Ehrliche Absichten?

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„Ich weiß nicht wie ich anfangen soll, aber diese gesamte Situation verwirrt mich. Wie du vielleicht bereits gemerkt hast bin ich nicht sehr offen und freundlich auch nicht." Wow, er konnte sich gut selbst einschätzen, denn das traf alles zu. Dennoch: Wieso sprach er jetzt mit mir darüber? Das widersprach allem, was ich bisher von ihm gehört hatte. „Aber Caroline, seit ich dich kenne, ist irgendetwas anders und ich kann es nicht zuordnen. Jedoch ist mir klar geworden, dass du mich an jemanden erinnerst." Er sah mir ernst ins Gesicht. „An meine Frau." Was, wie bitte? Ich erinnerte ihn an seine Frau? Toll und was sollte mir das jetzt genau sagen? „Ich verstehe nicht Meister. Warum erzählen Sie mir das?"

„Wie könntest du es auch verstehen. Du kennst mich und generell alle Volturi ja kaum. Du musst wissen, dass sie verstorben ist." Und plötzlich wirkte er überhaupt nicht mehr wie dieser sadistische, unnahbare Meister, sondern wie jemand, der gerade dabei war mir sein ganzes Herz auszuschütten. Jetzt war ich noch verwirrter als zuvor und ich wusste auch nicht, wie ich so wirklich reagieren sollte. Das kam alles aus heiterem Himmel und passte gar nicht zu Caius. „Ich werde immer wenn ich dich sehe an sie erinnert und das, ich gebe es nur ungern zu, zerreißt mich jedes Mal. Deswegen war ich wahrscheinlich auch ziemlich unfreundlich gegenüber dir, ich musste dem Ausdruck verleihen in Form von Wut, denn ich hätte sie retten können, aber ich habe versagt." Er richtete seinen Blick auf den Boden und wirkte so verletzlich, als wäre seine Fassade gefallen, für die ich ihn vor kurzem noch so bewundert hatte. Ich entzog ihm meine Hand denn durch seine Aussagen war ich auch verletzt, ich wusste nicht warum, aber mein totes Herz krampfte sich zusammen und ich entfernte mich ein paar Schritte von ihm. „Also siehst du mich als einen Ersatz an? Bist du deswegen jetzt auf einmal so freundlich zu mir?", stellte ich bitter fest und vergaß dabei die Formalien. „Was? Nein! Ich vertraue mich dir hier gerade an und du unterstellst mir derartiges?", fragte er nun leicht wütend und kam wiederum auf mich zu. „Wie soll ich das denn sonst interpretieren?! Das du mich liebst oder was? Ja klar, der große Caius liebt irgendwen anders außer sich selbst und seine verstorbene Frau!" Ich hielt mir die Hände vor den Mund. Ich merkte selbst, dass ich zu weit gegangen war. Caius ganzer Körper bebte und wäre er noch ein Mensch, wäre er wahrscheinlich vor Wut rot angelaufen. „Vergiss nicht, dass ich dein Meister bin", knurrte er. „Du musst das tun was ich dir sage!" „Ich lasse mir von dir garantiert nicht vorschreiben, wen ich liebe! Schon gar nicht wenn es dabei um dich geht!", schrie ich ihn an, denn mein Geduldsfaden war mehr als nur gerissen. „Es geht dabei aber nicht nur um dich, verstanden? Ob du es glaubst oder nicht aber ich habe auch Gefühle und die kannst du nicht einfach ignorieren!", schrie er blind vor Wut zurück. Ich erstarrte in meiner Bewegung, ebenso wie er. Die Zeit schien in Zeitlupe voran zu schreiten. Hatte er mir gerade indirekt seine Liebe gestanden? Und wenn ja, liebte er mich denn nur, weil ich ihn an seine verstorbene Frau erinnerte?

„Heißt das, du empfindest wirklich was für mich?", flüsterte ich und senkte den Kopf. Was ich davon halten sollte? Keine Ahnung. Alles in meinem Körper schrie danach sofort die Flucht zu ergreifen, aber ich wollte andererseits unbedingt eine Antwort. „Ich weiß es nicht. Es ist alles so kompliziert, aber da ist etwas zwischen uns, das kannst du nicht leugnen, Caroline!", erklärte er, doch im Moment erschien mir die Situation eindeutig. „Solang du dir darüber nicht klar bist, ob du nur deiner toten Frau hinterher trauerst oder ob du tatsächlich Gefühle gegenüber mir hegst, will ich davon nichts mehr wissen", sagte ich mit zitternder Stimme und auch wenn diese Aussage ziemlich taktlos in Bezug auf seine Frau war, entsprach sie doch vollkommen meiner Meinung. Obwohl mein Innerstes sich dagegen sträubte, machte ich auf dem Absatz kehrt und verließ fluchtartig den Trainingsraum, ohne eine Reaktion von Caius abzuwarten, der mir anscheinend auch nicht hinterher kam. Dadurch war die Sache für mich klar. Ich wusste nicht, warum ich überhaupt so reagierte. War es mir nicht eigentlich egal, ob er jetzt etwas für mich empfand oder nicht? Nein, es war mir ganz und gar nicht egal. So viel wusste ich jetzt. Na toll, ich hatte mich in Caius verliebt und es zerriss mir das Herz, dass er in mir seine tote Frau sah und anscheinend nichts anderes. Das war merkwürdig, das zuzugeben, aber gleichzeitig half es mir auch, Klarheit zu erlangen.

Wieso musste ausgerechnet mir immer so etwas passieren? Eigentlich war er immer so unsympathisch und ich hatte sogar Angst vor ihm gehabt, aber ich musste zugeben, dass ich oftmals wegen ihm auch ganz schön nervös war. Mehr als mir lieb war. Ich kriegte hier noch eine Krise und deshalb flüchtete ich vorerst in mein Zimmer, da Caius mir ja anscheinend wirklich nicht folgte. Zum Glück. Oder? Einerseits wollte ich mit ihm darüber sprechen, andererseits war ich einfach nur traurig und verwirrt. Eine tolle Kombination. Diese Umstände waren so surreal und ich konnte es immer noch nicht fassen, dass ich anscheinend etwas für Caius empfand. Ausgerechnet für den sadistischsten Vampir, der auch noch mein Meister war! Eigentlich wollte ich das nicht akzeptieren wenn es nicht ein unumstößlicher Fakt wäre. Um meine Frustration abzulegen, duschte ich mal wieder und zog danach ein einfaches, dunkelrotes Kleid an. Meine Haare ließ ich offen, das war gemütlicher. Mein Ärger hatte sich allerdings nicht wirklich gelegt und da ich, wenn ich weiter in meinem Zimmer verweilen würde, definitiv durchdrehen würde, verließ ich es wieder und schlenderte durch die Gänge des Schlosses. Gab es hier denn nichts, was man in seiner Freizeit machen konnte? Als ich im Erdgeschoss angekommen war, entdeckte ich eine schmale Tür welche wohl zu Rückseite des Schlosses führte. Ohne lange zu überlegen öffnete ich sie und trat hinaus. Es war mittlerweile bereits dunkel geworden und die Sterne glitzerten am Nachthimmel um die Wette. Vor mir erstreckte sich widererwarten ein prachtvoller Garten, mit zahlreichen, wunderschönen Sitzbänken aus Stein und einem altertümlich aussehenden Pavillon, welchen ich direkt ansteuerte. Dort ließ ich mich wenige Sekunden später nieder und beobachtete Glühwürmchen, die den Garten mit ihrer Anwesenheit schmückten und in beruhigendes Licht tauchten. Ich schloss die Augen. Das Vampire nicht schlafen konnten, war mir ja schon früher aufgefallen und eigentlich fand ich das ganz nützlich, da man so die Nacht effektiv nutzen konnte, aber manchmal wünsche ich mir meine Träume zurück, in denen ich einfach nur unbeschwert sein konnte.

Ich schreckte zusammen als ich einen Ast knacken hörte und öffnete ruckartig meine Augen, ich konnte jedoch niemanden sehen. Plötzlich legten sich zwei Hände auf meine Schultern und ich zuckte abermals zusammen. Langsam drehte ich meinen Kopf zu der Person und konnte nun erkennen, dass es sich um Caius handelte. Was wollte er hier? Konnte er mich nicht in Ruhe lassen und mich meinem Kummer überlassen? Er kann schließlich auch nichts ändern, er hatte sich diese Situation selbst eingebrockt. „Caroline", flüsterte er in mein Ohr und mein Körper erschauderte. Was? Ich wollte nicht jedes Mal so reagieren, wenn er mit mir sprach! Das war ja nicht auszuhalten! Kann sich mein Körper nicht einmal normal verhalten? „Es tut mir Leid." Er entschuldigte sich bei mir? Mal wieder eine Reaktion, die ich nicht erwartet hatte. Ich schaute ihm ungläubig entgegen und er dreht mich mit sanfter Gewalt gänzlich zu ihm. Caius nahm vorsichtig meine Hände und sah mir in die Augen. „Ich hätte dich nicht mit meiner Frau belasten sollen. Du kannst nichts für meine Situation und ich verstehe, dass du wütend auf mich bist. Du sollst wissen, du bist keinesfalls ein Ersatz und ich empfinde etwas für dich, nicht für irgendjemand anderen. Das ist mir klar geworden, als ich vorhin nach unserem Streit so wütend auf mich selbst war, dass ich am liebsten das ganze Schloss in Schutt und Asche gelegt hätte. Verzeihst du mir?" Er blickte mich aus seinen rubinroten Augen an und da war wieder seine sanfte, seine einfühlsame Seite, die nicht jeder zu Gesicht bekam. Eigentlich wusste ich ja bereits, was ich fühlte aber es zu sagen war schwieriger als gedacht. Deswegen nickte ich erst zögerlich ehe ich anfing zu sprechen: „Caius, ich denke ich empfinde auch etwas für dich." Seine Augen funkelten glücklich und ich sah ihn zum ersten Mal ehrlich lächeln. Es war das schönste Lächeln, das ich jemals gesehen hatte und es war mir gewidmet. Wir sahen uns weiterhin in die Augen und unsere Gesichter näherten sich, bis sie nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Dann wagte Caius den nächsten Schritt und legte seine perfekten Lippen beinahe zaghaft auf meine. Ein Kribbeln breitete sich in meinem gesamten Körper aus und ich fühlte mich wie eine Knospe im Frühling, die endlich zu einer prachtvollen Blume wurde und nun jeden einzelnen Sonnenstrahl genießen konnte. Es war wie ein Blütenregen von Gefühlen und ich wollte, dass dieser Moment für die Ewigkeit anhielt.




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Tja, damit habt ihr wohl nicht gerechnet, oder? :P Na wer weiß, wie sich das noch entwickelt. Ob es so "Einfach" bleibt wird sich noch herausstellen :)

Bleibt dran, LG Moka

Shadows in paradise (Volturi ff/ Deutsch)Where stories live. Discover now