Kapitel 24

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Drei Dates mit diesem miesen Schwein muss ich über mich ergehen lassen, bis er mich endlich zu sich mit nach Hause nimmt. Dafür musste ich ihm aber glaubhaft versichern, dass mein Kinderzimmer bei meinen Eltern absolut gastunfreundlich ist. Zum Glück hat er letzten Endes doch zugestimmt, dass wir zu ihm fahren.

Meine Nervosität war bei den letzten beiden Treffen kaum noch vorhanden, doch heute ist sie umso schlimmer. Mit tiefen Atemzügen versuche ich, meinen zitternden Körper unter Kontrolle zu bringen, immerzu wische ich meine Hände an meiner Hose ab und ich sehne mir einen Brecheimer herbei. Noch ist nichts weiter als ein paar mehr oder weniger zufällige Berührungen zwischen uns passiert, doch ich habe das dumpfe Gefühl in meinem Bauch, dass sich das bald, wenn nicht sogar heute, ändern wird. Hier bei ihm zu Hause im Schutz vor der Öffentlichkeit bin ich mir fast sicher, dass Carter mehr will, selbst wenn es nur ein Kuss ist. Mir graut es davor. Falls es dazu kommen sollte, hoffe ich, dass ich mich beherrschen kann, ihm nicht eine zu verpassen.

»Du willst mich doch wohl nicht entführen«, scherze ich, als wir über das mir bereits bekannte Gelände fahren. Hätte ich doch damals nur gewusst, was passiert. Wie lange habe ich Harry jetzt schon nicht mehr gesehen? Acht Tage müssten es inzwischen sein. Um ihm etwas anzutun, ist das viel zu viel Zeit. Ich hoffe so sehr, dass das nicht der Fall ist, immerhin war Liam auch irgendwie in der Lage, uns diesen komischen Brief zu schreiben. »Und wenn's so wäre?«, schmunzelt Carter und legt dann seine Hand über die Mittelkonsole hinweg auf meinen Oberschenkel. Mir stellen sich die Nackenhaare auf, so falsch fühlt sich das an. Nur Harry darf das.

»Dann sollte ich jetzt wohl besser aus dem Auto springen.« Ich lache und lege meine Hand auf seine. Zum Glück ist er gepflegt, ansonsten könnte ich niemals irgendwelche dreckigen Griffel von anderen Personen anfassen. »Noch hast du die Chance, Louis. Aber wenn du erst einmal bei mir bist, lasse ich dich nicht mehr so schnell gehen.« Seufzend lege ich mir die andere Hand auf die Brust und schließe kopfschüttelnd die Augen. »Oh, nein. Das wäre ja schrecklich, wenn ich bis an mein Lebensende die Zeit mit so einem attraktiven Mann verbringen müsste.« Endlich mal ein Satz, den ich voll und ganz ernst meine.

Nun lacht auch Carter wieder, während er seinen Wagen über die holprige Zufahrt lenkt. »Ich finde dich auch sexy und freue mich auf den Tag mit dir. Ich bin mir sicher, dass dich meine Brüder auch mögen werden.«

›Ich finde dich auch sexy‹ äffe ich in Gedanken nach.

Jeder findet mich sexy, Honey.

Vor zwei Jahren hätte ich mich vielleicht wirklich an ihn rangemacht. Damals, als ich noch nichts von seinen Machenschaften wusste und Harry noch nicht in meinem Herzen existierte. Er ist nämlich wirklich attraktiv, wenn auch nicht ganz mein Beuteschema von damals. Aber ich stand schon immer auf große und trainierte Typen. So wie Harry, meinem persönlicher Sexgott.

Als Carter um das Gebäude herumfährt, staune ich nicht schlecht. Der fast schon parkähnliche Garten ist riesig, der englische Rasen so gerade geschnitten, als hätte jemand nachgemessen, kein bisschen Unkraut in den Blumenbeeten und der kleine Springbrunnen ist das i-Tüpfelchen der Spießigkeit. Wer soll denn glauben, dass hier eine Männer-WG haust? Dem Garten nach zu urteilen, ist es wahrscheinlicher, dass die britische Königsfamilie hier wohnt.

Meine Sicht wird mir genommen, als wir in eine dunkle Garage fahren, in der sich ein ganzer Fuhrpark befindet. »Bereit?«, fragt er mich lächelnd, da er anscheinend meinen skeptischen Blick bemerkt. Doch schnell fange ich mich wieder. »Ich war nie bereiter.« Okay, das ist gelogen. Mir geht der Arsch auf Grundeis.

Carter greift nach meiner Hand und verschränkt unsere Finger, nachdem er von außen die Garage verschlossen hat und wir gemeinsam über den gepflasterten Weg zur Haustür gehen. So kann ich noch einmal einen Blick auf diesen überdimensionalen Garten werfen. Ein Gärtner muss hier mindestens acht Stunden am Tag ackern, damit er so bleibt, wie er jetzt ist. »Meine Brüder werden dich lieben. Du brauchst also keine Angst haben.«

»Ach ja? Woher willst du das wissen?«

»Wenn sie sehen, dass ich glücklich bin, sind sie das auch.« Ach herrje, da bekomme ich ja bald Mitleid. Blöd für ihn, dass ich ihm bald schon das Herz brechen werde. Zu schade, dass ich ihm das nicht direkt unter die Nase reiben kann. »Und? Bist du glücklich?«, frage ich stattdessen und rücke ein bisschen näher. Indessen hält Carter inne. Sein Blick streift meine Augen, dann meine Lippen. Oh fuck, jetzt ist es so weit. Ich will nicht, aber ich weiß, dass ich muss. Für Harry, auch wenn ich beim Gedanken an die nächsten Sekunden brechen könnte.

Ich lächle leicht und als ich ihm entgegenkomme, zucken auch seine Mundwinkel. »Sehr glücklich«, wispert er. Dann legt er seinen Arm um meinen Nacken und zieht mich zu sich, doch noch bevor wir uns küssen, wird plötzlich die Haustür aufgerissen.

»Herein spaziert, herein spaz ...« Die Stimme verstummt. Erschrocken springen wir auseinander. Über den Ohrknopf höre ich irgendetwas scheppern und Zayns Fluchen: »Was? Bitte sag, dass ich mich verhört habe. Heilige Scheiße!« Wenn ich könnte, würde ich ihm seinen Wunsch erfüllen, doch mit großen Augen starre ich den Mann an, der soeben den Kuss zwischen Carter und mir verhindert hat. Was zum Eichhörnchen geht hier vor sich?! Kurz glaube ich ebenfalls Überraschung in seinen Augen zu sehen, doch so schnell wie sie da ist, ist sie auch wieder verschwunden. »Man, du hast echt ein beschissenes Timing«, lacht Carter und fährt sich verlegen mit den Fingern durch die Haare. »Sorry, war keine Absicht«, grinst Angesprochener und hält uns dann die Tür auf.

»Louis, darf ich vorstellen? Das ist mein Bruder Liam. Liam, das ist Louis.« Bruder? Bruder?! Was zum Geier?! »Das darf nicht wahr sein. Ich hab seine Stimme sofort erkannt«, zischt auch Zayn. Liam streckt mir grinsend die Hand entgegen und wartet darauf, dass ich sie greife. »Hi«, sagt er knapp, was ich noch immer perplex erwidere. Liam ist Carters Bruder? Das kann doch nicht sein. Die hatten doch mal was miteinander. Das wäre ja ... Ich mag die Vorstellung gar nicht zu Ende denken. Wenn Carter Liams Bruder ist, dann ... Warum ist Liam hier? Warum ist er nicht gefangen, so wie er es im Brief geschrieben hat? Oder ist er etwa ... War das vielleicht eine Falle? Ist er etwa einer von ihnen? In meinem Kopf bildet sich in diesem Augenblick keine logische Erklärung. Im Hintergrund höre ich Zayn leise nach Niall rufen, wofür er sich etwas vom Mikrofon weggedreht haben muss.

»Habt ihr Hunger? Pia und Samuel sind gerade fertig mit Kochen«, erklärt Liam und schließt hinter uns die große Haustür aus Glas, nachdem wir das Gebäude betreten haben. Pia und Samuel. Ich sollte mir möglichst alle Namen merken, hoffentlich bekomme ich das hin. Hat Harry nicht schon mal den Namen Pia erwähnt? Ich bin mir sicher, denn irgendetwas klingelt da bei mir. »Du bist mein Gast, entscheide du«, flüstert Carter genau in das Ohr, in dem sich auch der kleine Kopfhörer befindet. »Sag ja«, meint Zayn, weshalb ich nicke. »Ja, ein bisschen Hunger hätte ich schon.«

»Dann setzt euch doch schon mal«, bittet Liam und verschwindet dann durch eine Tür, hinter der ich die Küche vermute. Der Eingangsbereich ist hell und freundlich, einzelne Details vergoldet. Der marmorierte Boden und die hellrosanen Gemälde an der Wand passen so gar nicht in das Bild, das ich von Carter habe. In meinen Augen ist er ein widerlicher Dreckskerl, der in den Abgrund gehört. »Ich führe dich später herum. Lass uns erst einmal etwas essen.«

Wir folgen Liam durch die Tür, durch die er eben verschwunden ist. Wie vermutet, betreten wir die Küche, die mindestens so gut ausgestattet ist wie die eines Fünf-Sterne-Restaurants. Weiße Hochglanzfronten und dunkles Granit dominieren den Raum, in dem sich auch eine große Tafel befindet. »Hey, ich möchte euch jemanden vorstellen. Das ist Louis. Louis, das sind Pia, Liams Verlobte, und Sam, mein Bruder. Ich habe noch zwei weitere Brüder, aber die sind gerade unterwegs.« Pia ist Liams Verlobte?! Ich komme nicht mehr klar. War die Hochzeitsmitteilung etwa doch echt? Aber warum tut er denn so, als würde er mich nicht kennen?

»Hallo, schön, dich kennenzulernen«, begrüßt mich Pia mit einem breiten Lächeln, das auch ihre Augen erreicht – ein Mix aus Grau, Blau und Grün. Sie hat honigblonde, glatte Haare, die ihr bis knapp über die Schulter reichen und sie ist vielleicht zwei oder drei Zentimeter größer als ich. Kurz danach reicht mir auch Samuel die Hand. Sein Gesicht kenne ich bereits. Er ist einer der Kerle, die Harry vor über einer Woche im Wald mitgenommen haben. Er hat eine Glatze, und die muskelbepackten Arme deuten daraufhin, dass er nicht nur einmal im Monat das Fitnessstudio besucht. Großartig. Da fühle ich mich doch direkt wohl.

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Oh, oh, ohhhhhhh ... Liam is back! Und wie er back ist! Was wird da eigentlich gespielt? Louis ist jetzt schon verwirrt xD

Zatago III - [Larry-AU]Where stories live. Discover now