Epilog

4.7K 356 128
                                    

Viele Monate später.
  

Es gibt Worte, die möchte jedes Mädchen einmal hören. Ich hatte sie so viele Male gehört, dass ich ein ganzes Buch damit füllen konnte. Ich hatte sie gesagt und sie gehört. Mich über sie lustig gemacht und auch wiederum ernst gemeint. Denn vier Worte hatten eine entscheidende Macht über uns.

»Alyssa, willst du Kuchen?«

Okay, auch diese vier Worte hatten eine nicht zu unterschätende Macht über mich.

»Ich komme gleich!«, rief ich in den Flur und schloss den Reißverschluss des Kleides. Man wollte immerhin gut zum ersten Hochzeitstag seiner Cousine aussehen.

Jap, Nathalie hatte sich getraut. Schon wieder. Kurz nach Noah und meiner emotionalen Wiederversöhnung hatte Nathalie bekannt gegeben, dass Colin und sie heiraten würden. Noch in derselben Woche. Eine spontane Hochzeit, nur mit den engsten Freunden.

Soviel zum Thema, dass sie es diesmal nicht überstürzte ... Ich hoffte nur, dass diese Ehe Bestand hatte. Sie war glücklich, doch das war sie bisher immer gewesen. Und jetzt, da ich nicht mehr hier lebte, wollte ich nur umso mehr, dass sie mit ihrem Leben zurecht kam, auch ohne mich.

Im Garten versammelten sich die üblichen Verdächtigen, als ich zu ihnen stieß. Carla saß mit Kai auf einem der neuen Terrassenstühlen und lachte gerade. Nicht unweit entfernt stand Ari, den Nathalie eingeladen hatte, damit er sich nicht so ausgeschlossen fühlte. Am Buffet standen Nathalies Eltern, die mir verhalten zulächelten, als ich an ihnen vorbei ging, direkt auf Noah zu, der in ein tiefes Gespräch mit einer Blondine versunken war. Zumindest bis sein Blick auf mich viel und sein ganzes Gesicht aufhellte.

»Keine Ketchupflecken mehr, wie ich sehe«, sagte er mit einem viel zu breiten Grinsen und küsste mich auf den Mundwinkel, ehe er mir den Arm um die Taille schlang.

»Kann ich was dafür, wenn Yvettes Sohn mich noch immer hasst?«, fragte ich zurück und lächelte seine Gesprächspartnerin an. »Charlotte, danke dass du meinen Freund beschäftigt hast.«

Colins Schwester nickte und verabschiedete sich gleichzeitig von uns, um sich jemand anderen zum Unterhalten zu suchen. Mit mir kam Colins Familie definitiv nicht klar, auch wenn ich nicht genau wusste, woran das lag.
Vielleicht weil ich sie betrunken auf der Weihnachtsfeier Spießer genannt hatte. Aber es war nicht meine Schuld gewesen, dass Noah mich mit Eierpunsch und Glühwein abgefüllt hatte, um zu feiern, dass wir es endlich hinbekommen hatten.

Uns endlich hinbekommen hatten.

Den  ja, wir waren ein Paar. Endlich. Hochoffiziell.

Er hatte sich im Herbst von Elaine getrennt, die es erstaunlich gefasst hingenommen hatte. Vielleicht weil sie bemerkt hatte, dass ich wirklich nichts damit zu tun hatte. Ich hatte alles versucht, um weiterhin nur Noahs beste Freundin zu sein, auch wenn es mich fast umgebracht hatte.

Doch hier waren wir jetzt, Noah und ich.

»Alyssa?«

»Hm?«, fragte ich und lenkte meinen Blick von Nathalie zurück zu Noah. Hatte meine Cousine etwa gerade freiwillig Philipp umarmt? Der kleine Mistkerl hatte eben noch –

»Ich muss dich etwas fragen.«

Nicht für eine Sekunde der Welt wäre mir in den Sinn gekommen, was Noah im Begriff war zu tun. Nicht für eine Sekunde hätte ich geglaubt, dass er das abziehen würde. Niemals hätte ich erwartet, dass er auf ein Knie herunter ging und meine Hand nahm.

Doch es war Noah. Wieso verwunderte es mich noch?

»Ich wollte das hier eigentlich länger planen und mir genau überlegen, was ich sage, aber so war ich nie. Ich bin der spontane Mensch. Ich denke nie sehr lange über eine Aktion nach, aber hierüber habe ich sehr lange nachgedacht. 99 Mal, wenn du es genau nimmst.«

Ich unterbrach ihn nicht. Ich rührte mich ja nicht einmal. Ließ ihn einfach reden.

»Ich liebe dich, Alyssa. Viel länger als es mir klar ist. Du bist meine Seelenverwandte, meine bessere Hälfte, meine treuste Partnerin. Wir sind noch jung und eigentlich will ich auch nichts überstürzen, weil uns noch viele viele Jahre bleiben, aber ich muss es dich dennoch fragen. Gerade jetzt, gerade hier. Zum 100. Mal, nur dass es diesmal kein Spaß ist und ich es nicht zurücknehmen werde.
Willst du mich heiraten? Irgendwann, irgendwo? Willst du einen neuen Titel bekommen und meine Ehefrau werden, statt meine Freundin zu sein? Auch wenn es nur ein Stück Papier ist und eigentlich wertlos? Willst du Alessandra Hinze werden und mit mir -«

»Ja, Noah. Ich will.«

So machte Noah mir inmitten all meiner Liebsten einen Heiratsantrag, den keiner von ihnen mitbekam und von dem sie mir niemals glaubten, dass er wirklich stattgefunden hatte. Denn die Stille passte nicht zu uns beiden, nicht zu Noah und Aly, die immer alles taten, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Doch dieses eine Mal waren wir leise geblieben.

Es gibt Worte, die möchte jedes Mädchen einmal hören. Ich hoffe sehr, sie niemals wieder hören zu müssen.


   
   

    

    
[A/N: Danke Herzchen! Für jeden Kommentar, jedes Herz. Danke dass ihr mitgefiebert habt!
Es bedeutet mit unheimlich viel, dass ihr Alyssa & Noah so ins Herz geschlossen habt.
Seit drei Jahren arbeitete ich an der Geschichte (na gut. Insgesamt vielleicht 6 Monate mit groooooßer Pause dazwischen) und sie hat ihre Längen und ist sicher nicht perfekt.
Aber das muss sie für mich auch nicht sein.
Ich mag meine Noaly wie sie sind ❤

Ich werd das hier vermissen! ❤😭]

99 MalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt