Kapitel 61 - Lauf der Zeit

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Evelyn

„Also, wann fliegen wir zurück? Irgendwelche Wünsche? Vorstellungen?" Er bewegte seinen Kopf hin und her, ehe sein Blick nach draußen ging. „Was hältst du von Morgen früh? Dann können wir den heutigen Tag noch in vollen Zügen genießen und haben keinen Stress beim Packen." Ich nickte ihm zu. „Klingt nach einem Plan."

Ich öffnete das Internet und suchte einen passenden Flug heraus, während Axton anfing meine Schultern zu massieren. „Dann können wir uns noch den Sonnenuntergang ansehen. Zuhause haben wir nämlich leider keinen Strand oder sogar das Meer vor der Tür. Ich weiß, dass du das vermissen wirst." Ich grinste ihn breit an. „Und dazu Pizza! Das ist in Italien ein Muss."

Er gab mir einen weiteren Kuss auf den Kopf. „Und als Dessert ein Eis, wenn du willst." Hach, schön. Endlich mal ein männliches Wesen, was mitdenkt. „Du fängst an zu verstehen, was Frauen wollen. Ich habe dich gut erzogen!" Ein kehliges Lachen ertönte hinter mir, während der Griff um meine Schultern kurz fester wurde. „Na klar. Du hast mich so erzogen. Wie lange kennen wir uns jetzt?"

Ich überlegte kurz. „Vier Jahre?" Er sah nachdenklich aus. „Wie alt bist du nochmal?" Ich schlug ihm auf die Brust, was einen erneuten Lacher auslöste. „Meinst du nicht, dass ich davor schon gut erzogen war?" Ich schüttelte den Kopf. „Definitiv nicht." Axton pickte mir in die Hüfte und sah mich gespielt böse an.

„Wann war ich denn mal kein Gentleman? Soweit ich mich erinnern kann, habe ich immer Manieren gezeigt." Ich klickte auf buchen, ehe ich mich zu ihm umdrehte und vorwurfsvoll eine Augenbraue nach oben zog. „Immer? Findest du nicht, dass ist ein ziemlich starkes Wort? Ich meine, ich will ja nicht an unsere Anfänge erinnern aber .."

Er rollte mit den Augen. Mein Mann rollte doch tatsächlich mit den Augen! Das glaube ich jetzt nicht. „Das war eine Ausnahme. Ein Fehltritt, du weißt schon. Jeder macht Fehler." Ich stand von dem Stuhl auf und drehte mich zu ihm um. „Ja, jeder macht Fehler. Aber die meisten entschuldigen sich auch dafür."

Ich zuckte mit den Schultern und lief an ihm vorbei, in Richtung Flur, um mir meine Schuhe anzuziehen.
„Erwartest du, dass ich mich bei dir entschuldige? Nach all den Jahren?" Wieder zuckte ich mit den Schultern. „Tu was du für richtig hältst." Er trat auf mich zu und packte mich an den Schultern, ehe er mich zu sich umdrehte.

„Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich meine Gefährtin für mich beansprucht habe und sie zu mir geholt habe." Er sah mir ernst in die Augen, was ich mit einem genauso strengen Blick erwiderte. „Dann tu es nicht." Er schüttelte perplex den Kopf, nicht verstehend, ob das, was ich sagte, ernst gemeint war.

„Weißt du Eve, ich verstehe dich nicht. Eigentlich verstehe ich euch Frauen nicht. Vielleicht werde ich das auch nie. Ihr seid viel zu kompliziert als das man euch verstehen könnte. Aber eine Sache, die verstehe ich. Mehr als das sogar." Er zog mich noch enger an sich und sah mir tief in die Augen.

„Ich weiß, dass ich dich liebe. Mit all dem, was ich zu bieten habe und was ich bin. Und ich weiß auch, dass ich ohne dich nicht leben kann. Ich will es auch gar nicht mehr. Keinen einzigen Tag will ich mehr ohne dich verbringen. Ich will jeden Morgen mit dir gemeinsam aufwachen und am Abend neben dir einschlafen. Ich will deine Stimme hören und dich stundenlang nur ansehen. Ich will die Unendlichkeit mit dir verbringen und noch darüber hinaus. Ich will .."

Ich konnte ihn nicht weiter reden lassen. Ich blickte also zu ihm auf, während er mir eine Haarsträhne hinter das Ohr strich.

„Dann tu es nicht. Verbringe jeden Tag mit mir als wäre es dein letzter. Liebe mich als würden wir uns nie wieder sehen. Lass dich von mir vollquatschen und unterbrich mich nicht, wenn es dich glücklich macht. Schlafe jeden Abend neben mir ein und wache jeden kommenden Morgen wieder neben mir auf. Tu all die Dinge, welche du tun möchtest und lass mich dabei nie wieder allein."

Er strich mir eine Träne von der Wange, ehe er seine Lippen auf meine legte.

Nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, lehnte er seine Stirn an meine und sah mir einfach nur in die Augen. Das tat er öfter. Zumeist, wenn er sich verloren fühlte oder das Gefühl hatte, es würde gerade alles den Bach hinunter laufen. Und dennoch war es ein schönes Gefühl, wenn Blau auf Gelb-Braun trifft.

Die Kälte der Antarktis trifft auf die Wüste Gobis. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken und war gleichzeitig froh zu wissen, dass er immer da sein würde. Egal wann ich ihn brauchte. Er würde da sein und mich auffangen, wenn ich falle. Eine schöne Vorstellung. Doch trotz der herzzerreißenden Worte, hatte ich das Gefühl diese Stille füllen zu müssen. „Weißt du eigentlich worauf ich mich zuhause am meisten freue?"

Axton sah mich nachdenklich an, doch schüttelte kurz darauf den Kopf, während ich anfing breit zu grinsen. „Auf die Zwillinge!" Ein Augenrollen. Schon wieder. Das tat er in letzter Zeit immer öfter. „Weißt du, ich glaube ich habe einen schlechten Einfluss auf dich." Er blickte zu mir und beäugte mich kritisch. „Du rollst jetzt auch ständig mit den Augen. Das ist unhöflich!"

Er schmunzelte. „Vielleicht mache ich das ja, damit du siehst, wie sich das anfühlt." Jetzt rollte ich mit den Augen und atmete angestrengt aus. Das scheint wohl über die Jahre unser Ding geworden zu sein. Dennoch empfand ich es als unhöflich, wenn er das tat. Bei mir war das etwas ganz anderes.

Die Bürde einer Werwölfin zu tragenWhere stories live. Discover now