Kapitel 1

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Conor Maynard - Closer

Fassungslos schließe ich die Tür. Das war es also. Nein, das darf nicht sein. Ich fühle mich taub und dabei spüre ich so viele Schmerzen in mir. Ich spüre sie in meinem Kopf, in meinem Bauch und vor allem spüre ich die stärksten Schmerzen in meiner Brust. Er glaubt mir nicht. Er denkt, ich hätte ihn betrogen, obwohl ich Aykan nur erklären wollte, dass er mich nicht lieben kann. Wieso muss er so ignorant sein? Wieso ist seine Ignoranz stärker, als seine Liebe zu mir? Ich wollte den Kuss doch gar nicht und jetzt ist mein Leben zerstört. Ich könnte am liebsten alles herauswürgen. Weinend drehe ich mich noch einmal zu der hellen Tür, durch die ich sooft gegangen bin und klopfe zitternd und schwach. "Can", wimmere ich. "Can, bitte", versuche ich es und schluchzte immer stärker. Er wird mir die Tür nicht aufmachen, was mir im Herzen wehtut. Es brennt. Schluchzend und zitternd, schleife ich mich zum Aufzug, der sich öffnet. Ich halte mir die Hand an den Mund, um mein Schluchzen und Wimmern undeutlicher zu machen. Ramazan steigt aus dem Aufzug und schaut mich erschrocken an. "Shana?" Ich kriege kein Wort raus, nur Tränen und Schluchzen. "Rama... Ramazan", schluchzte ich und lasse mich in seine Arme fallen. Ich zittere, meine Beine geben nach. Can hat mich verlassen. "Shana, was ist passiert?" Es ist aus mit Can. Er steigt mit mir wieder in den Aufzug und streichelt mir beruhigend durch mein Haar. "Ramazan", flüstere ich und wische mir die Tränen weg, doch es kommen sofort wieder neue. Wieso kann mir Can nicht glauben? Wieso musste Aykan mich küssen? Wieso musste es dazu kommen? Leblos lasse ich mich ins Auto fallen. Meine Tränen versperren mir den Weg. Ich halte mir die Hände vor mein Gesicht und weine wieder und das stärker. Ich bekomme immer weniger Luft. Ich will das alles nicht. Das ist alles nur ein schlechter Traum. Ein lautes Wimmern entkommt mir, gefolgt von einem Schluchzer. Wieso glaubt er mir nicht? Wieso musste das uns passieren? Wieso wollte das Schicksal es so? Verzweifelt sehe ich zu Ramazan, der das Auto ausschaltet und mir aus dem Auto hilft. Mir ist schwindelig. Ein weiteres Mal verfluche ich das gottverdammte Arschloch, der zu inkompetent war, einen Aufzug in das Komplex einzubauen. Zitternd steige ich die Stufen hoch und muss mich das eine oder andere Mal an Ramazan festhalten. "Ramazan", flüstere ich weinend und klopfe an die Tür. Saliha öffnet erschrocken die Tür. "Was ist passiert?" Weinend laufe ich in mein Zimmer, gefolgt von Ramazan. "Shana, was ist passiert?", fragt er mich. Wenn ich wieder daran denke, kriege ich keine Luft. Er hat mir nicht geglaubt. "Es ist vorbei", flüstere ich und könnte zusammenbrechen. "Wie?", haucht er fassungslos. Ich sehe, wie Saliha langsam eintritt und mich ängstlich ansieht. Meine Unterlippe bebt und der Druck, der sich auf meinen Hinterkopf legt, ist unerträglich. "Can hat Schluss gemacht." Ich schluchze. In mir kommt alles hoch, mir wird schwindelig. Saliha will auf mich zukommen, doch ich will gerade nur Ramazan sehen. "Soll ich raus?", fragt sie vorsichtig. Ich weiß, dass sie mich nicht weinen sehen kann und nicke deswegen, woraufhin Saliha die Tür schließt. Ich atme hektischer, mein Herz schlägt schneller, und ich werde Cans emotionslosen Blick nicht los. Sein Blick war der Inbegriff der Alexithymie.

"Can", weine ich und lasse mich auf die Knie fallen, wo es anfängt zu schmerzen, aber nicht so stark, wie in meinem Herzen. Ramazan kommt sofort zu mir und fährt mir über den Rücken. "CAN!", schreie ich und raufe mir meine Haare. "WIESO, CAN?", schreie ich lauter und atme immer schneller. Meine Brust fühlt sich so eingeengt an, dass ich das Gefühl habe, meine Lungen und mein Herz werden zerquetscht. "ES WAR DOCH NUR EIN MISSVERSTÄNDNIS, CAN!" Ich weine lauter und kann nicht aufhören zu schreien. "Du hast gesagt, dass du mich niemals verlässt, Can!", weine ich. Meine Kopfhaut tut langsam vom Haare Ziehen weh, doch dieser Schmerz ist nicht vergleichbar mit dem, der in mir herumtobt. Als ob mir jemand ein so starkes Gift ins Herz verabreicht hat, dass es alles gerade wegätzt. "CAN, KOMM ZURÜCK!" Ramazan drückt mich an seine Brust. Sein Herz schlägt ebenfalls schneller. "BITTE, CAN!", weine ich seinen Namen und atme stockend. Ich kann die Tränen gar nicht mehr zurückhalten und kann nicht mehr aufhören zu schluchzten. Mein Mangel an Luft wird immer stärker. "WIESO MUSS UNS DAS PASSIEREN?!" Ich lasse einen weiteren Schrei raus und ziehe wieder an meinen Haaren, als mir Ramazan die Arme herunternimmt. Meine Brust tut weh, es fühlt sich so an, als ob ich einen Herzinfarkt erleide. "RAMAZAN, ES BRENNT!" Ich drücke mein Gesicht gegen seine Brust und fange schreiend und voller Hysterie an zu weinen. "ES SOLL AUFHÖREN ZU BRENNEN, RAMAZAN! ICH STERBE!" Ein Tod würde sich sogar angenehmer anfühlen, als das, was ich gerade verspüre. Kein Messerstich, kein Knochenbruch, keine Pistole würde so starke Schmerzen verursachen, wie dieser Verlust. Mir wäre jeder andere Schmerz lieber, nur nicht dieser hier. "Shana, alles wird gut." Ich schluchzte und wimmere vor mich hin. Ramazans Oberteil wird immer mehr mit Tränen bedeckt. "Es war doch nur ein kleiner, dummer Fehler. Nur ein dummer Fehler!" Ich stehe schwankend auf und will alles von meinem Schreibtisch schmeißen, als Ramazan mich aufhält. Ich wäre sowieso zu schwach, um die Bücher runterzuschmeißen. "Ramazan, es tut so weh", gebe ich weinend von mir. Ich schreie wieder und schlage um mich. Ich kriege gar keine Luft mehr und schnappe hysterisch nach Luft. "Shana, du musst dich beruhigen!" Ramazan dreht mich zu sich und schaut mich besorgt an. Ich kann nicht reden, weil ich versuche, an Sauerstoff zu gelangen. Meine Brust tut immer mehr weh, genau da, wo mein Herz ist. "Shana, tief einatmen." Ich versuche es, doch es geht einfach nicht. Can hat mein Herz, er hat meine Seele, er hat die Kontrolle über mich. Mein Herz tut so stark weh, es verkrampft sich. "Ramazan, mein Herz!", keuche ich und halte es mir. Ängstlich schaut Ramazan mich an. "GOTT, BITTE LASS ES NUR EIN TRAUM SEIN!", schreie ich wieder und fange an zu husten. Durch das Schreien bekomme ich noch weniger Luft. Es sind zu viele Stresshormone in meinem Blut, mein Herz wird überanstrengt. Ich erleide die Symptome eines Herzinfarktes, doch es ist keiner. Mir wird kurz schwarz vor Augen und ich werde hysterischer. Ich will doch nur meinen Can zurück. Mir kommen all die schönen Erinnerungen in den Sinn. Mir wird warm und kalt zu gleich, ich beginne zu schwitzen und zu zittern und habe das Gefühl, dass ich mich gleich übergeben werde. Meine Brust fühlt sich immer eingeengter an und die Schmerzen dort werden immer stärker und stärker. Ich muss sofort ins Krankenhaus. Das sind alles Symptome eines Herzinfarktes, doch ich weiß, dass es keiner ist. "Ramazan", flüstere ich schluchzend falle auf die Knie. "Shana, was hast du?" Ramazan schaut mich total ängstlich an, was ich nur halbwegs mitbekomme, da ich diese vernichtenden Schmerzen überwältigen muss. Ich lasse einen weiteren Schrei ab, da es so stark wehtut und kralle mir meine Hand in meine Brust, wo ich mein Herz schnell schlagen spüre. Es fühlt sich so an, als ob jemand mit einem Auto über meine Brust fahren würde. Gott, ich flehe dich an, bitte lass es nur ein Albtraum sein! "Shana?", höre ich Ramazan sagen. Seine Stimme hört sich so schwach in meinen Ohren an. Ich werde vielleicht ohnmächtig. Vollkommen kraftlos lasse ich mich ganz auf den Boden fallen. "Scheiße!" Ich sehe Ramazans Füße, die zur Tür laufen, sie öffnen und dann wieder auf mich zukommen. Ich sehe alles verschwommen, bekomme aber mit, wie Ramazan mich hochhebt. Ich bin mehr als nur froh, dass mir schwarz vor Augen wird und ich für einen Moment diese Schmerzen nicht ertragen muss.

Mir wäre jetzt der Tod lieber, als dieses Leiden.

AkzeptanzWhere stories live. Discover now