Kapitel 6

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Kyus stand vor mir wie mein persönlicher Gott. Er hielt mir seine Hand entgegen, aber ich war so verdattert das ich sie nur anglotzen konnte. "Nun nimm schon meine Hand!", sagte er lachend. "Du siehst aus als hättest du ein Geist gesehen, oder muss ich mir Sorgen um dich machen, dass du dir bei dem Sturz was getan hast?" Ich öffnete meinen Mund, aber es kam nur Gestammel herraus. Mensch war das peinlich. Mein Gehirn war ein einziger Knoten. Die Worte, seine Worte, klangen darin nach. 'Muss ich mir Sorgen um dich machen...'. Echt jetzt? Awww, das war sooo süß. Mein Herz klopfte unkontrolliert in meiner Brust und in meinem Bauch flatterten Millionen von Schmetterlingen.

Nein. Schluss. Lucy, du reißt dich jetzt mal ganz schnell zusammen, sonst wird diese Situation immer peinlicher. Oh Gott, Erde tu dich auf und verschling mich.

Ich räusperte mich, griff nach seiner großen, weichen und wunderbar warmen Hand. Er zog mich sanft hoch, wobei sich sein muskulöser Oberarm und die Muskeln unter seinem eng anliegendem Shirt anspannten. Wärend ich das alles in mir aufnahm wie ein Schwamm, antwortete ich: "Danke, mir gehts gut. Bin nur ein bischen durch den Wind." Als ich stand lies er sie aber nicht los. Wir standen ganz nah voreinander. Blickten uns einfach nur an, bis er leise zu mir sagte "Da bin ich aber froh. Und da wir beide wohl etwas spät dran sind, können wir zusammen zur Schule gehen. Da kann ich noch ein Stück auf dich aufpassen. Nicht das du wieder irgendwo dagegen läufst." Zwinkernd lies er meine Hand langsam los.

Ich wurde Feuerrot. Senkte meine Blick, so das mir die Haare ein wenig ins Gesicht fielen und er mich nicht ganz sah. Was er wohl gerade dachte. Einfach nur peinlich, was ich hier tat. Da war es wohl doch gut, wenn ich bald hier weg war. Augenblicklich überfiel mich meine wütende Hilflosigkeit wieder, die alle Schmetterlinge unter einer Schicht Beton vergruben.

"Das rot steht dir gut.", sagte Kyus sanft. "Gefällt mir." Ich blickte auf. Er sah nach vorn und ich betrachtete ihn. Seine hohen Wangenknochen, das markante Kinn. Eine Andeutung der Grübchen, die mir so gefielen, wenn er ausgelassen lachte. Ich schmolz dahin und in mir wuchs der unbändige Drang ihn zu berühren. Die Linien nachzufahren. Jede Stelle zu küssen.

Plötzlich drehte er sich zu mir und seine Augen schienen zu glühen. "Gefällt dir was du siehst?" Was? Wie war er denn heute drauf. Erst redet er nie wirklich mit mir und nun so. Mir wurde übel, zuviele Schmetterlinge und Beton in mir. Mein Puls raste. Ich wollte mich an ihn werfen. Mich zurückzuhalten verursachte meinen Muskeln starke Schmerzen. Ich stolperte und seine Arme fingen mich auf.

DarknessWhere stories live. Discover now