Kapitel 53 - Verletzungen

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„Deine Lippe ist aufgeplatzt" meinte Cole mit sanfter Stimme, als er auf mich zuging, ich am Boden hockend. Erst jetzt sah ich, dass sich schon eine Menschentraube um uns gebildet hatte, Lehrer waren jedoch nicht in Sicht. „Alles gut." Murmelte ich und schenkte Cole ein Lächeln.

„Ich regle das, bleib bloß hier sitzen, er tut dir am Ende noch ernstha..." weiter kam er nicht, denn Kyle tauchte hinter ihm auf, riss ihn hoch und drückte ihn gegen die Spinde neben mir.

„Du kleine Missgeburt glaubst, du kannst mir das Mädchen nehmen?! Sie ist und war immer meins, egal wie viele Fehler ich gemacht habe!" schrie Kyle ihn an und hielt ihm die Kehle erneut zu.

„Nein!" protestierte ich dazwischen, wurde jedoch nicht beachtet. Was Kyle da sagte, brachte Cole ans Limit und so nahm er im nächsten Moment all seine Wut zusammen und schlug innerhalb von Sekunden dreimal auf Kyles Kiefer ein, bis dieser ein wenig taumelte.

Diese Chance nutzte Cole um Kyle umzudrehen und gegen die Spindwand zu drücken. Er hob seinen Kopf hoch und schlug ihn zweimal fest dagegen, als ihn ein Lehrer von hinten packte und wegzog.

Kyle taumelte ein wenig, war jedoch bei Bewusstsein. „Du..." er stürzte wieder auf Cole zu, der nun von dem Lehrer festgehalten wurde. Ich sprang hoch, stellte mich zwischen die beiden und sah Kyle in die Augen. „Nein! Wenn du jemanden schlagen willst, dann mich! Geht schon, schlag zu!" schrie ich und meine Wut traf ihn wie ein Truck.

„Nein Hailee, hör auf, geh weg!" rief Cole hinter mir, immer noch vom Lehrer gehalten werdend. Kyle atmete keuchend ein und aus, sah mir in die Augen und wurde auf einen Schlag ruhig. Er brachte seine Hand zu meiner Stirn und der kleinen Wunde, die Chris mir gestern beschert hatte.

„Du... du hast eine Wunde." Murmelte er resigniert und strich mit seinem Zeigefinger darüber. „Fass mich verdammt nochmal nicht an!" schrie ich zurück und seine Hand schnellte von meinem Gesicht weg.

„Auseinander! Sofort!" schrie da unser Biologielehrer und packte Kyle an den Schultern. Er wurde meterweit von mir weggezogen, ich drehte mich zu Cole um. Mein Gesichtsausdruck sagte anscheinend alles, denn als der Lehrer Cole kurz darauf losließ, schnappte er mich und zog mich in eine Umarmung. Er hielt mich so fest wie niemals zuvor.

„Alles ist gut." Flüsterte er und drückte mich noch enger an sich. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich zitterte und versteckte meinen Kopf in Coles mittlerweile blutüberströmten Shirt. „Du brauchst dich gar nicht bei ihm ausheulen, ich werde..." begann Kyle zu schreien, doch Cole unterbrach ihn. „Halt deine verdammte Fresse oder ich polier sie dir bis du nicht mehr sprechen kannst!"

Das war mal eine Drohung, so wütend hatte ich Cole noch nie in diesen sieben Monaten gesehen. Kyle wurde von einem Lehrer nach draußen begleitet, während Cole mich immer noch festhielt und ich meine Arme um seine Taille geschlungen und meinen Kopf in seinem Shirt vergraben hatte, sodass die vielen Menschen um uns herum mich nicht sehen konnten.

„Mr. O'Neill, kommen Sie mit." Befahl unser Biologielehrer, als eine andere Lehrerin alle Schüler in ihre Klassen scheuchte.

Cole und ich folgten dem Lehrer zum Hinterausgang, ich krallte mich so fest es ging an Coles Arm fest und stand so dicht neben ihm, dass ich seine Wärme spürte. „Es ist von Kyle ausgegangen, er ist auf Cole losgegangen und hat ihn geschlagen." Log ich, es war von Cole ausgegangen, aber Kyle hatte es mehr als verdient.

„Was ist überhaupt passiert?" fragte der Lehrer ruhig und während Cole erzählte, dass Kyle mich beschimpft hatte und dann auf Cole losgegangen war, stand ich nur still daneben.

Coles Nase blutete, seine Lippe war komplett aufgeplatzt, er hatte eine Platzwunde auf der Stirn und seine Fingerknöchel waren blutig. Dazu atmete er schwer, da Kyle ihm so lange die Kehle zugehalten hatte und er konnte sich beinahe nicht auf den Beinen halten.

„Falls der andere Junge nichts dagegen hat, wird keine Polizei eingeschaltet. Trotzdem müssen Sie unbedingt ins Krankenhaus!" sagte der Lehrer und wählte den Notruf. Cole sah auf mich herunter und sein Blick war irgendwie nur müde. Aber das war ich auch, müde von den ständigen Ereignissen die besonders in letzter Zeit passierten.

„Das tut weh." Flüsterte er und deutete mit dem Kopf auf seinen Arm, in dem ich meine Fingernägel vergraben hatte. Sofort murmelte ich eine Entschuldigung und lies den Arm los. Er legte ihn um mich und stützte sich so, ich konnte sehen, dass ihm schwindelig war.

„Sie sind gleich da." Gab uns der Lehrer Bescheid, bevor er uns beide alleine ließ. Cole setzte sich an die Schulwand gelehnt hin und ich hockte mich vor ihn. Ich holte ein Taschentuch aus meiner Jackentasche und hielt es ihm unter die Nase, denn sie blutete viel zu sehr.

„Wag es ja nicht, dir die Schuld dafür zu geben." Murmelte Cole und sah mich ernst an. „Das hätte nicht passieren dürfen..." antwortete ich und stürzte mein Gesicht in meine Hände. „Der Drecksack hat endlich bekommen, was er verdient hat, ich hoffe er verreckt." Cole lächelte ein wenig.

„Kyle ist mir egal, aber du... ich hasse es, dass du wegen mir verletzt worden bist." Murmelte ich und legte meine Hände auf seine Knie. „Hey... mir geht's gut. Außerdem hast du keine Schuld daran, ich bin auf ihn losgegangen." Er lächelte wieder und nahm meine Hände in seine.

„Leute, was ist passiert?" vernahm ich Nicks Stimme, er lief zu uns. „Verschwinde!" rief Cole sofort und wurde erneut wütend. Als Nick ihn voller Sorge ansah, versuchte er, aufzustehen. Um Nick auch noch zu verprügeln schätzte ich, also drückte ich ihn an seinen Schultern wieder hinunter.

„Ich hab gesagt, ich will dich nie wiedersehen!" schrie Cole seinen ehemals besten Freund an und dieser verschwand sofort wieder im Schulhaus, ohne eine Emotion.

Kurz darauf kam auch schon die Rettung, die Sanitäter nahmen Coles Daten auf und er erzählte ihnen, was passiert war und dass ihm der Kopf und die Nase wehtaten und ihm schwindelig war.

Als wir mit den Sanitätern zum Rettungsauto gingen, das vor der Schule parkte, sah ich Kyle im zweiten Rettungsauto sitzen. Er hatte eine Atemmaske auf und sein ganzes Gesicht blutete. Ich hoffte inständig, dass nichts passiert war. Nicht, weil ich mir Sorgen um ihn machte, von mir aus hätte er ruhig schwer verletzt sein können. Nein, sondern weil Cole dafür haften müsste.

„Sind Sie eine Verwandte?" fragte die Sanitäterin mich, als sie Cole auf einer Trage ins Auto schoben. Ich nickte. „Ich bin seine Schwester." Die Sanitäterin zeigte mir, dass ich mich neben Cole auf einen Sessel setzen sollte, dann schlug sie die Tür zu und stieg in den vorderen Teil des Autos ein.

„Ich hoffe, er ist ernsthaft verletzt." Meinte Cole mürrisch. Ich lächelte ein bisschen, dann nahm er meine Hand. „Bist du okay?" flüsterte ich und sah ihm in die Augen, sodass er nicht lügen konnte.

"Ich hab schon schlimmeres erlebt." grinste er und ich verdrehte die Augen. "Mach dir keine Sorgen." flüsterte er und küsste meine Hand, die Dank seiner blutigen Lippe nun auch blutig war, doch das war mir sowas von egal.

Call me BabeWhere stories live. Discover now