Kapitel 29 - Sich nahe sein

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Evelyn

Ich verstand zwar nicht warum aber aus irgendeinem Grund wurde ich ganz plötzlich und ohne Vorwarnung zur persönlichen Krankenpflegerin von Axton befördert. Ich meine, ich verstand ja, dass er der Alpha war und dementsprechend wieder fit werden musste. So schnell, wie möglich natürlich aber das fand ich nun doch ein wenig überzogen. Von übertrieben ganz zu schweigen.

Ich meine, ja er war tödlich verwundet und verletzt worden und ja, er ist nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen. Dennoch erklärt sich mir nicht, warum ich alles fallen und liegen lassen muss, nur weil er nach mir ruft. Komischerweise schien auch das keinen sonderlich zu stören. Weder Grace noch Arden, Noah oder der Doc. Alle hielten es für selbstverständlich. Alle, außer mir.

Vielleicht war das auch der Grund, warum ich wieder einmal mit schlechter Laune in Richtung Alphahaus lief. Denn seit Axton entlassen worden war, was vor genau drei Tagen stattgefunden hatte, arbeitete er von zuhause aus. Gut für ihn, weil er so immer zuhause war. Schlecht für mich, weil ich jedes Mal zehn Minuten dahinlaufen musste.

Nachdem ich also die Tür geöffnet hatte, rief ich durch das ganze Haus und machte meinem Ärger Luft. „Ich schwöre dir Blackwood, wenn es nichts wichtiges ist, mache ich aus dir Hackfleisch und verfüttere es an dein Rudel! Mir geht es gewaltig gegen den Strich, dass du mich rufen kannst, wie dir gerade danach ist und ich jedes Mal springen muss!"

Ich stürmte in sein Büro und riss die Tür auf, während meine Augen bereits den Raum absuchten. Zu meinem Unmut fand ich ihn bequem hinter seinem Schreibtisch sitzend, die Beine auf dem Tisch abgelegt und ein Handy am Ohr. Er zeigte mit seinem Zeigefinger auf seinen Mund und deutete mir an leise zu sein.

Ich nahm diese Geste jedoch mit einem empörten Schnaufen entgegen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja .. Nein .. ja sie ist hier. Ja, werde ich. Ich gebe sie dir jetzt." Er nahm die Beine von dem Tisch und hielt mir das Telefon hin. „Wer ist das?" Fragte ich desinteressiert und sah ihn immer noch mit einem vernichtenden Blick an. „Geh ran und du wirst es erfahren."

Ich knurrte leicht und riss ihm das Telefon aus den Händen. „Ich warne dich! Ich bin nicht in der Stimmung für deine blöden Spielchen." Doch leider streiften sich dabei unsere Finger, weswegen ich wieder diese Funken spüren konnte, welche meine Nackenhaare zum stehen brachten. „Wer ist da?" Fragte ich daher grimmig und hielt mir das Handy an mein Ohr.

„Nicht gleich so überschwänglich. Ich wusste ja, dass du mich vermisst hast, aber dass deine Freude gleich so groß ist, hätte ich mir nicht zu träumen gewagt." Ich rollte die Augen bei der Stimme meines besten Freundes, doch konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.

„Vermisst ja, im Gegensatz zu dir! Immerhin war ich diejenige, die dich mehrfach kontaktiert hat und nie eine Antwort zurückbekommen hat." Ich bewegte mich ein wenig in Richtung Wand, um wenigstens ein bisschen mehr Privatsphäre zu haben.

„Hey, gib nicht mir die Schuld. Ich hatte meine Anweisungen. Außerdem hat man verdammt viel zu tun, wenn man in weniger als einem Monat zum neuen Alpha des Lockwood Rudels befördert wird." Ich riss die Augen auf und quiekte freudig auf. „Was wirklich? Ist es schon so weit?" Am anderen Ende der Leitung ertönte ein kehliges Lachen.

„Und ob. Es ist bald Februar. Ich werde zwanzig und trete damit den Posten des Alpha an. Deswegen rufe ich auch an. Ich wollte dich ja eigentlich persönlich zu der Zeremonie einladen aber dann habe ich von dem Angriff auf euer Rudel gehört." Ich nickte beschwichtigend. „Es ist zwar nicht mein Rudel aber ja. Eine nervenaufreibende Nacht war das." Ich konnte ihn seufzen hören.

„Aber dir ist nichts passiert, oder? Dir geht es gut. Es ist noch alles dran?" Ich musste lachen bei seinen Worten. „Ja, alles noch an seinem alten Platz. Und ja, mir geht es gut. Aber zu deiner Einladung: Natürlich komme ich, was für eine Frage." Ich wartete gerade seine Antwort ab als ein Räuspern von Axton zu hören war, welchen ich bis dahin komplett ausgeblendet hatte.

Die Bürde einer Werwölfin zu tragenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt