20 | Wie erschaffe ich dreidimensionale Nebencharaktere?

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Hallo, ihr Menschen da draußen.

Nun ist es wieder soweit; eine neue Ausgabe meines Schreibratgebers ist erschienen. Dieses Mal feiern wir sogar ein kleines Jubiläum, denn dieses Kapitel markiert die zwanzigste Episode von 'P.C.'s Schreibratgeber'. Diesen Augenblick möchte ich nutzen, um mich nochmals für die ständig wachsende Unterstützung von allen Seiten zu bedanken. Meine Leserschaft ist in den letzten Wochen deutlich gestiegen und ich habe bereits viele wundervolle Nachrichten von euch erhalten, die nicht nur auf Inhaltliches eingehen, sondern sich einfach nur bei mir für die Zeit bedanken, die ich in dieses Projekt investiere. Dass euch das auf- und gefällt, freut mich ehrlich sehr und ich kann nicht oft genug sagen, was für eine Ehre das für mich ist.

Jetzt aber genug meines Geplänkels – immerhin seid ihr für Ratschläge hier. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen dieses Kapitels, das sich mit dreidimensionalen Charakteren beschäftigen wird. Dabei gehe ich insbesondere auf Nebencharaktere ein, da sie in meinen Augen viel zu oft vernachlässigt und als monotone Hilfestellung für die Hauptcharaktere geschaffen werden. Um das zu vermeiden, habe ich im Folgenden einige Aspekte aufgelistet, die man bei der Erschaffung interessanter Charaktere beachten sollte.


20.1 | Name

Ein jeder Mensch trägt einen Namen und ein jeder Name bringt gewisse Assoziationen mit sich. Daher solltet ihr euch bei der Namensgebung eurer Buchcharaktere unbedingt überlegen, wie die Person auf seine Mitmenschen, aber auch den Leser wirken soll. Ein Bartholomäus wirkt beispielsweise anders als ein Alec – und das ohne jegliche äußere als auch innere Beschreibungen. Anmutige Charaktere können beispielsweise wohlklingende und lange Namen tragen, während ein wilder Kannibale eher nicht Aleister oder Jonathan heißen sollte. Gleichzeitig kann man als Autor aber auch gezielt mit Stereotypen spielen und einer Königstochter namens Victoria eine rustikale und so gar nicht anmutige Persönlichkeit verleihen. Dadurch erschafft ihr sogleich ein Konfliktpotenzial und Redestoff zwischen verschiedenen Protagonisten.

Auch ob ihr einen eher speziellen oder klassischen Namen auswählt, hat einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung einer Person. Zeitgleich solltet ihr auch darauf achten, dass die Namen zu der Welt, in der eure Geschichte spielt, passt und nicht fehl am Platz wirkt. Wenn euer Buch in Norwegen spielt, sind afrikanische oder englische Namen für Einheimische eher unangebracht.


20.2 | Aussehen

Zu oft lese ich Beschreibungen auf Wattpad, die ungefähr so aussehen: "Sie hat braune Haare und ist blauäugig." Aha. Vielen Dank. Jetzt habe ich als Leser schon ein genaues Bild vor Augen. Sind die Augen groß oder klein; dunkel oder hell? Funkeln sie beim Lachen? Hat die Person Krähenfüße oder sonstige Lachfalten? Wirkt sie älter oder jünger, als sie eigentlich ist? Ist ihre Frisur voll und voluminös oder platt und dünn? Ist die Person im Sommer von ihren Haaren genervt und steckt sie sich zu einem Dutt zusammen? Wird ihr Haar im Sommer heller? Hängen einzelne Härchen des Öfteren vor ihrem Gesicht? Haar- und Augenfarben sind zwar bedeutende Aspekte in der Personenbeschreibung, doch ein Mensch besteht nicht nur aus Haaren und Augen. Allein schon zu diesen zwei (beinahe standardisierten) Merkmalen kann man so viel mehr schreiben als ein simples "Sie hat braune Haare und ist blauäugig". Überlegt euch mal, wie viel mehr ihr zu all den anderen Dingen schreiben könnt, die euren Charakter äußerlich kennzeichnen! Augenbrauen, Nasen, Lippen, Wangen, Ohren, Hälse, Brüste, Taillen, Hüften, Arme, Hände, Finger, Hintern, Beine, Füße, Zehe – und so weiter und so fort. Natürlich sollt ihr nicht jeden einzelnen Finger durchgehen und bis auf die kleinste Falte beschreiben, sondern euch überlegen, was als Besonderheit hervorsticht. Hat einer eurer Nebencharaktere beispielsweise eine dicke Narbe am Unterschenkel? Dazu könnte man gleich eine amüsante, traurige oder grausame Anekdote aus seiner Vergangenheit erzählen, wenn der Charakter von einem seiner Mitmenschen darauf angesprochen wird. Auch wie ein Protagonist sich kleidet und ob er Wert auf sein Äußeres legt, trägt durchaus zur Charakterbildung beim Leser bei. Durch all das erschafft ihr realistische Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten, die neben den Hauptcharakteren im Gedächtnis bleiben.

P.C.'s SchreibratgeberWhere stories live. Discover now