Kapitel 62

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Sia ft. Sean Paul - Cheap Thrills

Freitag, 6. Juni

"Wir holen Kleider für die Braut!", kreischt Saliha, die mich hin und her reißt. "Das wird aufregend!", kreische ich ebenfalls und hüpfe mit ihr auf und ab. Can sieht uns schmunzelnd an und nimmt sich die Schlüssel. "Hast du die Salbe ordentlich auf dem Bauch verteilt?", fragt er mich und streichelt meine Wange. Ich werde rot. Saliha macht verträumte Geräusche, die sich wie ein ertrinkender Otter anhören. "Ja", nuschele ich geniert und schaue zur Seite. Ranja steht grinsend im Hintergrund und kichert. Meryem konnte sich freinehmen, das hat mich echt gefreut. "Dann lasst uns mal los", sagt Can. Alle ziehen sich die Schuhe an, Can geht ins Bad. "Gib die Schlüssel Ranja oder Saliha. Sie sollen schon mal ins Auto." Ich nicke und übergebe Ranja die Schlüssel. "Kommst du?", fragt mich Saliha. "Ouh, ich warte auf Can", antworte ich und zeige auf die Badezimmertür. Alle drei grinsen pervers und laufen lachend die Treppen runter. Ich höre keine Wassergeräusche oder ähnliches. Can öffnet die Tür und setzt sich zu seinen Schuhen auf den Boden. Oh nein, er hat gewartet, bis alle weg sind, damit er sich die Schuhe anziehen kann, ohne sich schämen zu können. Allein das ruft mir die Tränen in die Augen. Ich setze mich zu ihm auf dem Boden und ziehe den rechten Schuh zuerst an, weil Can es auch tut. Er schaut leicht unwohl auf meine Füße und dreht sich dann um. Ouh.

"Hat... hat dich das irgendwie gestört?", frage ich vorsichtig und lege meine Hände auf seine breiten Schultern. Er schüttelt den Kopf und schnürt sich die Schnürsenkel zu. Wenn Can wieder in seine Selbstzweifel rutscht, dann werde ich total sensibel. Ich lege meine Arme um ihn und tue mein Gesicht in seine Halsbeuge. Ich spüre, wie sein Puls gegen meine Wange schlägt, genau wie ich seinen Herzschlag gegen meine Handfläche schlagen spüre. "Es ist nichts Schlimmes, Can", flüstere ich und küsse seinen Hals. Seufzend lässt er den Kopf hängen. Ich verfalle mit ihm in eine kurze Stille, die er unterbricht. Er küsst mich und läuft mit mir zum Auto, als er die Tür abgeschlossen hat. Im Auto haben die Mädels schon Musik angeschaltet und singen zu Cheap Thrills von Sia und Sean Paul mit. Von meinem Sitz hebe ich das Kissen auf und lege es auf meinen Oberkörper, ehe ich mich anschnalle. Can fährt aus der Parklücke, er wirkt nachdenklich. Ich nehme seine Hand und drücke sie. "Wie süß!", quietscht Saliha. Ich schaue schmunzelnd aus dem Fenster und verdränge die Hitze, die mir ins Gesicht schießt. "Deine und meine Mutter werden von Derya nach Duisburg gefahren. Ich lasse euch dort ab und fahre mit unseren Vätern dann zum nächstbesten Ikea, wo wir dann die Bestellungen bis nach Hamburg aufgeben. Ich hoffe, sie haben alles dort, was es auch in Altona gab." "Shana liebt Fifty Shades of Grey. Sie baut sich bestimmt ein Spielzimmer", scherzt Ranja. Meine Augen weiten sich und mir wird ganz warm. Can lacht leise und schaut kurz zu mir. "Ja, sie bettelt mich deswegen schon an", erzählt er Ranja und drückt neckend meine Hand.

Ranjas Handy ist angeschlossen, deswegen dröhnt Dancehall Musik durch die Boxen des Autos. Ich muss an den Tag in der Sporthalle denken, wo Aleyna getanzt hat und ich sie am liebsten erwürgen wollte. Hach, das waren noch Zeiten. "Shana, das ist das Lied von damals aus der Sporthalle, wo du es Aleyna gegeben hast!", ruft Saliha freudig. "Can, tanzt Shana für dich?", fragt Ranja schelmisch. "Ranja!", ermahne ich sie. Can grinst. Wenigstens ist er besser drauf. "Jeden Tag." Ich schlage gegen seinen kräftigen Oberarm. Die Mädchen kreischen auf dem Rücksitz und wuscheln mir durch meine Haare. "Tue ich nicht", murre ich verlegen. Ich bin bestimmt so rot wie eine Tomate. "Lüg nicht", summt Ranja kichernd. Ich schäme mich, mich in BH vor Can zu präsentieren. Wie soll ich da vor ihm tanzen? Okay, eins-, zweimal habe ich meine Hüften ein bisschen gegen ihn gerieben, aber das bleibt mein kleines, dreckiges Geheimnis. "Sicher, dass du Shana heiraten willst? Ihre Unverträglichkeiten können dir zum Verhängnis werden", sagt Saliha. "Saliha, schnauze!", fauche ich. Ich halte mich so gut wie möglich mit meinem aufgeblähten Darm zurück! "Es ist gar nicht mehr so stark, wie früher", murre ich. Can schaut schmunzelnd zu mir. "Unterstütz mich oder ich mache die Unverträglichkeiten zu Ramazans Parfüm 2.0!", fauche ich. Er lacht und schenkt mir einen Luftkuss. "Und du, Saliha! Sei du lieber ruhig oder ich stelle unangenehme Fragen zu einem Thema, wo du reichlich Erfahrung sammeln durftest", summe vielsagend. "Shana!", kreischt sie schrill. Wir fangen an zu lachen und albern weiter herum, bis wir in Duisburg ankommen. Can ruft seine Mutter an, woraufhin wir noch ungefähr zwanzig Minuten durch Marxloh fahren, bis wir sie endlich finden. Freudig steigen die Mädchen aus, was ich nachtun will, als Can mich zu sich zieht und mir einen Kuss gibt. Ich schnappe erschrocken nach Luft und sehe, dass unsere Mütter uns vielsagend und gespielt tadelnd ansehen. "Can!", murre ich errötet. Er grinst mich an und schnallt mich ab. Schnell steige ich aus dem Auto und laufe mit gesenktem Blick auf die Mütter zu.

AkzeptanzWhere stories live. Discover now