."

„Sie sind Margot?! Also die Margot! Mama telefonierte immer mit einer alten Freundin, sie verschwand dann meist für Stunden im Büro und niemand durfte sie stören."

Margot nickte verwerflich.


„Hat Richy die Briefe meiner Eltern noch?"

„Die sind bestimmt in seiner Wohnung, möchtest du dich dort vielleicht mal umsehen?"

„Das würde ich wirklich gerne, wenn es euch nichts ausmacht."

„Natürlich nicht, für Richy wäre das sicherlich auch in Ordnung. Paul zeigst du es ihr? Ich unterhalte mich so lange mit Leas nettem Freund."


„Lea ist das für dich in Ordnung oder soll ich lieber mitkommen?", fragte Jake besorgt.

„Ich denke das muss ich alleine machen."


Jake nickte bestätigend, strich mir über den Rücken und gab mir einen seichten Kuss auf die Schläfe.

Duskwood - the truthWhere stories live. Discover now