64. Die Hochzeit

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Heute war der Tag gekommen. Finn hatte es vorhergesagt, aber Jack konnte es immer noch nicht richtig glauben. Doch der Zeitpunkt war nun endlich da, um Alvaro das Handwerk zu legen. Aber die Rebellen mussten noch auf das Zeichen warten, bevor sie auf die Strassen gehen konnten. Früh morgens, die Sonne hatte sich erst gerade über den Horizont geschoben, stand Rouven im Gasthaus bereit, um sich auf die Hochzeit des Königs zu schleichen. Er hatte Jack wissen lassen, dass er ohnehin vorgehabt hatte, auf die Burg zu gehen und es deshalb perfekt wäre, dass er das Silber für Cleos Katapult stehen würde. Mit einem Becher Bier in der Hand hatte er Jack lachend beschrieben, wie er schon zuvor Schmuck und Besteck von der Burg geklaut hatte. Rouven hatte sich für den heutigen Tag extra die elegantesten Kleider angezogen, die er finden konnte. Weisses Hemd und weisse Hose, dazu trug er eine hellblaue Weste, die seine Augenfarbe widerspiegelte. Seine schwarzen Stiefel hatte er glänzend poliert und seine langen Haare ein wenig gebändigt, obwohl sie immer noch schmutzig und verfilzt wirkten. Auch wenn er sich überhaupt nicht wohlfühlte in diesen gehobenen Kleidern, wirkte er wie ein gebürtiger Adliger. Rouven sass gegenüber von Draven an einem Tisch. Draven musterte sein Gegenüber mit mürrischen, finsteren Augen. Denn Hazel hatte darauf bestanden mit auf die Hochzeit zu gehen, denn sie war sich nun sicher, wem der Schlüssel ihrer Mutter eigentlich gehörte und es war höchste Zeit diesen zurückzugeben. Draven mochte die Idee überhaupt nicht, Hazel alleine mit diesem rumhurenden Säufer auf Alvaros Hochzeit gehen zu lassen. Doch er wusste, dass nicht zu viele der Rebellen auf der Burg auftauchen durften, denn sonst würde Alvaro noch Verdacht schöpfen. Also musste er hierbleiben und im Gasthaus ausharren, bis sich das Volk auf den Strassen zu sammeln begann. Rouven hatte zu Beginn eigentlich vorgehabt eine seiner nächtlichen Bekanntschaften an die Feier auf der Burg mitzunehmen. Doch nun hatte er Hazel die eleganten Kleider gegeben, denn er wusste, wie wichtig es war, dass der Schlüssel nun endlich zurück zu der Schwester fand. Obwohl die beiden Männer sich so ähnlich waren, hatten sie komplett verschiedene Lebensweisen. Während Draven quasi als pessimistischer Rächer durchs Leben zog, sah Rouven in jedem noch so kleinen Ereignis einen Grund zu lachen. Auch nun musste er über Dravens jähzornige Art lauthals lachen. «Nun schau mich doch nicht so an!», meinte er amüsiert. Doch Draven war es nicht zum Lachen zumute. «Keine Angst, ich fasse deine kleine Freundin schon nicht an. Weisst du, die Damen, die auf solchen Bällen stets ein Glas Wein zu viel trinken, sind die besten Frauen, um in einem Nebenzimmer kurz zu verschwinden mit einem fremden, aber attraktiven Mann. Ich werde auf der Hochzeit definitiv anderweitig beschäftigt sein, als das kleine Mädchen anzumachen», lachte er und biss in ein Stück Brot. Draven presste wütend seine Faust zusammen. «Und wenn du sie auch nur anlächeln solltest, wirst du nie wieder lachen in deinem Leben, hast du das verstanden?», sprach Draven leise und fixierte Rouven drohend mit den Augen. Der Priester erhob seine Hände unschuldig und lachte. «Alles klar, Junge, alles klar.» Er ass weiter, doch dann schien ihm etwas in den Sinn gekommen zu sein. Mit vollem Mund sprach er weiter: «Nun, du weisst aber schon, dass die kleine Hazel und ich ein Ehepaar spielen sollen, um auf die Hochzeit zu gelangen. Ein Ehemann der seine Ehefrau nicht anlächelt wird den Wachen doch eher suspekt erscheinen.» Ironisch hielt er sich eine Hand ans Kinn und räusperte sich nachdenklich. Die Wut steckte Draven wie ein Kloss im Hals. Mit voller Wucht rammte er ein kleines Messer in den Tisch und erhob sich zornig. «Du weisst genau, was ich meine!», meinte er wütend und hob den Finger drohend gegen Rouven. «Wenn Hazel nicht gesund wiederkehrt heute, mache ich dich dafür verantwortlich!» Rouven wollte gerade etwas entgegnen, als Hazel die Treppen hinunter balancierte. Sie hielt sich am Geländer fest, denn die hohen Absätze der Schuhe waren sehr ungewohnt. Draven eilte zu ihr hin, um ihr seinen Arm hinzuhalten, auf den sie sich stützen konnte. Dankbar lächelte sie ihn an. Sie sah wunderschön aus. Das Kleid, welches Rouven ihr gegeben hatte, sass ihr wie angegossen. Der leicht gebauschte Rock des Kleides war genau dieselbe Farbe wie Rouvens Weste. Das Oberteil war weiss und mit feinen, blauen Stickereien verziert. Ein leicht durchsichtiger Stoff bedeckte ihre zarten Schultern wie ein Mantel. In ihre langen braunen Haare hatte sie ein Band im selben Blau wie der Rock eingeflochten und eine kleine silberne Kette zierte ihre blasse Stirn. Rouven hatte sich inzwischen einen dicken Mantel übergezogen und wartete auf seine Begleitung an der Tür. Draven hielt Hazels Hand fest und blickt ihr tief in die fest entschlossenen Augen. «Pass auf dich auf, ja?» Hazel lächelte sanft und nickte. Draven drückte ihr den kleinen Schlüssel am Lederbändchen in die Finger. «Du schaffst das», meinte er zuversichtlich und umarmte sie fest und innig. Hazel band sich das Schlüsselchen an das Strumpfband, das versteckt unter dem voluminösen Rock lag. Nun zog auch sie sich einen Mantel über und schritt zu Rouven hin, der die Tür bereits geöffnet hatte. Sie griff nach dem Arm, der er ihr anbot und gemeinsam schritten sie in den Schnee hinaus. Kurz warf Hazel noch einen Blick zurück und lächelte Draven zu. «Du schaffst das», flüsterte er, obwohl Hazel schon zu weit weg war, um ihn hören zu können.

Die Reise des DrachenmädchensWhere stories live. Discover now