Zwei einsame Seelen

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Wir stiegen um 10:15 in den Bus ein, Jake führte mich zu der hintersten Reihe, er setzte sich ans Fenster und legte bequem seinen Arm um mich. Unauffällig beobachtete er die anderen Passagiere und das Geschehen draußen durch die Fenster, womöglich auf der Suche nach potentiellen Verfolgern. Ich fragte mich wie anstrengend es wohl für ihn sein musste, ständig auf der Flucht zu leben und immer damit rechnen zu müssen plötzlich entdeckt zu werden. So ein Leben musste wirklich schrecklich sein.


Nach fünfzehn Minuten erreichten wir unsere Zielhaltestelle. Wir stiegen in einem kleinen, unscheinbaren Vorort mit dem Namen Weston aus, an der Bushaltestelle lag ein Obdachloser auf der Bank und schlief seinen Rausch aus.

„In diesem Ort bin ich noch nie gewesen.", stellte ich fest.

„Ist gar nicht so schlimm wie es im ersten Moment scheint.", Jake nahm mich schützend an die Hand.


Wir gingen durch die menschenleeren Straßen und bogen in eine schmale, zwielichtig wirkende Gasse ein. Wir hielten vor einem kleinen Burger-Imbiss, ein rot leuchtendes Open-Schild flackerte neben der Eingangstür. Wir traten ein und Jake gab eine Bestellung zum mitnehmen auf.

Nach gerade einmal zehn Minuten verließen wir den Laden mit unserer Bestellung. Wir folgten der Gasse weiter ins Innere. Die Häuser sahen urig aus, genauer betrachtet war es eigentlich ganz schön hier, einige der Fachwerkhäuser bräuchten nur einen neuen Anstrich und die vielen, kleinen Ladenlokale kamen in den engen Gassen leider kaum zur Geltung.

„Wir müssen einen kleinen Umweg nehmen, ich muss noch schnell etwas erledigen."

„Okay."


Jake ging gezielt auf einen Mann zu, der mit seinem Schäferhund auf einer Bank saß. „Hey Arthur! Ich habe euch etwas mitgebracht.", begrüßte Jake den älteren Herren.

„Hallo mein Junge, lange nichts von die gehört."

„Weißt doch viel um die Ohren, wollte nur mal kurz nach euch sehen.", sagte Jake mit einem Schulterzucken.

Der Hund kam freudig auf Jake zu und schnupperte neugierig an der Imbisstüte, dann kam er zu mir und ließ sich streicheln.

„Wer bist du denn, du Süßer?", fragte ich.

„Sein Name ist Pancho.", antwortete der Mann. „Wen hast du denn da mitgebracht Junge?"

„Das ist Lea."

Ich winkte dem Mann lächelnd zu, während ich Pancho den Bauch kraulte.

„Nettes Mädchen.", nickte er.

Jake reichte ihm zwei Burger. „Wir müssen leider direkt weiter. Beim nächsten mal gehen wir wieder einen Kaffee trinken. Bis bald Arthur."

„Danke, mein Junge. Machts gut ihr beiden und bring beim nächsten Mal wieder deine Freundin mit!", sagte er zu Jake und zwinkerte mir zu.

Ich erwiderte mit einem Lächeln und winkte dem freundlichen Herren zum Abschied „Auf Wiedersehen."


„Wer war das Jake?"

„Ein Freund."

„Kriege ich etwas mehr Kontext?"

„Arthur bot mir vor fünf Jahren Unterschlupf bei sich an. Seine Frau war gerade gestorben und ich konnte nirgends sonst hin. Er gab mir ein Dach über dem Kopf. Zum Dank leistete ich ihm Gesellschaft und half ihm ein wenig im Alltag. Ab und zu komme ich vorbei um nach dem Rechten zu sehen."

„Das klingt rührend und irgendwie traurig. Wo habt ihr euch kennengelernt, wenn ich fragen darf? Wohl kaum im Darknet, nehme ich an."

„Nein, natürlich nicht im Darknet.", lachte er, „An der Bushaltestelle an der wir vorhin ausgestiegen sind. Es war schon spät und kalt draußen. Da kein Bus mehr fuhr, hatte ich mich darauf eingestellt im Haltestellenhäuschen die Nacht zu verbringen. Dann kam Arthur mit Pancho daher und hatte Mitleid."


Ich hatte noch so viele Fragen, aber ich spürte wie es Jake nahe ging darüber zu sprechen, also beließ ich es dabei. Er würde sich mir bestimmt anvertrauen, wenn er dazu bereit wäre.


„Du überrascht mich Jake. Danke, dass du mir das erzählt hast."



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