Zwei Seiten

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Ich blinzelte einmal. Zweimal. Wieso war es hier so verflucht hell? Mein Kopf tat verdammt nochmal höllisch weh. Ich brummte missmutig vor mich hin und klammerte mich an das Etwas, was neben mir lag. Ein ziemlich muskulöses Etwas. Moment...Ich öffnete die Augen dauerhaft und blickte in Caius amüsiertes Gesicht. „Na? Bin ich ein gutes Kissen?", fragte er und ich realisierte jetzt erst, dass ich halb auf ihm drauf lag. „Geht so", murmelte ich und blickte ihn verschlafen an. Wieso eigentlich verschlafen? Und wieso konnte ich mich an die Nacht nicht erinnern? Das ergab einfach keinen Sinn. „Was ist mit mir Caius? Wieso hab ich das Gefühl, gerade aufgewacht zu sein?" „Nun meine Liebe das ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass du bis zum jetzigen Augenblick im tiefsten Schlaf verweilt hast." Was? Hatte ich mich gerade verhört? Irritiert hob ich meinen Kopf leicht an und blickte nun auf ihn herab. „Das ist doch gar nicht möglich, Caius", brummte ich entrüstet.

„Oh doch mein gattina, wenn man so eine unglaubliche Gabe hat wie du ist das sehr wohl möglich. Du hast sie wohl wieder mal unterbewusst verwendet." Doch meine Gedanken waren schon längst abgedriftet von der Gabenthematik, viel mehr wunderte ich mich über seinen Ausdruck. „Wieso nennst du mich gattina, Caius? Du weißt ja, was das bedeutet." „Weil du genau das bist. Ein kleines Kätzchen was gerne die Krallen ausfährt und ziemlich stolz sein kann", grinste er und hielt sich wohl für ganz lustig. „Das gefällt mir nicht Caius. Kannst du dir nicht was Besseres überlegen?", fragte ich gereizt, setzte mich auf und wandte mich von ihm ab. „Wie wäre es mit „meine wunderschöne, einzigartige Rose"?", schlug er versöhnlich vor und umschlang mich von hinten mit seinen Armen. „Damit kann ich leben", gab ich zu und genoss seine Zärtlichkeiten als er mich am Hals zu küssen begann.

Ich wollte es zwar nicht zugeben, aber dieser Spitzname gefiel mir total. Außerdem mochte ich Rosen schon immer. Sie waren wunderschön, konnten sich aber auch wehren. Interessant, dass Caius mich so wahr nahm, dabei hatte er meine aggressive Seite eigentlich noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Ehrlich gesagt wollte ich sie ihm auch nicht zeigen. Er war schon der Hitzkopf in dieser Beziehung, es würde wahrscheinlich viel eskalieren, wenn ich auch noch einer wäre. Unser erster Streit hatte mir schon gereicht.

Caius Küsse wurden immer leidenschaftlicher und nur mit Mühe konnte ich ein Stöhnen unterdrücken. „Musst...du nicht...in den Saal?", fragte ich stockend, weil ich drohte in diese Leidenschaft abzugleiten. Caius knurrte, hörte aber schließlich auf. „Bedauerlicherweise ja, aber wir machen bald da weiter wo wir aufgehört haben, meine Rose." Er betonte den Spitznamen mit Absicht und er jagte mir ein Schaudern über den Rücken. Ich stand auf und er folgte mir sogleich. „Du kannst mich aber gerne begleiten. Ich würde es gerne sehen, wenn du öfters im Thronsaal anwesend bist, damit jeder sich deiner bewusst ist", schlug er vor und musterte mich abwartend. „Meinetwegen", erwiderte ich. „Aber es wird niemand hingerichtet, oder?" „Nicht das ich wüsste. Bedauerlicherweise." Sein sadistisches Grinsen war mir nicht entgangen, allerdings versuchte ich es zu ignorieren. Ich wusste, dass diese Seite an ihm existierte, aber er war mein Freund, ich sollte mich nicht vor ihm fürchten. Dann wiederum war mein Freund ein grausamer Vampirmeister. Ach, ich machte mir zu viele Gedanken darüber. Selbst wenn, ich würde mich nicht von ihm unterdrücken lassen. Ich war echt verständnisvoll aber diese Eigenschaft sollte man nicht überstrapazieren. Zum Glück tat er das ja auch nicht.

„Ich muss mich aber noch schnell umziehen", meinte ich, denn schließlich hatte ich im Gegensatz zu Caius geschlafen und mich anscheinend dabei bewegt, so dass meine Sachen jetzt entsprechend zerknittert waren. Ich verschwand also blitzschnell in meinem Kleiderschrank und zog mir eine dunkelrote Bluse und einen schwarzen Rock an. Die Schuhe behielt ich bei. Dann kämmte ich meine Haare noch schnell einmal durch, denn ich hatte mich im Wandspiegel gesehen und hätte mich fast nicht wieder erkannt. Der Elektroschock-Look lässt grüßen. Ich verließ meinen Kleiderschrank wieder und Caius lächelte mich an. „Auch wenn du verschlafen ziemlich niedlich aussahst, gefällt mir das doch so besser", grinste er, zog mich an sich und gab mir einen schnellen Kuss. Ich sah das jetzt einfach mal als Kompliment.

Caius öffnete mir die Tür und ich trat hinaus in den dunklen Gang des Schlosses, den ich trotzdem genauestens erkennen konnte. Ich hakte mich wie selbstverständlich bei ihm unter. Zuerst verkrampfte er sich, lies es dann aber zu. Innerhalb weniger Sekunden waren wir dank übernatürlicher Geschwindigkeit im Thronsaal angelangt. „Bruder, ich hoffe euer freier Abend lief zu eurer Zufriedenheit ab?", fragte Aro uns, kaum dass wir durch die Tür gekommen waren. Wieso hatte eigentlich jeder Bescheid gewusst nur ich nicht? Wie hatte Caius das geschafft? Das war ziemlich bemerkenswert, wenn ich ihn mal überraschen wollen würde, wäre das wahrscheinlich ziemlich schwierig bis unmöglich. „Ich kann nicht klagen", grinste Caius und verdammt nochmal, wieso musste eigentlich alles was er sagte doppeldeutig in meinen Ohren klingen? Nicht nur in meinen wie es scheint, denn Caius Grinsen erschien nun auch in ähnlicher Form in Aros Gesicht. Dabei war doch gar nichts weiter passiert. Männer. Ich schüttelte leicht den Kopf.

„Nun, das ist überaus erfreulich. Ich habe gleich noch eine gute Nachricht: Ich hätte gerne, dass Caroline ihren ersten Auftrag ausführt", verkündete Aro. Mein erster Auftrag? Super, das bedeutete ich konnte gleich nochmal das Schloss verlassen. Während ich dieser Verkündung durchaus zu gesonnen war, machte Caius neben mir einen eher griesgrämigen Gesichtsausdruck. „Muss das sein, Bruder? Du weißt wie gefährlich solche Missionen sein können", gab er zerknirscht zu und hatte anscheinend Probleme, seine Fassade, die er im Thronsaal nun mal aufbaute, aufrecht zu erhalten. Er sorgte sich um mich, wie süß. „Ich sehe diesbezüglich keine Probleme, denn sie erhielt Kampftraining von dir. Außerdem solltest du sie begleiten, denn es geht um diesen Neugeborenen Clan in Schweden über welchen wir kürzlich debattiert haben. Wenn ich mich recht erinnere, wolltest du ebenfalls, dass wir ihn vernichten, nicht wahr, mein lieber Caius? Und wir waren uns außerdem einig, dass es mit Carolines Gabe durchaus einfacher wäre." Ich blickte zu Caius und sah, wie er mit sich selbst kämpfte. Einerseits gab er Aro wohl Recht, andererseits wog er die Gefahr bezüglich dieses Clans ab.

„In Ordnung Bruder. Aber wir halten uns im Hintergrund." „Natürlich", erwiderte Aro und lächelte zufrieden. „Nach unseren letzten Informationen besteht der schwedische Clan zurzeit aus 14 Vampiren. Ihr solltet also auf jeden Fall Jane, Alec, Demetri, Felix und Afton mitnehmen. Ich werde sie rufen lassen und sie bezüglich des Falles aufklären." „Einverstanden. Wir werden in zwei Stunden aufbrechen, Bruder. Wenn du uns bis dahin entschuldigst?" Aro nickte und Caius zog mich aus dem Saal. „Hey, Moment Caius! Kann ich dazu nicht auch noch was sagen?" „Widersetzt du dich etwa deinen Meistern?", knurrte er und ich zuckte leicht zusammen. Seine andere Seite hatte gesprochen. „Das hatte ich nicht vor", antwortete ich so ruhig wie möglich. „Ich wollte nur sagen, dass du dir keine Sorgen um mich machen brauchst. Schließlich habe ich ja von dem Besten gelernt." Ich zwinkerte ihm zu und irgendetwas blitzte in seinen Augen auf, so als käme er wieder zur Besinnung. „Entschuldige meine Rose. Ich war nur so aufgewühlt, weil ich nicht erwartet hatte, dass Aro dich wirklich mit auf diesen Auftrag schickt. Aber es beruhigt mich, dass ich wenigstens auf dich aufpassen kann." Er nahm mich bei den Händen und legte vorsichtig seine Lippen auf meine. Sofort vergaß ich seinen Ausrutscher und freute mich schon fast auf den Auftrag. Ein bisschen mehr Bewegung an der frischen Luft würde mir sicher gut tun.

Shadows in paradise (Volturi ff/ Deutsch)Where stories live. Discover now