49 | Wie gelingt mir eine Kurzgeschichte?

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Hallo, ihr Menschen da draußen.

Kurz und knackig. Darum geht es heute, denn wir beschäftigen uns mit Kurzgeschichten. Eine ganze Zeit lang habe ich kaum welche geschrieben, da ich den Sinn in ihnen nicht gesehen habe. Warum die Mühe, wenn daraus eh kein Roman wird? Aber in den vergangenen Monaten habe ich sicherlich Dutzende Kurzgeschichten geschrieben und komme gar nicht mehr so richtig davon los. Warum ich sie so toll finde und wie man eine gute Kurzgeschichte schreibt, möchte ich euch in dieser Ausgabe erzählen. Dabei decke ich einen weitverbreiteten Mythos auf, erkläre die Funktion der Pointe und zu guter Letzt habe ich auch noch einen Beispieltext angehängt. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!


Meine 1. Frage: Habt ihr schon einmal eine oder mehrere Kurzgeschichten geschrieben? Wenn ja, worum ging es in eurer ersten und letzten?


49.1 | Mythos: Kurzgeschichten sind einfach

Dieser Mythos hält sich leider hartnäckig, auch wenn genau das Gegenteil der Fall ist. Kurzgeschichten können einfach sein – aber gerade zu Beginn gestalten sie sich schwierig. Denn es steht euch viel weniger Platz zur Verfügung, um Fehler zu machen! Kurzgeschichten bestehen auf der Skizzierung einer Situation und der Reaktion auf ebendiese Situation: ziemlich geradeheraus, nicht wahr?

Lesen wir uns doch mal durch, was Alex Tolstoi dazu zu sagen hat – frei zitiert: "Die Kurzgeschichte ist die schwierigste Kunstform. In einer großen Erzählung kann der Schriftsteller den Leser durch malerische Schilderungen, scharfsinnige Dialoge und wer weiß was noch alles 'einwickeln'. Hier aber steht er nackt da. Er muss klug, er muss bedeutsam sein, denn die kleine Form erlässt ihm keineswegs den großen Inhalt. Er muss kurz und treffend sein, wie der Dichter eines Sonnets, aber das Treffende muss durch die Verdichtung des Stoffes, durch die Auswahl des unbedingt Notwendigen erreicht werden. Architektonisch muss die Kurzgeschichte mit einem Komma und dem großen Aber dahinter aufgebaut und ein vollendetes Kunstwerk sein. Die Kurzgeschichte ist die beste Schule des Schriftstellers."

Ich stimme Tolstoi vollkommen zu! Und wie er im letzten Satz des ausgewählten Zitats meint: Kurzgeschichten eignen sich perfekt dafür, die eigenen Erzählfähigkeiten zu schärfen. Grundsätzlich sollte gesagt sein, dass es keinen perfekten Einstieg ins Schreiben gibt, aber Kurzgeschichten zu schreiben und sich mit der Materie zu beschäftigen, kann schon einmal nicht schaden. Denn so abgedroschen dieser Spruch auch klingen mag: Übung – in jeglicher Form – macht den Meister!


49.2 | Vorarbeit

Die Vorarbeit für eine Kurzgeschichte ist tatsächlich noch wichtiger als bei umfangreicheren Projekten, um pointiert und zielgerichtet schreiben zu können. Um strukturiert an die ganze Sache herangehen zu können, habe ich hier ein paar Richtlinien aufgestellt, an die man sich halten könnte.

Alle unentbehrlichen Bausteine der Geschichte aufschreiben: Was muss der Leser wissen, damit die Schlusswendung für ihn nicht vollkommen aus dem Nichts kommt? Aus welchen Einzelteilen besteht die Geschichte, bzw. entwickelt sich der Konflikt? Welche Eigenschaften muss eine Figur haben, damit sie in der Schlusswendung so reagieren kann, wie sie reagieren soll (evtl. Steckbrief)? Welche Teile aus der Vorgeschichte sind für das Verständnis notwendig?

Erzählelemente ordnen: Welche sind wichtig für den Verlauf der Geschichte/ Pointe/ des Konflikts, welche für die beteiligten Figuren?

Bauplan der Erzählung erschaffen: Wie sieht das Handlungsgerüst aus? Wie verhalten sich die einzelnen Szenen zueinander? Gibt es Rückblenden, etc.?

Abfolge der unentbehrlichen Textelemente überprüfen: Wirkt alles stimmig? Hierbei lohnt es sich, Betaleser zurate zu ziehen.


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