Kapitel 35

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Fünf paar Augen drehten sich gleichzeitig zu mir um. Überraschte und erschrockene Blicke wechselten sich ab. Sie hatten wohl nicht mit Besuch gerechnet wie mir schien. In mir rumorten derweile die Gefühle. Gedanken überschlugen sich. Sie hatten mir offensichtlich etwas verheimlicht. Ganz sicher sogar. Sonst würde jetzt nicht so eine Ratlosigkeit herrschen, was sie mir antworten sollten. Teleria und Noams Blicke wechselten nach dem ersten Schock zu mitleidig und schlechtem Gewissen. Wie konnten die zwei nur. Hab ich mich echt so sehr in Noam getäuscht? Und bei Teleria erst? Mit der ich mich die letzten Tage so gut verstanden und offen über alles geredet hatten. Das versetzte mir einen fiesen Stich im Herzen. Ich war total enttäuscht. Konnte ich mich nicht mal mehr auf mein Bauchgefühl verlassen? Plötzlich überrollte mich das heftige Gefühl des allein seins. Allein unter Fremden. Meine Familie fehlte mir auf einmal so schrecklich. Und die Sehnsucht nach Kyus übermannte mich noch schlimmer. Ich blinzelte die Tränen weg, die herraus wollten. Ich durfte jetzt nicht schwach wirken. Sonst würden sie mich wieder mit Lügen und ausflüchten hinhalten. Ich wollte die Wahrheit. Jetzt!

Lange blieb es still. Sie schätzen mich ab. Vielleicht überlegten sie gerade, was sie mir sagen konnten und wollten. „Was ist los? Habt ihr eure Zungen verschluckt? Gerade wart ihr noch so gesprächig, dann schießt mal los." Teleria ergriff als erste das Wort. "Setz dich doch erstmal Lucy. Es gibt gleich Frühstück." Bei dem verschlossenen Blick den ich ihr zu warf, geriet ihr Lächeln ins wanken.
„Das hab ich nicht gefragt!", dabei ließ ich meinen Blick über jeden einzelnen gleiten. Und wieder entstand eine unangenehme Pause. Noam malte mit der Fußspitze irgendwelche Formen auf den Boden. Feigling! Rallion stand mit verschränkten Armen am Fenster und blickt nach draußen, als gehe ihm nichts davon was an. Das machte mich sauer. Tarek lies sein Blick, ebenso wie ich, über die anderen wandern. Bis Lorion entlich das Wort ergriff. „Wir sollten wirklich erst einmal etwas essen. Danach ist genug Zeit um alles zu erklären." Er schaute mich dabei so sanft und eindringlich an, dass die anderen die Luft anhielten, wie ich reagierte. Ich war jetzt mega wütend. Auf jeden einzelnen und ganz besonders auf mich selbst. Das ich mich hatte so täuschen lassen. In der Luft baute sich Elektrizität auf. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Die ganze Wahrheit oder nur wieder das was ich wissen darf?" Meine Stimme tropfte vor Ironie. Ich sah ein zucken in Rallions Mundwinkel. Oder bildete ich mir das nur ein. Wenn nicht, wollte er mich verspotten? Unter meiner Haut brodelte es. „Wir werden dir deine Fragen soweit wir können beantworten. Aber nun empfehle ich dir dich langsam wieder zu beruhigen, bevor du etwas kaputt machst. Du hast deine Kräfte noch nicht unter Kontrolle. Außerdem werden der Speck und die Eier kalt." Vor Überraschung über soviel Ehrlichkeit verpuffte meine Wut innerhalb von Sekunden. "Danke." Er nickte Teleria zu, die sofort, mit Noam im Schlepptau, in der Küche verschwant. Kurz darauf begann sie den Tisch zu decken. Ich nahm mir einen Kaffee mit viel Zucker und Sahne, den brauchte ich jetzt dringend. Nach essen war mir so garnicht, daher steckte ich mir nur ein paar Weintrauben in den Mund um die Zeit irgendwie tot zu schlagen, bis die anderen endlich fertig waren. Und sie schienen einen mächtigen Hunger zu haben, oder zogen sie es absichtlich so in die Länge. Meine Nervosität stieg mit jeder Minute und mein Knie fing an zu wippen. „Entspann dich. Dadurch geht es auch nicht schneller.", raunte mir Rallion, der nun neben mir saß zu. Er hatte so leise gesprochen, dass keiner der anderen Notiz davon nahm. Ich sah ihm tief in die Augen, die mir so bekannt vorkamen, Gefühle ließen sich von mir einfach nicht darin deuten. Es waren einfach zu viele. Aber irgendwas daran beruhigte mich schließlich.

Der Tisch war schnell abgeräumt. Lorion setzte sich mir gegenüber und blickte mich an. „Ich weis das du sauer bis, weil wir dir nichts erzählt haben. Aber es ging nicht darum dir etwas vorzuhalten, sondern um dich zu Kräften kommen zu lassen." Ich wollte etwas erwiedern, doch er lies mich mit einer Handbewegung inne halten. „Du brauchst deine ganze Kraft und Konzentration um deine Gefühle unter Kontrolle zu halten." Mit gerunzelter Stirn blickte ich ihn an. „Ich nehme an, dass dieser Drache im Forschungslabor durch dich entstanden ist?" Er sah mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern. Wieso sollte ich ihm seine Fragen beantworten? Ich hatte noch nichts von ihm erfahren. Er nickte nur und fuhr fort: "Als du vorhin herein kamst, war die Luft  elektrisch aufgeladen, ähnlich wie im Labor. Wenn du ihn also hier los lässt, würde er das Haus zerstören und einige von uns schwer verletzen. Daher bitte ich dich um Achtsamkeit." Ich atmete tief durch und nickte ihm stumm zu. "Also ich erzähle dir jetzt den aktuellen Stand unseres Wissens, etwas über dich und danach würde ich gern von dir ein bisschen was erfahren. Ok?"
„Geht klar.", erwiederte ich kurz angebunden. "Ok. Also nachdem du in Ohnmacht fielst, konnten Calatin, mit meinem Zwillingsbruder Albion, Talin und einigen weiteren seiner Anhänger fliehen. Kyus, Lata und ich wollten sie aufhalten. Talin nutzte die Ablenkung, als der Drache auftauchte und Imion euch zu Hilfe eilte, Floriel sofort außer gefecht zu setzen. Während Albion das Chaos nutzte und Lata ein Messer direkt ins Herz stach." Kurz hielt er inne. Mein Herz raste. „Dann kämpfte Talin gegen Kyus. Albion griff mich an, daher konnte ich ihm nicht zu Hilfe kommen. Als du dann fürchterlich schriest, wollte Kyus zu dir eilen, aber Talin beschoss ihn. Er wehren sich. Albion schaffte es mich zu überwältigte und stieß mich in ein Regal, was krachend auf mich fiel und so konnten die zwei Kyus überwältigen." Ich war über die Geschehnisse in dem anderen Raum so geschockt, ich konnte gerade rein garnichts fühlen, als er schon weiter erzählte. „Die Anhänger Calatins eilten herbei und schleppten Floriel und Kyus mit sich. Albion ging wohl davon aus, dass ich vom Regal erschlagen wurde und ließ mich liegen. Talin hingegen sprang durch das kaputte Fenster um Calatin zu helfen. Als ich mich entlich befreien konnte, war Rallion und du auch verschwunden. Ich wusste nicht ob sie euch auch hatten. Ich lief zum Haupthaus, um die anderen zu warnen, aber Calatin und seine Männer waren auch schon dort gewesen. Ich fand ein paar wenige, wie Tarek, Teleria und Latas Tochter Nira. Ich führte sie zu diesem Ort hinter den Quellen. Hier kommen nur die herrein, welche in Begleitung mit einem Ältesten sind. Und dieser muss gute Absichten haben. Daher sind wir soweit erstmal sicher."

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