Kapitel 38

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Julia Michaels - Issues

Mittwoch, 5. Februar

Ich habe mir überlegt nach langer Zeit mal wieder in die Stadt zu gehen. An meiner Doktorarbeit feile ich erst nach der Hochzeit, denn ich muss sowieso noch warten, bis das Resultat steht. Ich mache mich fertig und will gerade aus der Tür gehen, wo ich mich erschrecke, als ich Can sehe. Wieso steht er dort, statt zu klingeln? "Hey, wie lange stehst du da schon?" Er zuckt mit seinen Schultern und übergibt mir eine Rose. Nach langem habe ich wieder eine Rose in der Hand und freue mich ungemein darüber. "Ich wusste nicht, wie lange zu schläfst." Er küsst meine Schläfe. Oh nein, wie süß. "Du hättest auch einfach klopfen können. Wie lange stehst du hier, Can?" Ich verschränke meine Arme vor meiner Brust und schaue ihn abwartend an. Er kratzt sich den Nacken. "Na ja, so um die zehn Minuten?" Ich verdrehe meine Augen und ziehe ihn in die Wohnung. "Bist bestimmt dehydriert." "Eigentlich muss ich aufs Klo." Die Tür des Bads halte ich hoffen und laufe in die Küche. "Wohin wolltest du?", fragt Can, als er aus dem Bad hinaustritt. "In die Stadt. Ich war lange nicht mehr dort." "Was genau brauchst du?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Vielleicht finde ich etwas Schönes. Eine neue Hose, unsere Lieblingshose dehnt sich aus." Seine Augen weiten sich. Er rennt auf mich zu und öffnet meine Jacke, woraufhin ich umgedreht werde. "Was zum?" "Also ich sehe nichts, was niemand außer ich sehen darf. Alles in Ordnung." Can dreht mich wieder zu sich und schließt meine Jacke. "Danke für die Arsch-Inspektion", gebe ich zynisch von mir. "Kein Problem. Sie wird stündlich durchgeführt und meistens unbekleidet." Augenverdrehend sehe ich ihn an und werde in seine Arme gezogen. "Wieso so kuschelbedürftig?", frage ich. "Teil der Therapie. Oxytocin wird freigegeben." Ich schmunzele und drücke zu. "Du hast mich von meinem eigentlichen Plan aufgehalten." "Den können wir ja immer noch ausführen, du Dramaqueen." Ich äffe Can nach und werde überraschenderweise nicht an der auserwählten Haarsträhne gezogen - wie sonst immer. Liegt es immer noch an der Gehirnerschütterung oder bildet Can sich ein, dass das schon als Körperverletzung gilt?

Wir steigen aus dem Auto und laufen durch die Stadt. Es wäre um einiges angenehmer, wenn es nicht so kalt wäre. Can nimmt meine Hand und tut sie in seine Jackentasche. Er wirkt ruhig. "Alles in Ordnung?", frage ich vorsichtig. Can wirkt wie geweckt und nickt mir zu. Also nein, es ist etwas nicht in Ordnung. "Sicher?", hake ich nach. Er seufzt. "Ich würde so gerne endlich die Ringe ranmachen. Wir sind uns versprochen worden", murrt er. "Ich glaube nicht, dass man bei uns dann schon die Ringe ranmacht." Er brummt. "Wegen dem Iman eigentlich", gibt er leise von sich. Ich blinzele überrascht. "Ähm... okay, ich kann ja meine Mutter anrufen. Aber dadurch nähert sich die Hochzeit auch nicht, Can." Er geht nicht auf den letzten Satz ein und läuft mit mir sofort in den H&M rein. Was ist los mit ihm? Sonst ist er immer direkt und ehrlich. Ich hole mein Handy hervor und rufe meine Mutter an.

"Shana, wie geht's?" Ich seufze.

"Ganz gut und selbst?"

"Auch. Was ist los?"

"Na ja, also Can hat gefragt, wann der Iman kommt. Das Versprechen wurde ja gehalten und er wirkt echt ungeduldig. Er will so schnell wie möglich heiraten, aber zeitlich passt es einfach nicht." Es wird still in der Leitung, was mich fragend schauen lässt.

"Hallo?"

"Ja, ich rede mit deinem Vater, dann rufe ich dich an." Sie hört sich etwas überrascht an.

"Okay, Ciao." Etwas verwirrt lege ich auf.

Ich laufe Can hinterher und sehe, dass er auf die Unterwäscheabteilung zuläuft. "Was zum?", flüstere ich. Ich laufe ebenfalls dort hin und drehe ihn um. "Kannst du mir mal sagen, was los ist?", frage ich etwas patzig. Sein Verhalten ist total komisch. "Ich gucke mir an, was du für Unterwäsche tragen könntest." Can will sich gerade einen BH nehmen, den ich ihm aus der Hand reiße. "Das ist immer noch meine Sache, Can." Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Darf ich etwa keine Wünsche haben oder wie?'', fragt er leise und mit Druck. "Was für Wünsche?" Can schaut sich um und nähert sich mir. "Wenn wir Sex haben." Was zum?! Meine Augen weiten sich. "Can, wir sind nicht einmal verlobt-," "Hat doch nichts damit zu tun. Wenn die Zeremonie mit dem Iman gehalten wurde, dürfen wir es tun." Mir wird gerade alles klar. Mein Blick wird stumpf und seiner wird fragend. "Bring mich nach Hause", gebe ich trocken von mir und laufe aus dem Laden. "Shana, was ist denn jetzt los?" Er will meine Hand greifen, die ich schnell wegziehe. Ich fühle mich gerade echt komisch. Im Auto reden wir nicht und auch auf den Weg nach oben wird kein Wort ausgetauscht. Ich schließe die Tür auf, schmeiße meine Schuhe in die Ecke, genau wie meine Jacke und laufe ins Wohnzimmer. "Ficken? Darauf kommt es dir an?" Er beißt sich auf die Zähne und schaut auf den Boden. "Can, ich habe meiner Mutter indirekt gesagt, dass du nicht länger mehr darauf warten kannst, mich zu entjungfern." Ich fahre mir durch mein Haar und werde rot. Deswegen war meine Mutter so verdutzt, wie peinlich!

AkzeptanzWhere stories live. Discover now