Ich schaute zu Elijah und er war das letzte, was ich sah, bevor er das Bücherregal wieder vor den Gang schob. Es war so finster, dass nicht mal ich etwas mit meinen Vampiraugen sehen konnte. Wir zogen Alle unsere Handys heraus und leuchteten den Gang entlang. Backsteine überall. Und es war feucht und roch muffig. Der Boden war aus Kies und Sand. Ich schaute auf meine Schuhe und Nick folgte meinem Blick „Oh Bee, du und deine Schuhwahl" lachte er und ich zuckte mit den Schultern „Ich hab keine Anderen und woher soll ich wissen, dass wir heute angegriffen werden?" konterte ich und meine Stimme war ein wenig hysterisch. Ich konnte an nichts anderes Denken, als an Elijah. Was wenn ihm was passierte? Ich wollte gar nicht daran denken.

„Ihm wird nichts passieren, glaub mir. Und jetzt los" wies uns Nick an und wir folgten ihm den dunklen Gang entlang „Unter der Schule ist ein Art Schutzbunker. Dort treffen wir auf alle anderen. Die Schule hat etwa zehn solcher Gänge" erklärte Nick, als wir ihm nachgingen. Ich versuchte nicht zu lauschen, sonst würde ich durchdrehen. Blödes Vampirgehör. Leise schlichen wir durch den Gang. Becky klammerte sich an meinem Arm fest und David bildete den Schluss. Selbst er wirkte jetzt nicht mehr so gelassen wie sonst immer. Wir tappten im Schein unserer Handys durch die Dunkelheit. Plötzlich wurde mir eiskalt und ich nahm den Geruch von Asche wahr. Ich fasste Nick an der Schulter und er nickte. Er hatte es auch gespürt und gerochen. Auch David spannte sich an. Becky schaute uns panisch an und ich legte den Finger an die Lippen. Ein weiterer eiskalter Schauer lief mir über den Rücken und fuhr mir in alle Glieder. Ich hörte Schritte hinter uns und kurz darauf schrie Becky auf und ich drehte mich entsetzt um. Vier Handytaschenlampen leuchteten auf ein schwarzes Wesen. Nein nur schwarz gekleidet. Seine Zähne waren gefletscht und aus seinem Mundwinkel rann Blut. Sein ganzes Gesicht war mit Blut verschmiert und auch von seinen Händen tropfte es. Er fauchte und knurrte und sein Atem stank nach Fäulnis und Asche. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht und seine Zähne waren doppelt so lang wie meine. Ein Urvampir. Nick trat zwischen uns durch und schob uns hinter sich. Er zog ein Schwert aus seinem Gürtel. Ich hatte es gar nicht bemerkt in der ganzen Hektik. Er ging leicht in die Hocke und hielt das Schwert vor den Körper.

„Willst du spielen du Biest?" knurrte er und funkelte den Urvampir böse an. Nick knurrte und auch der Urvampir gab einen bestialischen Laut von sich. Wie versteinert standen wir hinter Nick.

„Lauft!" schrie er, bevor er sich auf den Urvampir stürzte. Becky und ich kreischten entsetzt auf. David packte uns an den Händen und wir sprinteten den Gang entlang. Hinter uns hörte ich das Brüllen und Fauchen. Ich wollte mir die Ohren zu halten. Wir hetzten den Gang entlang, der mir endlos vorkam. David nahm Becky schließlich Huckepack und wir wechselten in den Vampirmodus. Wir stürmten durch die Dunkelheit. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken und ich verabschiedete mich schon mental von meinem Leben. Unser letztes Stündlein hatte geschlagen und dieser Gang wollte einfach kein Ende nehmen.

Mir stieg wieder der Geruch von Feuer und Asche in die Nase und wir blieben abrupt stehen. Unsere Handylampen waren auf zwei Wesen gerichtet. Sie standen da reglos in der Dunkelheit. Diesmal war es eine Frau und ein Mann. Ihre schwarzen Haare fielen wie ein Wasserfall neben ihrem Gesicht herunter und ihre schwarzen Augen schienen zu glühen. Sie erinnerte mich stark an das Mädchen von ‚Rings'. Der Mann hatte ebenfalls Fangzähne und knurrte. Sein ganzer Körper war angespannt. Die Frau streckte einen Arm aus und legte ihren Kopf schief. Wie von der Tarantel gestochen sprang Becky vor uns und streckte ihre Arme aus. Sie krümmte ihre Finger und murmelte etwas. Ich konnte mich nicht rühren. Wusste nicht, was ich machen sollte. Wir waren geliefert. Wir konnten sie nicht töten, ohne einer Waffe.

„Ich kann den Schutzzauber nicht mehr lange halten" keuchte Becky „Sie ist viel zu stark"

Sie zitterte am ganzen Körper. Ich schluckte und auch David neben mir war angespannt. Dann wie aus dem nichts sprinteten beide Urwesen auf uns zu und Becky sackte auf den Boden. Jetzt hieß es alles oder Nichts. David und ich sprangen vor Becky. Wie wilde Tiere knurrten wir und gingen leicht in die Hocke. Wir würden sterben, aber nicht kampflos. Die Urwesen stürmten auf uns zu und ich kniff die Augen zusammen. Dann machte ich einen Satz nach vorne und erinnerte mich an die unzähligen Trainingseinheiten. Dem ersten Schlag konnte ich ausweichen, aber der zweite traf mich direkt gegen die Brust und ich wurde gegen die Wand geschleudert. Aber ich rappelte mich sofort wieder auf und fletschte die Zähne. Dann stürmte ich wieder auf meinen Gegner zu und musste grinsen, als ich sah, dass er seine Beine breit hatte. Ich druckte mich unter seinem Arm hinweg und rutschte zwischen seinen Beinen hindurch und nutzte die Wand als Sprungbrett. Ich packte ihn an der Schulter und schleuderte ihn über meinen Kopf auf den Boden. Er landete auf dem Rücken im Dreck und ich war sofort über ihm. Das Tier in mir kam durch und ich verwandelte mich in ein Monster. Ein gefährliches Blutsaugendes Monster. Ein Raubtier. Ich dachte an meine Freunde, meinen Bruder. Elijah. Ich würde mein Leben nicht Kampflos aufgeben. Als ich auf ihn heruntersah, trafen meine Augen auf seine pechschwarzen. Er fauchte und knurrte. Ich griff nach unten und packte ihn am Hals und hob ihn problemlos hoch und knallte ihn gegen die Wand. Mein ganzes Leben lief an mir vorbei. Ich verkrampfte meine Finger um seinen Hals. Ich hatte alles um mich herum ausgeblendet. Wir starrten uns nur an. Jäger und Gejagter. Er tat nichts um sich zu wehren. Der Geruch der von ihm ausging jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Dann plötzlich wand er seinen Körper und er war stark. Unglaublich stark. Er drückte meinen Arm weg und schubste mich zurück an die gegenüberliegende Wand. Der packte meinen Arm und zog daran. Ich schrie auf vor Schmerz und ein Knacken kam aus meiner Schulter. Ich konnte ihn nicht bewegen. Er stand vor mir und ohne groß zu überlegen fasste ich ihm ins Gesicht und bohrte meinen Daumen in seine Augen. Fauchend und Knurrend versuchte er meine Hand wegzuschieben. Aber  sie war fest wie ein Schraubstock. Heute würde ich nicht sterben. Ich drückte zu und plötzlich stand sein Kopf in Flammen. Erschrocken taumelte ich zurück und auch er wich kreischend zurück. Das war meine Chance. Ich sprang auf ihn zu und kniff die Augen zu, als ich mit einem einzigen Schlag in seinen Brustkorb schlug. Das knacken von Knochen. Als ich meine Hand heraus zog hielt ich ein schwarzes, glitschiges Herz in der Hand. Der Urvampir sackte zusammen. Keuchend ließ ich es fallen und starrte auf meine Hand. Das würde ihn nicht umbringen, aber uns zumindest Zeit verschaffen. Dann wie aus dem Nichts war Nick plötzlich an meiner Seite und trieb das sein Schwert in den am Boden liegenden Körper, der erstarrte und dann zu Asche zerfiel. Wie gelähmt stand ich da im dunklen Gang und konnte mich nicht bewegen. Was war gerade passiert. Es ging alles so schnell. Nick sah mich geschockt und auch irgendwie besorgt an. Dann zog er mich in seine Arme und ich wimmerte auf vor Schmerz.

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