Nachdenken im Garten

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Es waren einige Tage seit unserem ersten Kuss vergangen, doch viel verändert hatte sich nicht. Privat sahen Caius und ich uns nicht sehr oft, was vor allem durch seine Pflichten als Meister zu begründen war, andererseits aber auch durch seine Liebe zu Folterungen und dem Kerker an sich verursacht wurde, wodurch er oftmals viele Stunden dort unten verbrachte, erzählte er mir zumindest. Caius und ich sahen uns hauptsächlich während des Trainings, denn er wollte, dass ich immer auf einen Kampf vorbereitet bin und mich so nichts böse überraschen konnte, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wer so dumm wäre und in das Schloss des mit am meisten gefürchtetsten Vampirclans einbrechen würde. Aber man konnte ja nie wissen, hatte Caius gesagt. Ich wurde also immer besser und konnte mich gegen ihn mittlerweile einigermaßen zur Wehr setzen, was laut Caius hauptsächlich an meinen Neugeborenenkräften lag, wenn ihr mich fragt, war er einfach nur zu stolz um zuzugeben, dass ein junger Vampir ihm beinahe ebenbürtig war. Ihm, einem erfahren Kämpfer und einer der drei Volturimeister. Naja, Caius hatte eben seinen gewissen Stolz und den wollte ich ihm auch nicht nehmen.

Dennoch, gerade weil wir uns so selten sahen, genoss ich jede freie Minute mit ihm. Meistens saßen wir dann in meinem Zimmer oder im Garten und er hatte mich in seine Arme gezogen und verwöhnte mich mit seiner sanften Seite, die er im Thronsaal selbst mir gegenüber kaum zeigte. Im Garten war es wunderschön ihn glitzern zu sehen. Ich fand, er sah dann aus wie ein Engel. Mein Engel. Dass war schon ironisch, da ich ihn anfangs eher als Teufel höchstpersönlich bezeichnet hätte, aber nun kannte ich ihn besser und wusste, dass er eben nicht nur so war. Während wir unsere freie Zeit am Tag eben meistens dort verbrachten, lag ich in der Nacht meistens in meinem Bett und las. Ich hatte bereits unglaublich viele Bücher gelesen und trotzdem wollte ich dieser Tätigkeit immer weiter nachgehen. Ich hatte sogar begonnen, mich mit der Entstehung der Volturi auseinander zu setzen. Diesbezüglich hatte ich mir ein Buch von Aro ausgeliehen, welches er einmal selbst verfasst hatte. Dementsprechend war es sehr alt, doch ich hatte versprochen, sorgsam damit umzugehen. Ich erfuhr, wie die Volturi gegründet wurden und las viel über den Disput mit den Rumänen, den sie für sich entscheiden konnten. Leicht erschreckend fand ich, dass Caius schon so alt war. Ich meine nicht weil er deswegen unattraktiv wäre, nein ganz im Gegenteil, es lag eher daran, dass er deswegen so viel wissen musste, dass das einem schon gehörigen Respekt einflößte. Außerdem las ich in dem Buch etwas über eine gewisse Athenodora. Ob das wohl Caius Frau war? Diese Frage beantwortete sich von selbst, je weiter ich das Buch las, jedoch traute ich mich nicht, Caius darauf anzusprechen oder generell dieses heikle Thema anzuschneiden. Ich beließ es vorerst dabei und beendete das Buch.

Obwohl ich nichts dergleichen sagte, schien Caius zu merken, dass ich gerne mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Das sah man auch daran, dass ich jedes Mal darum bat das Training zu verlängern, nur damit ich länger bei ihm bleiben konnte. Meistens scheiterte mein Wunsch daran, dass Caius entweder zu einer Verhandlung gerufen wurde oder wir beide zum Essen gingen. Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann, aber langsam gewöhnte ich mich daran Menschen zu töten. Auch wenn ich es natürlich nicht toll fand, war es mittlerweile natürlich und ich wusste, dass ich ohne Blut nicht überleben konnte. Trotzdem: Jedes Mal verlor ich kein Wort darüber und verlies danach schweigend den Saal.

Zu meinem Bedauern war Jane mittlerweile wieder aus dem Kerker raus. Ich kann euch sagen wie sauer sie war als sie erfahren hat, dass ich erstens keine Strafe hatte und dass ich zweitens jetzt mit Caius zusammen war. Man sah es ihr förmlich an, wie sehr sie sich zusammen reißen musste, das sie mich nicht angriff. Dennoch würde sie dies nie machen, da sie sich nicht mehr den Regeln widersetzen würde. Übrigens hatte ich seit geraumer Zeit das Gefühl, Caius würde irgendwas vor mir verbergen wollen. Ich hatte keine Ahnung was es war, aber immer wenn ich ihn durch Zufall irgendwo im Schloss sah, schaute er abrupt zu mir und ich sah immer eine der Wachen um die Ecke biegen. Ich wusste nicht, was hier vor sich ging und das hasste ich, mindestens genauso sehr wie Aro sowas hasste. Dieser schien übrigens genauestens Bescheid zu wissen, denn er hatte immer dieses spezielle Lächeln auf den Lippen sobald ich ihn sah. Es war schwer zu beschreiben aber ich wusste, dass es etwas zu bedeuten hatte.

Zwei Wochen nachdem ich den Volturi bei getreten war, heute war Mittwoch, saß ich im Garten, ohne Caius, welcher einer Verhandlung beiwohnte, und betrachtete meine glitzernde Hand in den letzten, abendlichen Strahlen der Sonne. Selbst jetzt noch fand ich diese Tatsache am Vampirdasein überaus faszinierend. Ich meine noch mehr als alles andere, von dem ich ja sowieso beeindruckt war. Ich war total froh an jenem Tag in dieses Schloss gegangen zu sein und jetzt auch noch eine neue Liebe gefunden zu haben. Ich meine, ich hatte einen Ehemann, ja, aber dieser war vor ein paar Jahren von uns gegangen aufgrund eines Hirntumors. Er war nur 61 geworden, während ich jetzt mittlerweile beinahe 62 war, also vom Alter her. Äußerlich erfreute ich mich meiner wiedergewonnenen Jugend.

So sehr ich dieses unsterbliche Leben auch liebte, stellte ich mir jedoch trotzdem die Frage, wie das alles weitergehen sollte, denn immer nur in diesem Schloss zu sein war auf Dauer nicht das Aufregendste. Wenn ich wenigstens mal meinen ersten Auftrag erhalten würde, ich glaube das würde frischen Wind in dieses Leben bringen.

Meine bisherigen Gedanken wurden jedoch unterbrochen, als ich die Stimme Chelseas vernahm, welche mich zu suchen schien, ehe ich sie wirklich am Eingang des Gartens erspähen konnte. Eine Sekunde später war ich bei ihr und fragte was los sei. „Meister Aro hat mir gesagt, ich solle dich herausputzen", flötete sie vergnügt und wollte mich wie immer mitziehen, jedoch musste ich das erst hinterfragen. „Wieso verlangt er das von dir?", fragte ich skeptisch doch sie antwortete nicht und lies auch nicht locker, so dass ich ihr leicht widerwillig folgte. In meinem Zimmer schminkte sie mich und legte mir ein dunkelrotes, lockeres Kleid mit

Spitze heraus, dazu niedrige Absatzschuhe in schwarz. Am Ende betrachtete sie ihr Werk und ich fand, es war ihr gelungen, jedoch wusste ich immer noch nicht, wofür das eigentlich alles gut sein sollte. „Geh einfach raus", meinte Chelsea grinsend und ich öffnete die Tür, nur um fast in Caius hinein zu laufen. Überrascht blickte ich ihn an und verlor mich direkt wieder in seinen rubinroten Augen. Er sah mit seinem geöffneten schwarzen Jackett, seinem roten Schal und seinem schwarzen Seidenhemd aber auch echt zum Anbeißen aus.

Caius nahm meine Hand, lächelte charmant und hauchte einen Kuss auf diese. „Signora, würden Sie mich wohl auf ein Date begleiten?" Verdutzt blickte ich ihn an.

Shadows in paradise (Volturi ff/ Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt