Kapitel 20

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Als ich das nächste mal erwachte, fühlte ich mich körperlich fitter. Geistig jedoch noch immer sehr ausgelaugt. Ich öffnete die Augen und erblickte Kyus neben mir auf dem Stuhl sitzend. Er las ein Buch und bemerkte nicht das ich wieder wach war. So konnte ich ihn in Ruhe betrachten.

Seine Züge waren angespannt, was sein markantes Gesicht betonte. Seine Augen glühten nicht, wie sie es taten, wenn er glücklich war. Aber sie wirkten auch nicht mehr wie Schlamm. Unter den Augen hatte er unschöne Augenringe. Seine Haare waren zerstrubbelt wie immer und doch wirkten sie glanzlos. Er sah völlig erschöpft aus. Der Anblick versetzte meinem Herzen einen Stich.

Ohne es bemerkt zu haben, legte ich meine Hand an seine Wange und fuhr mit meinem Daumen über einen seiner Augenringe. Er blickte auf und sah mir tief in die Augen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. In ihnen sah ich Verzweiflung und wie kraftlos er doch war.
"Du solltest dich dringend mal in deinem Bett ausruhen, findest du nicht auch?" Angst flackerte in seinem Blick auf. Dabei legte er seine Hand auf die meine.

"Das sage ich ihm schon seit Wochen, aber Kinder hören ja selten was die Eltern einem sagen, nicht wahr."
Mein Blick wanderte auf die andere Seite des Zimmers. Nahe der Tür stand sein Vater Feyn und blickte mich abschätzend an.
"Wie geht es dir nun?", fragte er in einem sanften Ton. Ich nickte leicht und er erwiederte es wissend.
"Du wirst gewiss Fragen haben, nachdem du drei Wochen im Koma lagst." Ich riss die Augen auf und blickte beide abwechselnd an. Feyn hielt sein Blick neutral, wärend Kyus zu Boden sah und in sich zusammen sackte wie ein geschlagener Hund.
"Drei Wochen Koma?", krächzte ich.
Kyus blickte sofort auf, half mir dann erstmal mich leicht aufzusetzen, wobei er mich behandelte wie ein rohes Ei. Danach reichte er mir ein Glas Wasser. Feyn wartete geduldig ab, bis er wieder meine volle Aufmerksamkeit hatte.

"Ja Lucy, du lagst drei Wochen scheinbar Grundlos im Koma, jedenfalls für die meisten der Ärzte hier. Dr. Ancoron wusste aber sofort bescheid, das es eine Vergiftung sein muss."
"Ist er auch ein…", ich stockte kurz, "ein Elf?"
Feyn nickte nur. Mir rauschte das Blut durch die Ohren. Elfen waren also auch überall unter uns, auch wenn wir es nicht bemerkten. Eine komische Vorstellung bei der ich wieder an die Elfen vom Weihnachtsmann denken musste und leicht dabei lächelte. Ich rief mich Innerlich zur Besinnung und schob den Gedanken beiseite.

Ich blickte wieder auf und bemerkte noch den grübelnden Blick von Feyn als ich wieder zu ihm sah.
"Was ist los?", fragte ich ihn. Er überlegte wohl ob er mir etwas sagen sollte, als Kyus flüsterte: "Sag es ihr!" Mein Blick flog zu Kyus der unsere Hände, die nun ineinander verflochten auf der Decke lagen, betrachtete.

"Du bist ein faszinierender Mensch Lucy. Normal hättest du nach dem Kuss von Kyus sterben müssen!" Mir schoss das Blut in die Wangen und ich senkte meinen Blick auf den Boden. "Ja ich weis von dem Kuss Lucy, Kyus hat es mir erzählt."
Ich konnte mich wieder daran erinnern, wie ich vor Glück explodierte und mir danach komisch wurde. Meine Gesicht glühte. War mir das peinlich. Verräter! Musste er es denn ausgerechnet seinem Vater erzählen? Aber daran zu sterben? Das war doch völliger quatsch.
Als hätte er meine Gedanken erraten, erwiderte er: "Wir sind für Menschen giftig Lucy. Normal überlebt ein Mensch den Kuss eines Elfs schätzungsweise nur aller 300Jahre! Das letzte mal ist erst…", ich beendete den Satz mit ihm, "50Jahre her."
Feyn und Kyus sahen mich beide überrascht an. Ich zuckte die Achseln und gestand: "Das hat mir Calatin verraten." Vater und Sohn sahen sich geschockt an. Kyus blickte zu mir und fragte aufgebracht: "Wann?" Er fuhr sich durch seine sowieso schon zerstrubbelten Haare.

Die Tür öffnete sich und ein Arzt kam herrein. Er begrüßte Feyn in dem er seine rechte Hand auf die linke Brust legte und sich ergeben verbeugte. "Ich grüße dich Feyn." Dieser nickte leicht mit schräg gelegtem Kopf. "Hallo Floriel." Kyus nickte er nur zu.
Er kam zu mir. "Hallo Lucy, ich bin Doktor Ancoron, wie geht es ihnen?"
"Alles ok. Kopfmäßig noch ein wenig schwach." Er schaute auf die Monitore und wärend er mir in die Augen leuchtete, fragte er mich: "Tut ihnen irgendwas weh? Oder sehen sie verschwommen?" Aber auch das konnte ich verneinen. Er wante sich so, das er zwar mit mir sprach, gleichzeitig aber auch zu Feyn gedreht war. "Also ich glaube sie sind soweit ok. Wir behalten sie aber zur Sicherheit noch ein paar Tage zur Beobachtung hier." Feyn nickte.

Nun lag die Aufmerksamkeit wieder auf mir. Kyus ergiff das Wort: "Wann hattest du das Gespräch mit Calatin? War es damals im Wald? Irritiert sah ich zu Doktor Ancoron. Aber keiner reagierte darauf, also schüttelte ich nur leicht den Kopf und antwortete ihm dann: "In der Finsternis."
"Was meinst du damit?", wollte nun Feyn wissen, der bei meinen Worten näher an mein Bett gekommen war.
"Wärend ich scheinbar im Koma war, hat mir Calatin aufgelauert. Er wollte mich töten." Feyn zischte auf, wärend Kyus eher vor sich hin knurrte. Ich bekam Angst. Keine Ahnung ob Elfen explodieren oder sich in was weis ich auch immer für Monster verwandeln konnten.

"Wie hat er das gemacht?", sprach Kyus zu seinem Vater. "Wahrscheinlich so wie wir es immer tun Kyus, durch Meditation!" Ich nickte, was mir einen halb wahnsinnigen Blick von meinem Freund einbrachte. "Was hat er dir  noch gesagt?" Ich sammelte mich und meine Gedanken. Bevor ich langsam alles erzählte.

Wie ich in völliger Dunkelheit wach wurde. Herum irrte. Wie ich Kyus Stimme warnahm. Die Begegnung mit Calatin, das Gespräch und das er zugab Kyus tot sehen zu wollte. Wie er mir erst drohte und meine Hand verletzte. Mich dann mit 'Energiebällen' angriff. Und wie er am Ende von einem Monster umgebracht wurde. Ich behielt es intuitiv für mich, zu erwähnen, dass ich es gerufen und auf ihn gehetzt hatte. Allen drei Elfen entwich ein zischen, als ich ihnen genau wiederholte, was Calatin erzählte, wie er die zwei umgangen hatte um unbemerkt in mich einzudringen. In dem Moment als ich es aussprach kam mir ein Gedanke. "Was ist eigentlich mit ihm passiert? Ist er tot? Es war doch nur sein Geist in mir oder?"

Doktor Ancoron antwortete, als Feyn ihn ansah. "Er wurde Ohnmächtig gefunden, er reagierte auf nichts und wurde dann zu unserem Volk und den heiligen Quellen gebracht."

Feyn hatte ein nachdenklichen Blick aufgesetzt. "Das erklärt natürlich vieles. Floriel, sag den Ältesten bitte bescheid, sie sollen Calatin festsetzen, sollte er zu sich kommen." Doktor Ancoron nickte und verschwand aus dem Zimmer. Feyn ging derweil auf und ab. Es machte mich nervös.
"Feyn! Was meinten Sie mit 'das erklärt vieles'?"
Ich dachte erst er hätte mich nicht gehört oder würde meine Frage ignorieren, aber dann drehte er sich zu mir um.

"Es erklärt erstens die Sache mit meinem Bruder wie wir gerade schon festgestellt haben. Das andere ist was du gehört hast in der 'Finsternis' und die Reaktion deines Körpers." Feyn begann wieder auf und ab zu laufen und strich sich dabei mit dem Zeigefinger über die Unterlippe. Kyus hingegen klammerte sich mit beiden Händen an meine Hand, wie ein ertrinkender. Als müsse er die drei Wochen erneut durchleben. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, das ich ihm diese Last nicht nehmen konnte.
"Du weist das wir mentale Stärken haben. Kyus spührte dich in deinem Körper auf, aber er war nach den zwei Wochen zu schwach als das er zu dir gelangen konnte. Calatin ist älter und erfahrener, er war wie es scheint schon in dir und hat den Weg verschlossen, das es Kyus verwehrte durchzudringen."
Ich runzelte die Stirn und fragte: "Aber hätten Sie nicht zu mir vordringen und mir helfen können? Sie sind doch bestimmt genauso erfahren wie Calatin?"
Feyn schmunzelte kurz. "Du musst wissen, dass nicht nur das Gift des Elfen von dem man vergiftet wurde eine Verbindung herstellt. Auch wenn man sich liebt. Das lässt einen die Seele des anderen leichter finden. Daher hätte ich es schwerer gehabt, sie überhaupt aufzuspühren. Schon allein weil die deine so schwach war. Es käme der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen gleich."
Ich verstand was er meinte. "Und wie war es Calatin dann möglich?
Feyn blieb am Bettende stehen und betrachtete seinen Sohn. "Ich denke, und das ist reine Spekulation, dass er Kyus Spur gefolgt ist, als er dich gesucht hat. Möglich das er dich auch zufällig fand. Das kann wohl nur er selbst beantworten." Ich spührte wie Kyus meine Hand fester hielt. Feyn ging zu dem kleinen Tisch in meinem Zimmer und stützte sich mit beiden Händen darauf ab. Er schien sich zu sammeln. Dann kam er wieder auf mein Bett zu und stellte sich hinter Kyus, dem er eine Hand auf die Schulter legte.
"Das andere ist was wir von deinem Kampf mitbekommen haben. Die Monitore spielten völlig verrückt, dein Herz hüpfte wie ein Gummiball zwischen rasen und Stillstand hin und her. Doch am Ende versagte es. Die Ärzte versuchten dich mit Elektroschocks wiederzubeleben, bis man dich aber nach einer halben Stunde für Tod erklärt hat. Auch Kyus konnte dich nicht mehr spühren."
Ich war völlig perplex. Mir fiel dieses piepen wieder ein, was mich so genervt hatte. Feyn drückte die Schulter seines Sohnes, bevor er noch sagte: "Ich geh jetzt dann mal und lass Euch allein. Sollte dir noch was einfallen Lucy, lass es mich wissen.
Und du Kyus solltest wirklich dringen in den Wald und Kraft schöpfen, wer weis ob wir sie nicht noch brauchen werden." Und damit ging er hinaus und lies uns allein…

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