Kapitel 22

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Zwei Tage warten wir, in denen wir kein Stück weiterkommen. Abwechselnd schieben wir Nachtschichten, doch bis auf eine weitere Einkaufstour, diesmal allerdings in einem einfachen Supermarkt, passiert nichts. Doch vor knapp einer halben Stunde habe ich Carter geschrieben und gefragt, ob wir uns sehen können. Während wir auf eine möglichst rasche Antwort hoffen, sitzen Zayn und ich bei geöffneten Türen auf der Ladefläche des Transporters, die Füße auf dem Asphalt. Michelle beobachtet von ihrem Auto aus die Zufahrt und Niall steht knapp zwei Meter vor uns mit einer Zigarette zwischen den Fingern.

Meine Hände schwitzen, als ich mein Handy in meiner Hosentasche vibrieren spüre. Er hat geantwortet. Das Kribbeln in meinem Brustkorb versuche ich zu ignorieren, denn es ist nicht das süchtigmachende, das ich bei Harry verspüre, sondern ein unangenehmes, bei dem mir fast schlecht wird.

Carter
Hi, Louis. Du versüßt mir mit deiner Nachricht den Tag. Soll ich dich irgendwo abholen? Wie wäre es mit einem Nachmittag am Strand?

»Sehr gut, sehr gut, sehr gut«, murmelt Zayn, nachdem ich die Nachricht vorgelesen habe. »Sehr gut?«, fiepe ich. »Das war ganz klar eine Einladung zum Date.« Er nickt und kramt dabei im Rucksack herum, den Niall gestern mitgebracht hat. »Ja, deswegen ja. Das ist doch genau das, was wir wollten.«

Seufzend reibe ich mit einer Hand übers Gesicht. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich das wirklich mache. »Was ist, wenn er mehr als nur quatschen will?« Zayns Räuspern zeigt mir, dass er ganz genau weiß, wovon ich spreche. »Denk an Harry«, antwortet er lediglich und zieht dann eine Schachtel in der Größe eines kleinen Schuhkartons hervor.

»Ich soll an Harry denken? Ja, das mache ich ständig. Du weißt doch ganz genau, wie er damals ausgerastet ist, als ich Liam geküsst habe«, werfe ich ein, während ich wild mit meinen Armen gestikuliere. »Das war doch was ganz anderes. Jetzt geht es darum, ihn selbst und Liam zu befreien. Du brauchst ja nicht direkt ... mehr mit Carter machen. Sag einfach, dass du den Körperkontakt langsamer angehen willst.«

»Eines sage ich dir: Ich werde nicht mit Carter vögeln. Sollte er das wollen, werden wir uns etwas anderes einfallen lassen müssen.«

»Ja ja, beruhig dich. Nicht jeder will sofort Sex haben«, sagt Niall, während er seine Zigarette austritt. »Aber ...«

»Ich dachte, wir hätten das schon geklärt. Wenn du es nicht machen möchtest, dann sag es bitte jetzt, wir verstehen das. Wenn doch, dann bleib dabei«, unterbricht mich Zayn, der nun den Deckel der Schachtel hochhebt. Zum Vorschein kommen ein paar Kabel, ein Headset, eine Art Walkie-Talkie, eine Uhr und eine kleinere Schatulle. Ich seufze, behalte dabei weiterhin Zayns Hände im Blick. Ich will das nicht machen. Aber wir haben keine Alternative, weshalb mir ja kaum etwas anderes übrig bleibt. Es wäre mir lieber, dass Harry enttäuscht von mir ist, als ihn tot zu wissen. Vielleicht habe ich ja Glück und Carter will, dass wir uns erst kennenlernen und das auch bei ihm zu Hause, bevor wir uns ... näher kommen. Allein bei dem Gedanken strebt sich in mir alles dagegen. Aber was sollen wir sonst machen? »Ist ja gut, ich mach es.«

»Sicher?«, hakt Niall nach, woraufhin ich nicke. »Ja, man. Sagt mir lieber, was das ist.« Sobald ich die Worte ausgesprochen haben, reicht Zayn mir die winzige Schachtel. Sie ist mit grauem Schaumstoff gefüllt, darin ein etwa zwei Millimeter kleines Metallplättchen sowie eine schmale Pinzette. »Das ist ein Ohrknopf und in der Uhr sind Mikrofon und Sender eingebaut. Wenn du beides trägst, können wir dich und du uns die ganze Zeit hören.«

»Ihr wollt mich verkabeln?«

»Na ja, Kabel sind heutzutage ja kaum noch nötig, aber wenn du es so nennen möchtest, dann ja. Dann wissen wir wenigstens, was gerade bei euch abgeht.« Verstehend nicke ich. In jeder anderen Situation hätte ich ihm wohl den Mittelfinger gezeigt, aber in der jetzigen Lage bin ich froh, dass ich wenigstens irgendeine Sicherheit habe. Auch wenn es nur über den Kopfhörer ist. »Du musst mir aber eine Sache versprechen. Egal, wer von uns irgendetwas sagt, antworte nur, wenn du dir zu tausend Prozent sicher bist, dass es niemand mitbekommt. Aufzufliegen können wir uns nicht erlauben«, fügt er bei.

Mein Kopf kippt zur Seite und meine Augenbraue wandert eine Etage nach oben. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Als ob ich das aufs Spiel setzen würde.« Immerhin geht es hier um Harry.

»Versprich es mir«, wiederholt er. Ich verdrehe die Augen, aber tue dann, was er sich wünscht. »Ich verspreche es.«

»Gut. Dann dreh dich mal, damit ich den Ohrknopf einführen kann.« Darum bemüht, mir ein Schmunzeln zu verkneifen, halte ich meinen Kopf so, dass er problemlos mit der Pinzette an mein Ohr kommt. In der spiegelnden Autoscheibe erkenne ich sein konzentriertes Gesicht, während er vorsichtig den Ohrknopf aus dem Schaumstoff pult und sich dann zu mir wendet. »Wackel nicht so, Louis.« Dann kann ich mich nicht zurückhalten und pruste los. Lachend halte ich mir den Bauch, während Zayns Blick verständnislos von mir zu Niall huscht. Er grinst auch, zuckt aber unschuldig mit den Schultern.

»Kann mich mal jemand aufklären?«, bittet Zayn, woraufhin ich mich noch immer kichernd wieder in Position begebe. »Du willst etwas in mich einführen.«

»Ja, den Ohrknopf. Ist das ein Problem?«

»Nein, nein. Mach nur. Solange du nichts anderes in mich einführst.«

»Was sollte ich denn ... Boah, Louis! Du bist so kindisch. Reiß dich doch einmal zusammen.« Seinem Ton nach zu urteilen, ist er nicht amüsiert, weshalb ich vielsagend zu Niall schaue. Mit einem knappen, aber stummen Nicken stimmt er mir zu. Oh, man. Ja, die Situation ist angespannt, aber einen winzigen Scherz werde ich ja wohl dennoch machen dürfen. Da Zayn aber gerade nicht für Späßchen zu haben ist, bleibe ich lieber still und lasse das Prozedere über mich ergehen. Die Pinzette im Ohr fühlt sich unangenehm an, doch als das Plättchen sitzt, spüre ich es nicht.

Auf Anweisung nehme ich auch die Uhr entgegen und schalte sie ein. Während ich noch damit beschäftigt bin, das Armband zu schließen, schnappt Zayn sich das Headset sowie das kleine Teil, das wie ein Walkie-Talkie aussieht und verschwindet damit hinter dem Transporter. Einen Moment schiele ich irritiert hinterher, doch als seine Stimme in meinem Ohr erklingt, zucke ich zusammen. »Kannst du mich hören?« Sogar sehr gut. Wow, hätte nicht gedacht, dass so ein winziges Stück Metall so etwas kann. »Ja, kann ich.«

»Gut, ich dich auch. Dann scheint es ja zu funktionieren.« Noch während er das sagt, kommt er wieder zu uns.

»Wofür sind die ganzen Kabel?«, frage ich, als er diese wieder in der kleinen Kiste verschwinden lässt. »Ladekabel. Die ganzen Dinge halten nur knapp 24 Stunden, dann müssen sie aufgeladen werden. Also versuche immer vorher dich zu verabschieden und zurückzukommen.« Ich will eine sarkastische Antwort geben, doch als ich seine ernste Miene sehe, schnürt sich meine Kehle zusammen. Sollten solche ›Dates‹ nicht höchstens zwei oder drei Stunden gehen? Warum sollte ich länger als 24 Stunden bei Carter bleiben?

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Louis ist gewappnet für sein erstes Date mit Carter. Wie das wohl ablaufen könnte? 😱

Zatago III - [Larry-AU]On viuen les histories. Descobreix ara