Kapitel 23

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Shawn Mendes - Treat You Better

Montag, 21. Oktober

Ich mag den Montag nur, weil er mit der Chirurgie beginnt. Nachdem ich Ramazan Bescheid gegeben habe und am Abend zurück war, meinte Ramazan, dass Can sich darum gekümmert hat. Er hat also auf Soufian eingeschlagen. Dass Soufian ihn nicht anzeigt kann nur heißen, dass er etwas mit Drogen zu tun hat und Can ihn dann an die Polizei verpfeifen wird oder er hat so starke Angst vor Can, dass Cans Schläge für ihn spricht. Na ja, solange ich in Ruhe gelassen werde, ist es mir recht. Seitdem habe ich das Gefühl, dass Can sich mir nähert. Also als ich Samstag und Sonntag im Labor war, war er gegenüber von mir und sonst war er immer hinter mir. Das heißt doch was. Wann es wohl aufhören wird, dass ich um 03:03 Uhr aufstehe? Und Cans Albträume? Kann er mich nicht einfach anrufen und mit mir reden, damit es ihm gut geht? Ich habe von Can und mir geträumt, wir haben geheiratet. Als ich aufgestanden bin, habe ich geweint, weil ich immer noch so belastet bin. Bevor mir wieder die Tränen hochsteigen, verdränge ich den Gedanken. Ich würde jetzt so gerne heiraten, so sehr. Seufzend setze ich mich im Hörsaal hin und summe leise Treat You Better von Shawn Mendes. Ich will meine Unterlagen aus meiner Tasche holen, als ich sehe, wie Aykan sich hinsetzt und mir ausdruckslos in die Augen schaut. Will er meinen Schlagring schmecken? "Was guckst du so?", blaffe ich, was ihn verdutzt gucken lässt. Lange hält unser Blickkontakt nicht an, da Jessica kommt und sich lächelnd niederlässt. "Scheinst wohl einen guten Start in den Morgen gehabt zu haben", murmele ich schmunzelnd. "Oh und was für einen." Anhand der Intonierung weiß ich, dass sie mit Morgensex beglückt wurde. Ich glaube, ich sollte mal mit ihr, Celine und Tom und Marcel etwas Essen gehen. Grinsend beugt sie sich zu mir rüber, was ich ihr nachtue. "Also falls du es irgendwann mal machen solltest, dann wirst du es am Morgen lieben", versichert sie mir. Ich glaube, ich bin dann auch vitaler und aufmerksamer, wegen der Durchblutung und dem Dopamin. Na ja, dafür brauche ich erst einmal Can wieder. Wenn man vom hübschen Teufel spricht: Can trottet gerade durch die Tür. Gott, er sieht grausig aus. Die Haare sind nicht wie immer nach hinten gestylt, sondern stehen etwas ab und sind zerzaust. Er wirkt müde, weil seine Augen gerötet sind. Kann es sein, dass er angetrunken ist?! Seit wann trinkt Can während den Vorlesungen? Das kann doch nicht sein gottverdammter Ernst sein. Frustriert fahre ich mir durch meine Haare und versuche nicht an den Fakt zu denken, dass Can betrunken ist.

Gerade verlasse ich mein letztes Seminar für heute und will vor der Arbeit im Labor etwas Essen gehen. Ich mag es nicht alleine essen zu gehen, aber ich habe Glück, dass ich Jessica habe, die die ganze Zeit redet und mich ablenkt. "Aber ich finde es echt cool, dass du mich nicht angeekelt angeguckt hast, als du realisiert hast, dass ich lesbisch bin." Ich verdrehe meine Augen. "In meinen Augen sind die Leute, die deswegen andere nicht akzeptieren oder wenigstens neutral tolerieren können, Idioten, weil sie meistens diejenigen sind, die wollen, dass alle sie und ihre Meinungen akzeptieren. Ja zur Akzeptanz, jedoch Nein zur Toleranz, weil deren konservative und dogmatische Ansicht immer richtig und gut ist", erzähle ich abwertend, was sie lachen lässt. "Deine direkte Art gefällt mir", meint sie. Wenigstens ist sie keins dieser dummen Weiber, die meinten, dass ich lächerlich sei, weil ich denen meine Meinung gesagt habe. Wir laufen in einen kleinen Imbiss und bestellen uns jeweils einen Pommdöner. "Hast du jemand neues im Blick?" Ich verneine es. "Wenn du willst, dann kann ich dich mit einigen verkuppeln. Es gibt da so einige Typen, die auf dich stehen." Ich werde rot und räuspere mich. Seit wann bin ich so begehrt? "Ähm, lieber nicht." Ich will nur von Can begehrt werden. "Sicher? Also die Typen schwärmen schon von dir", erzählt sie mir. Wenn Can das hören würde. "Was meinen die Typen denn?", frage ich aus Neugierde. "Na ja, dass du eine verdammt heiße Medizinstudentin bist. Das stimmt auch und dass du einen bombastischen Körper hast, was ebenfalls stimmt." Sie zwinkert, was mich schmunzeln lässt. Unsere Pommdöner werden beide mit Zaziki und Cocktail serviert, woraufhin wir anfangen zu essen. Ich wusste zwar, dass es einige gab oder immer noch gibt, die mich mit Blicken informieren, was sie von mir halten - Cans Cousin damals in Paris -, aber es von anderen so zu hören, ist dann noch einmal etwas Neues für mich. Wo Can wohl ist? Er ist direkt auf den Parkplatz zugegangen. Ich hoffe, er macht nichts Schlimmes. Gott, ich will jetzt bei ihm sein. Als wir noch etwas geredet und zu Ende gegessen haben, laufen wir zurück zur Uni. Wir sind fast vor dem Eingang der Uni, da werde ich schon angerufen. Es ist Ramazan.

AkzeptanzWhere stories live. Discover now