Kapitel 23

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Mit einem ekelerregenden Klopfen in meiner Brust und schwitzenden Händen öffne ich einige Stunden später die Beifahrertür des grünen Sportwagens. Ein letztes Mal atme ich tief durch, bevor ich mich in den Sitz schmeiße und mich dann mit meinem besten Lächeln zu Carter drehe. »Hey.«

»Hey«, sagt er ebenfalls grinsend. »Wie geht es dir?« Beschissen. Mir geht es absolut beschissen. Mein Freund wurde von dir und deinen dummen Affen verschleppt, sodass ich dir am liebsten in die Fresse schlagen würde, während ich mit dir einen gemütlichen Nachmittag am Strand verbringen werde. Mir kommt die Galle hoch. Ich fühle mich hundsmiserabel, schlimmer als bei meinem Outing damals. Schade, dass ich genau das jetzt nicht sagen darf. »Ich sehe dich, da kann es mir doch nur gut gehen. Und dir?«

»Mir geht es auch hervorragend. Ich habe nicht damit gerechnet, dich so schnell wiederzusehen.« Ich wünschte, ich müsste dich nie wiedersehen, du elendiger Bastard. Wie kann man nur so abartig sein? »So kann man sich täuschen. An welchen Strand fahren wir überhaupt?«

»Ich dachte mir, dass wir unsere Zeit nicht unbedingt im Auto verschwenden, sondern direkt an den Strand in Montara fahren.« Gott sei Dank. Wäre ja noch schöner gewesen, wenn er mich auch noch ins Nirwana gebracht hätte.

Die Fahrt dauert nur knapp fünfzehn Minuten. Fünfzehn Minuten, die extrem viel Selbstbeherrschung von mir verlangen. Gemeinsam mit Carter in dem knappen Raum des Autos wird mir unglaublich warm, allerdings aus anderen Gründen als üblich. Außerdem höre ich keinen einzigen Mucks von Zayn, Niall oder Michelle. Hoffentlich funktioniert dieses Scheißteil überhaupt auf diese Entfernung. Mir juckt es unter den Nägeln, kurz flüsternd nachzufragen, doch ich weiß, dass Zayn mich killt, wenn ich das mache.

Der Strandparkplatz ist wenig besucht, was wohl daran liegt, dass wir es mitten in der Woche haben und die meisten Menschen noch arbeiten sind und erst in den nächsten Stunden Feierabend haben. Nebenan steht ein kleines Restaurant namens La Costanera. Das spitz zulaufende Dach des Gebäudes ragt bis auf den Boden und davor wurden an einigen Masten verschiedene Flaggen gehisst. Doch die heruntergezogenen Jalousien zeigen, dass momentan geschlossen ist. Im Hintergrund dringt bereits das Rauschen der Wellen zu mir .

»Magst du die Decke tragen?« Ich blinzle und löse meinen Blick von der Umgebung, um zu Carter zu schauen. Lächelnd hält er mir eine senfgelbe Wolldecke entgegen, die ich ihm abnehme. Er schnappt sich stattdessen einen kleinen Korb, bevor er die Klappe des Kofferraumes verschließt. »Was hast du da mit?«, frage ich ihn.

»Ach, nur ein paar Kleinigkeiten. Komm, lass uns gehen.« Nickend drehe ich mich zum schmalen Fußweg, der hinunter zum Sandstrand führt. Als Carter neben mir herläuft und dann seinen Arm um meine Schulter legt, zieht sich alles in mir zusammen. Ich will ihn schubsen, ich will ihn anpöbeln, ich will ihn anspucken. Doch nichts dergleichen wäre gerade ratsam. Umso schneller ich an Carter rankomme, desto schneller können wir Liam und Harry befreien. Immer wieder rufe ich mir das in Erinnerung. Deshalb grinse ich breit und schmiege mich etwas an ihn, während ich meinen freien Arm um seine Taille lege. Ich sollte froh sein, dass Carter direkt beim ersten Treffen einen Annäherungsversuch startet und ich das nicht übernehmen muss. So kann ich wenigstens ein jungfräuliches Image wahren.

Tz, jungfräuliches Image. Mein Arsch hat mir Eicheln gesehen als ein Förster mit zwanzig Jahren Berufserfahrung.

Aber solange Carter mir das abkauft, ist alles gut. Nichts und niemand wird mich überredet bekommen, mit ihm ins Bett zu steigen.

Nur wenige Besucher schlendern über den weichen Sand, einige haben es sich ebenfalls auf einer Decke bequem gemacht und ein paar Kinder spielen im Wasser. Es hat sich abgekühlt in der letzten Nacht, doch noch immer laden die Temperaturen zum Schwimmen ein. Einen Moment überlege ich, ob Carter wohl auch ins Meer möchte, doch dann denke ich an den Ohrknopf. Ich habe keine Ahnung, ob der wasserfest ist oder raus rutscht, wenn man taucht. Wahrscheinlich wäre es also besser, wenn ich heute an Land bleibe. Und wenn der ganze Scheiß hier vorbei ist, werde ich mit Harry ans Meer fahren und dort einen romantischen Urlaub verbringen. Das schwöre ich. Die Seele baumeln lassen, Erholung, gutes Essen und Sex. Viel Sex.

Als wir auf dem senfgelben Stoff sitzen, kramt Carter aus seinem Korb eine Flasche Wein sowie zwei Plastikbecher hervor. »Es ist zwar nicht ganz so edel, aber ich denke, sie erfüllen ihren Zweck«, grinst er und macht sich daran, mit einem Korkenzieher die Flasche zu öffnen. Zum Glück ist sie noch verschlossen, ansonsten weiß ich nicht, ob ich es hätte trinken können. Nachher hätte er mir da noch irgendwas hinzugemischt. Okay, vielleicht schaue ich zu viele Filme. Wobei ... nein, dieser Kerl hält zwei Männer gefangen, er ist also zu Vielem fähig. Ich muss zusehen, dass wir möglichst schnell vorankommen.

Räuspernd ziehe ich die Beine an und lege meine Arme darauf. »Erzähl mir was von dir. Was machst du so beruflich?« Mal sehen, was er mir für eine Lüge auftischt, denn ich bin mir sicher, dass er nicht arbeiten geht. Er wird seine Kohle anders beschaffen. Einen Moment scheint er zu zögern, dann lässt er seinen Blick über das blaue Meer gleiten. »Ich bin Türsteher in einem Nachtclub in San José. Daher habe ich ja auch tagsüber frei.« Türsteher. Wer's glaubt. Sollten Türsteher nicht eher monströse Schränke sein, vor denen man Angst hat? Er kommt mir für so einen Job viel zu schmächtig rüber. Wenn da mal einer Stress schiebt, hat er doch kaum eine Chance. »Und was machst du so?«

Wenn du Harry oder Liam auch nur ein Haar krümmst, werde ich zum Berufskiller. »Ich studiere Pädagogik in Riverside. Jetzt gerade habe ich aber Semesterferien, die ich hier bei meiner Familie verbringe. Sobald das Studium zu Ende ist, ziehe ich auch wieder hierher.« Gut gelogen, Tomlinson. Na ja, so bringt mir mein Sportstipendium wenigstens einmal im Leben etwas.

»Pädagogik? Du arbeitest gerne mit Kindern? Willst du selbst mal welche haben?« Ganz schön viele Fragen auf einmal, mein Freund. »Ich und Kinder? Besser nicht. Nur weil man gerne mit ihnen arbeitet, heißt es ja nicht, dass man selbst welche haben möchte.«

»Ja, da hast du auch wieder recht. Hier, lass uns anstoßen.« Einen der inzwischen gefüllten Plastikbecher reicht er mir, bevor er die Flasche vorsichtig in eine kleine Kuhle in den Sand stellt und dann selbst zum anderen Becher greift. »Auf was stoßen wir an?«, frage ich ihn zwinkernd. »Auf uns und den wundervollen Tag, den wir miteinander verbringen dürfen.« Ich kotze gleich. Doch entgegen meines Befindens grinse ich und tippe dann vorsichtig mit meinem Getränk gegen seines, ehe ich den gekühlten Weißwein in meinen Mund fließen lasse. Auf dass er mir dabei helfen möge, die nächsten Stunden zu überstehen.

»Louis, frag ihn noch mehr. Versuch, so viel wie möglich über ihn herauszufinden.« Erschrocken von Zayns Stimme, die plötzlich in meinem Ohr ertönt, zucke ich zusammen. Fast antworte ich, doch gerade rechtzeitig kann ich mir meine Worte verkneifen. Immerhin weiß ich jetzt, dass der Ohrknopf funktioniert.

Lächelnd nehme ich noch einen Schluck, bevor ich den Becher auf ein kleines Tablett, das Carter ebenfalls mitgebracht hat, abstelle und dann zu ihm schaue. »Wohnst du eigentlich alleine?« Er schüttelt den Kopf. »Nein, ich lebe in einer Art ... Wohngemeinschaft. Mit meinen Brüdern habe ich ein großes Haus gekauft, in dem wir wohnen. So ist man wenigstens nie alleine und hat seine Familie bei sich.« Ach ja, wie wundervoll. Also ich könnte mir nicht vorstellen, mit meinen Blutsverwandten unter einem Dach zu leben. »Also nur mit deinen Brüdern? Oder hast du auch ... einen Partner, der bei dir wohnt?«

Leicht verwundert, aber dennoch schmunzelnd blickt er mich mit seinen eisblauen Augen an. »Würde ich dann hier mit dir sitzen, Louis?« Ja, das traue ich ihm durchaus zu. Wer Menschen einsperrt und sich somit strafbar macht, ist auch zu harmloseren Tätigkeiten imstande. »Nein, würdest du nicht«, erwidere ich dennoch.

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Hach, diese Romantik xD Ob Louis es schafft, sein Spiel durchzuziehen?

Zatago III - [Larry-AU]Where stories live. Discover now