Kapitel 38

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Ich atmete zischend ein und meine Hand schoss an mein Herz. In dem Moment wurde auch schon meine Nachtischlampe eingeschaltet. Das Licht blendete mich und trieb mir Tränen in die Augen. Aber während ich blinzelte erkannte ich meinen Besucher. Erleichtert rutschte ich an der Tür hinab. Tarek grinste mich frech an: „Hab ich dich etwa erschreckt?" Er konnte froh sein das ich nichts in meiner Reichweite hatte, was ich nach ihm werfen konnte. Ansonsten hätte ihn sicher etwas hartes getroffen. Hatten es heute alle auf mich abgesehen? Als ob der Tag nicht sowieso schon lang und hart und anstrengend war. Stöhnend legte ich mein Gesicht in die Hände. Als sich mein Inneres halbwegs beruhigt hatte, schaute ich zu ihm auf. Er lag nun in meinem Bett, die Armen hinterm Kopf verschränkt und beobachtete mich. Ich starrte zurück. Nach einer Minute fing Tarek an zu lachen: „Schon gut. Schon gut. Du hast gewonnen." Dann musste auch ich lachen. Die Anspannung fiel von mir ab. Es war ein gutes Gefühl. Auch wenn das schlechte Gewissen weiter in mir brodelte.

„Wo warst du überhaupt? Ich sitz hier schon über eine halbe Stunde rum.", nörgelte Tarek. „Ich war auf dem Weg zu dir.", gab ich zurück. „Na da hast du dich ja scheinbar richtig weit verlaufen, da du mir ja nicht mal entgegen gekommen bist.", wieder musste er lachen. „Ich wurde aufgehalten." Besorgt blickte er mich an. „Noam.", erklärte ich abwinkend. Er nickte nur verstehend. „Er hatte mich entdeckt und dann musste ich mit in die Küche." Ich spürte immer noch seine weichen warmen Lippen auf meinen. Bei der Erinnerung merkte ich, wie mir die Hitze in die Wangen stieg, und eine neue Welle, voll von Scham und schlechtem Gewissens, mich überrollte. Tarek musterte mich genau, das spürte ich, aber er sagte kein Wort. Dafür war ich ihm, in diesem Moment, mehr wie dankbar. Ich erhob mich und setzte mich auf den Sessel in der Nähe meines Bettes. „Und was verschlägt dich zu mir?", wollte ich wissen. Tarek drehte sich auf die Seite um mich besser ansehen zu können. „Eigentlich hatte ich darauf gewartet, dass du endlich kommst. Du warst nach dem Gespräch mit Lorion total abwesend und starrtest mich immer mal wieder an. Doch wenn ich direkt zurückblickte, reagiertest du nicht. Es war also eine Reaktion deines Unterbewusstseins. Daher wartete ich auf dich. Aber nachdem dann schon Mitternacht vorbei war und du nicht auftauchtest, bin ich los.", fasste er kurz zusammen. Ich nickte verstehend. „Und?", sprach er weiter, als ich still vor mich hin blickte. Fragend sah ich ihn an. „Na, ist es das was ich denke, was du von mir willst?" Ich riss meine Augen auf? Völlig verwirrt brabbelte ich los: „Von dir wollen? Ich? Nein! Also ja schon, aber... Ich will nichts von dir. Also ich mag dich, aber... Also ich wollte nur deine Hilfe verstehst du." Tarek schaute mich erst völlig entgeistert an, fing dann aber an zu lachen. Tränen liefen ihm über die Wangen. „Lucy, ich glaube, du hast ein klares Problem mit Kerlen.", kicherte er weiter. Mir schoss nun auch noch der Rest meines vorhandenen Blutes ins Gesicht. Ich musste strahlen wie eine Tomate. „Sorry, ich...", wollte ich mich erklären. Doch Tarek fiel mir ins Wort: „Du musst mir nichts erklären, das mit Noam und dir ist deine Sache." Mir klappte die Kinnlade herunter. Wieviel wusste er, hatte er uns gehört? Mir wurde schlecht. Tarek verdrehte nur die Augen. „Lucy, ehrlich, meinst du dass es irgendwem entgangen ist, der Augen im Kopf hat, wie Noam dich anhimmelt? Noam mag schüchtern sein, aber er wird im richtigen Moment die Initiative ergreifen. Er ist kein Schisser. Und klar du und Kyus, aber meinst du in unserem Alter hätte keiner Verständnis, wenn wir unsere Partner nach kurzer Zeit tauschen?"

Das saß. Also war ich die Einzige hier, der Noams Gefühle entgangen sind. Mein Herz raste. Waren meine genauso offensichtlich, dass man an meinen Gefühlen zu Kyus zweifeln konnte? Tränen schossen mir in die Augen, die ich versuchte wegzublinzeln, doch es waren zu viele. Mit brüchiger Stimme antwortete ich: „Ich liebe Kyus und sonst keinen!" Tarek stand auf, kam mit wenigen Schritten zu mir und kniete sich neben meinem Sessel. Er legte seine Hand auf meinen Arm und reichte mir mit der anderen ein Taschentuch. „Nicht weinen. Wir bekommen ihn wieder, ok? Nur dafür sollten wir ein wenig trainieren. Das wolltest du doch von mir oder?", zwinkerte er mir zu. Schniefend nahm ich ihm das Taschentuch ab und schneuzte mich. Dann nickte ich ihm zu. „Gut. Die anderen wollen mit dir morgen versuchen, dass du deinen Drachen rufst. Das können wir hier drinnen nicht. Wäre viel zu gefährlich und auch nicht sehr unauffällig.", dabei lachte er, „Aber wir können anfangen, dass du ihn aufspürst."

DarknessWhere stories live. Discover now