Zatago III - [Larry-AU]

Kapitel 31

Mein Herz drückt unangenehm gegen meinen Brustkorb, als ich am nächsten Tag gegen Mittag die nun aufgeladene Armbanduhr anlege. Gleich muss ich wieder meine Maske aufsetzen und Carter den unschuldigen Freund vorspielen. Ich könnte kotzen, wenn ich daran denke.

»Ist alles okay bei dir?«, fragt mich Zayn, der meine grimmige Miene bemerkt. Ich verdrehe die Augen und öffne die kleine Schatulle, in der sich der Ohrknopf befindet. »Alles bestens.« Mit der Pinzette in der Hand stelle ich mich so, dass ich im Seitenspiegel des Transporters mein Ohr sehe. Inzwischen kann ich mir dieses Scheißteil selbst einsetzen. »Du siehst aber nicht so aus, Louis.«

Obwohl ich mich auf den Ohrknopf fokussiere, ziehe ich die Augenbrauen hoch. »Ich will dich mal sehen, wenn du mit jemandem rummachen musst, während Michelle irgendwo eingesperrt ist. Vielleicht noch verletzt und gefoltert? Wie würde es dir dann gehen?« Darauf antwortet er nichts mehr. Das ist auch besser so, denn irgendeinen dummen Spruch kann er sich sonst wo hinstecken. Ich bin froh, dass ich noch keinen Nervenzusammenbruch hatte, auch wenn mir so gut wie jeden Abend stumme Tränen über die Wangen laufen. Bisher ist es mir aber jedes Mal gelungen, mich zu fangen. Ich muss jetzt stark sein. Für Harry.

Räuspernd packe ich die Pinzette zurück in die Schachtel, während ich den Kloß in meinem Hals herunterschlucke. Harrys T-Shirt, das ich gerade trage, tausche ich gegen einen Kapuzenpulli. Dann verabschiede ich mich von den anderen und mache mich auf den Weg in das Haus des Grauens.

Der Himmel ist bedeckt, sodass es kein einziger Sonnenstrahl bis auf den Boden schafft. Die Reifen der vorbeifahrenden Autos spritzen kleinste Wassertropfen der durch den nächtlichen Regen entstandenen Pfützen in die Luft, während ich über den löchrigen Asphalt schlendere und die Hände in die Bauchtasche des Pullis schiebe. Wie lange ist Harry jetzt schon weg? Im ganzen Tohuwabohu habe ich den Überblick verloren, aber zwei Wochen müssten es bestimmt schon sein. Vierzehn lange Tage, in denen ihm wer weiß was angetan wurde. Und dann kommt sein Freund und schmeißt sich an seinen Exfreund ran. Super. Wenn es ihm nicht jetzt schon elendig geht, wird es der Fall sein, sobald er von meinem Verhalten erfährt. Ich bete dafür, dass er es versteht.

»Louis?«, wispert Zayn kurz vorm Ziel ins Headset, der die erste Schicht übernimmt. »Hm?«

»Tut mir leid wegen eben.«

Ich seufze und schüttle den Kopf. »Schon okay, du hast ja eigentlich gar nichts gesagt.«

»Trotzdem. Die Situation ist ätzend genug und ich weiß, wie viel sie von dir abverlangt.« Na immerhin sieht er es ein. Außerdem bringt es nichts, wenn ich jetzt wütend auf ihn bin. Ich brauche seine Unterstützung da drinnen, auch wenn es nur über den Kopfhörer ist. »Ist okay. Es ist für uns alle nervenaufreibend. Ich bin jetzt gl...« Ich verstumme, als die Haustür aufgeht, obwohl ich noch einige Meter entfernt bin. Glücklicherweise ist es aber Liam, der lächelnd im Türrahmen darauf wartet, dass ich bei ihm ankomme.

Zügig bringe ich die letzten Schritte hinter mich und lasse mich dann von ihm in eine Umarmung ziehen. »Schön, dich zu sehen. Ich weiß, wo Harry ist. Komm heute Nacht um zwei Uhr in die Küche, dann bringe ich dich zu ihm«, flüstert er. Ich habe keine Chance darauf zu antworten, da löst er sich schon wieder von mir. Er bringt mich zu Harry! Endlich sehe ich ihn wieder. Doch obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche, als ihn zu sehen, wabert da noch ein anderes Gefühl durch meinen Körper. Eine brennende Ungewissheit, in welchem Zustand er sich befindet.

»Hey, mein Süßer.« Carter. Allein seine Stimme zu hören, lässt jedes kleinste Glückshormon in meinem Inneren verpuffen. Ich sammle mich eine Sekunde und hole dann unbemerkt tief Luft, bevor ich mich grinsend zu ihm drehe. »Hi.« Carter erwidert mein Grinsen, während er auf mich zukommt. Kurz huscht sein Blick zu Liam, dann schlingt er einen Arm um meinen Nacken und küsst mich. Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubt, spiele ich mit und lege meine Finger auf seine Brust.