HELLFIRE

EINUNDDREIßIG

„Ut Nos Ducit illos Diaboli Vinculo Rose" murmelte sie so lange, bis die Kette zu leuchten begann und warm wurde. Ich konnte diese unglaubliche Magie fühlen und ein Windstoß kam auf und wirbelte Laub vom Boden auf. Himmel, an das hatte ich mich noch nicht gewöhnt. Diese ungeheure Macht.
„Das ist wirklich unglaublich Beth. Du bist ein wandelndes Magiebündel" sagte sie und sah mich mit großen Augen an.

„Tja Hybrid" kicherte ich leise und schluckte dann. Schluss mit Lustig. Wir mussten diese Rose finden ohne dabei draufzugehen „Und wie zeigt die Kette uns jetzt den Weg?" fragte ich und deutete auf den Anhänger in ihrer Hand. Wir drehten uns einmal im Kreis „Ich glaube die funktioniert wie ein Kompass. Siehst du, sie leuchtet mal stärker mal schwächer" sagte Becky und ich nickte. Also drehten wir uns um uns selbst, bis sie so stark zu leuchten begann, dass es fast blendete.

Leise liefen wir durch das hohe Gras. Sicherheitshalber hatte ich mein Schwert gezogen und bei jedem Geräusch drehte ich mich um und spähte in die Dunkelheit.

Die Kette führte uns an dem Hof vorbei, über die Koppel und bis zur Klippe. Wir liefen schon gut eine halbe Stunde am Abgrund entlang, als sie schwächer zu leuchten begann. Langsam änderten wir die Richtung. Sie zeigte über den Abgrund hinaus.

„Im ernst?" fragte ich leise und spähte in die Tiefe. Die Steinwand fiel steil nach unten ab und ich hörte die Wellen, die dagegen schlugen und den salzigen feuchten Wind zu uns nach oben trugen.
„Schau mal" Becky deutete nach unten und tatsächlich. Da war eine Art Felsvorsprung, nicht weit unten. Vielleicht anderthalb Meter.

„Meinst du da unten ist es?" fragte ich leise, weil mir das zu einfach vorkam. Da konnte doch nicht die Rose sein, oder?

„Keine Ahnung, aber wir sollten hier keine Zeit vertrödeln. Ich kann es schon fühlen, wie bösen Wesen und Geister zu uns kommen" sie schüttelte sich angeekelt und trat nach vorne.

Kurzerhand hob ich Becky hoch, was sie aufquitschen ließ und im nu waren wir unten auf dem schmalen Vorsprung. Kurz und Schmerzlos. Ich grinste sie an, erntete aber nur finstere Blicke von ihr.

„Mach das nie wieder" fauchte sie und ich hob abwehrend die Hände „Schon gut" lachte ich und sah sie an. Sie murmelte etwas und begann dann sich umzusehen. Sie strich über die Wand und ich tat es ihr gleich. Dann plötzlich fühlte ich etwas. Irgendwas war da in den Stein eingemeißelt. Becky leuchtete mit ihrem Handy auf die Wand. Sie schnappte nach Luft und strich mit den Fingerspitzen darüber. Eine Rose. Also waren wir auf dem richtigen Weg.

„Fühlst du das?" fragte ich leise, als ich meine flache Hand auf die kühle und nasse Wand legte. Sie nickte. Diese Magie war einfach nur überwältigend und irgendwie auch wunderschön.

Die Flamme in meinem Inneren begann zu lodern, so stark und heftig, dass es mich fast von den Beinen riss. Die Macht pulsierte durch meine Venen und strömte durch meinen ganzen Körper. Die Wand begann zu bröckeln und ich wich erschrocken zurück. Auch Becky starrte auf die Wand und schließlich staubte und krachte es gewaltig und ein schmaler Gang tat sich vor uns auf.

Ich hustete und strich mir meine Haare aus dem Gesicht.

„Du meine Güte, Beth. Du bist der Schlüssel gewesen. Deine Magie. Deshalb wurde die Blume nie gefunden" wisperte sie und griff nach meiner Hand.

„Ich bin wohl der Schlüssel zu allem was?" fragte ich und sie nickte heftig. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und leuchtete in den schmalen Gang hinein.

„Dann lass uns mal die Rose holen und dann nichts wie weg hier" sagte ich und Becky nickte. Ich atmete einmal tief durch und ging voran, hinein in die Dunkelheit. Die Felswände rechts und links wirkten beengend und strahlten eine unglaubliche Kälte aus, dass ich fröstelte. Nach einem schmalen Gang führte eine kleine Wendeltreppe nach unten. Wow wie war das in den Stein gekommen? Unsere Schritte hallten von den Wänden wieder, als wir die steinerne Treppe nach unten gingen. Am Ende betraten wir einen riesigen Raum und wenn ich riesig meinte, dann meinte ich auch riesig. Hier unten war die Magie mit den Händen greifbar und erfüllte meinen ganzen Körper. Auch Becky neben mir zog scharf die Luft ein und streckte dann die Hand aus. Ein Feuerball erschien auf ihrer Handfläche und sie schickten ihn nach oben.

Erst jetzt war das Ausmaß zu erkennen. Der Raum war groß wie eine Kathedrale. Hohe Decken, spitz zulaufend und bunt bemalt. Von der Mitte baumelte ein großer Kerzenleuchter aus Gold. Links und rechts erstreckten sich riesige Fresken. Statuen und Skulpturen. Der Boden war aus Mosaik und spiegelte sich im Licht der Flammen.

„Oh mein Gott, Beth. Weißt du was das hier ist?" fragte Becky leise und ihre Hand wanderte zu ihrem Mund. Ich schüttelte den Kopf. Ich war eher noch erschlagen von dem Raum und der ganzen Macht hier.

„Das ist der Ursprung aller Magie. Die Ecclesia Lapis. Sie ist seit Jahrtausenden verschollen nur ein paar wenige besitzen einen Hinweis darauf, wo sie liegt. Und wir haben einen davon gehabt. Die Kette und dich selbst. Hier werden uralte Zauberbücher gelagert, Zauber die seit Jahrhunderten nicht mehr praktiziert wurden. Reliquien. Magische und dunkle Objekte. Waffen. Der Legende nach sind hier die mächtigsten Zauberer begraben um ihre Magie für alle Zeit unter Verschluss zu halten. Manche sagen hier sei der Ursprung der Hölle selbst und Luzifer sei auf diesem Boden hier gewandelt" sagte sie leise und ging ein paar Schritte. Sie wandte sich nach rechts und ich sah ihr nach. In der Wand war ein riesiges Bücherregal eingelassen und ich konnte den Geruch alter Bücher riechen.

Für einen kurzen Moment war ich fasziniert davon, was Becky mir erzählte, aber dann fiel mir die Rose wieder ein.

„Ist ja schön und gut, aber wir müssen immer noch diese Rose finden" sagte ich und sah mich um. Das hier war einfach riesig und ich hatte keine Ahnung, wo wir nach dieser blöden Blume suchen sollten. Zumal ich nicht gerade scharf darauf war länger als nötig hier zu bleiben. Die Kette zog Wesen an und darauf konnte ich verzichten.

Meine Freundin riss sich los und nickte „Gut, suchen wir systematisch"

Ich nickte und wir teilten uns auf. Ich rechts, sie links. Mit Vampirspeed lief ich die Reihen ab. Ich wusste nichtmal wie diese verdammte Rose aussah. Gerade als ich an einem Wandbild vorbeilief blieb ich abrupt stehen. Die Frau auf dem Bild sah mir unglaublich ähnlich und sie hielt eine rote Rose in der Hand. Wunderschön aber auch merkwürdig. Ich legte den Kopf schief und betrachtete es. Sie hatte die gleichen Augen wie ich und die gleichen schwarzen Haare.

„Becky" rief ich leise und sah mich um. Sie eilte zu mir und ich deutete auf das Bild.

„Siehst du das? Sie sieht aus wie ich und sie hält die Rose in der Hand" sagte ich und Becky sah mich ein wenig verständnislos an „Wie du? Sie sieht aus wie ich" sagte sie und ging näher ans Bild heran. Sie strich darüber und dann wurden ihre Augen riesen groß und sie drehte sich zu mir „Beth, das ist ein verzaubertes Bild. Es spiegelt das Aussahen seines Gegenübers wieder. Dich oder Mich oder jeder andere, der hinein sieht" sagte sie und dann plötzlich verschwand ihre Hand im Bild. Sie griff nach der Blume und zog sie heraus.

„Wie hast du das gemacht?" fragte ich leise und sah auf die Blume, die sie mir unter die Nase hielt.

„Das Bild lässt nur einen freien Geist zu. Reine Magie" sagte sie sah mich entschuldigend an „Schon gut, ich bin ein unreines Wesen. Aber sonst der Schlüssel zu allem" kicherte ich und nahm ihr die Roes aus der Hand. Sie war wunderschön und roch betörend.

„Wir haben sie" lächelte ich und sie nickte grinsend. Wir führten einen kleinen Freudentanz auf, bis ich etwas hörte. Schritte und der Geruch nach Asche und Feuer. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken „Wir bekommen besuch Becky" wisperte ich leise und zog mein Schwert. Nicht nur der Geruch. Nein. Auch ein Gefühl des Todes legte sich über mich. Ein unheilvolles Knurren hallte im Raum wieder und ich spannte mich an. Lasset den Kampf beginnen.